Humorkritik | Oktober 2012

Oktober 2012

Aus der Frühzeit von Witz und Anekdote

Der ständige Leser weiß es: Hin und wieder entdecke ich auf den verrunzelten Seiten altkomischer Bücher noch einen Funken Leben. So auch in den fünf Bänden der 1626 von Julius Wilhelm Zincgref unter dem Titel »Der Teutschen Scharpfsinnige kluge Sprüch« begonnenen und 1683 von Johann Leonhard Weidner als »Teutscher Nation Apophthegmata« beendeten Sammlung kurzer, sinnreicher Aussprüche.

Was ich da vor mir hatte, waren Zeugnisse aus der Frühzeit von Witz und Anekdote. Beispielsweise eine Scherzfrage, wie sie ähnlich bis heute unter Kindern beliebt ist und die ich hier, wie alle folgenden Zitate, dem heutigen Deutsch annähern will: »Einer ward gefragt: Was für ein Tier dem Wolf am ähnlichsten wäre? Der antwortet: Die Wölfin.«

Doch zu kindlich? Dann habe ich hier etwas für die erwachsenen Akademiker: »Ein Bauer sollt’ einem Doktor, der irr geritten war, wieder auf den rechten Weg weisen. Da sagt er: Mich wundert, daß Ihr ein Doktor seid, und wißt den Weg nicht besser.« Steinalt sind die Bonmots, die in diesen fünf dicken Bänden gesammelt sind, doch manches ist zeitlos geblieben. So fand ich einen passenden Kommentar zur Finanzkrise: »Ein Dieb, der 60 Jahr lang mit Dieberei umgegangen, endlich ergriffen und vom Bürgermeister zu Wittenberg gefragt wurd’: Wie geht es?, antwortet: Wie wir’s treiben, so geht es auch.« Aber nicht nur die Diebe, auch die anderen sind die gleichen geblieben. »Als er [der Eschweger Pfarrer Schimmelpfennig] bei einer Hochzeit einen sah, der sehr köstlich gekleidet ging und sich wie ein Pfau selbst wohlgefiele, fragte er, wer der wäre? Und als er hörte, daß er nur ein Sattler wäre, sagte er: Ist der Kerl so stolz, daß er Sättel machen kann, was würde er dann erst tun, wenn er Gäule machen könnte?«

Gäule kann auch Ihr Hans Mentz nicht machen, aber Schluß: Einigermaßen stolz über meine Funde schließe ich hiermit die fünf dicken Schwarten und die Rubrik für diesen Monat.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ein Vorschlag, Clemens Tönnies …

Ein Vorschlag, Clemens Tönnies …

Während Ihrer Zeit im Aufsichtsrat bei Schalke 04 sollen Sie in der Halbzeitpause einmal wutentbrannt in die Kabine gestürmt sein und als Kommentar zur miserablen Mannschaftsleistung ein Trikot zerrissen haben. Dabei hätten Sie das Trikot viel eindrücklicher schänden können, als es bloß zu zerfetzen, Tönnies!

Sie hätten es, wie Sie es aus Ihrem Job kennen, pökeln, durch den verschmutzten Fleischwolf drehen und schließlich von unterbezahlten Hilfskräften in minderwertige Kunstdärme pressen lassen können.

Aber hinterher ist man immer schlauer, gell?

Dreht Sie gern durch den Satirewolf: Titanic

 Eher unglaubwürdig, »dpa«,

erschien uns zunächst Deine Meldung, Volker Wissing habe nach dem tödlichen Busunglück auf der A9 bei Leipzig »den Opfern und Hinterbliebenen sein Beileid ausgesprochen«. Andererseits: Wer könnte die Verstorbenen auf ihrem Weg ins Jenseits noch erreichen, wenn nicht der Bundesverkehrsminister?

Tippt aufs Flugtaxi: Titanic

 Könnte es sein, »ARD-Deutschlandtrend«,

dass Dein Umfrageergebnis »Mehrheit sieht den Frieden in Europa bedroht« damit zusammenhängt, dass seit über zwei Jahren ein Krieg in Europa stattfindet?

Nur so eine Vermutung von Titanic

 Ganz schön kontrovers, James Smith,

was Du als Mitglied der britischen Band Yard Act da im Interview mit laut.de vom Stapel gelassen hast. Das zu Werbezwecken geteilte Zitat »Ich feiere nicht jedes Cure-Album« hat uns jedenfalls so aufgewühlt, dass wir gar nicht erst weitergelesen haben.

Wir mögen uns nicht ausmalen, zu was für heftigen Aussagen Du Dich noch hast hinreißen lassen!

Findet, dass Provokation auch ihre Grenzen haben muss: Titanic

 Aha bzw. aua, Voltaren!

Das wussten wir gar nicht, was da in Deiner Anzeige steht: »Ein Lächeln ist oft eine Maske, die 1 von 3 Personen aufsetzt, um Schmerzen zu verbergen. Lass uns helfen. Voltaren.«

Mal von der Frage abgesehen, wie Du auf die 1 von 3 Personen kommst, ist es natürlich toll, dass Du offenbar eine Salbe entwickelt hast, die das Lächeln verschwinden lässt und den Schmerz zum Vorschein bringt!

Gratuliert salbungsvoll: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Finanz-Blues

Wenn ich bei meiner langjährigen Hausbank anrufe, meldet sich immer und ausnahmslos eine Raiffeisenstimme.

Theobald Fuchs

 Tödliche Pilzgerichte (1/1)

Gefühlte Champignons.

Lukas Haberland

 Back to Metal

Wer billig kauft, kauft dreimal: Gerade ist mir beim zweiten Sparschäler innerhalb von 14 Tagen die bewegliche Klinge aus ihrer Plastikaufhängung gebrochen. Wer Sparschäler aus Kunststoff kauft, spart also am falschen Ende, nämlich am oberen!

Mark-Stefan Tietze

 Mitgehört im Zug

»Prostitution ist das älteste Gewerbe der Welt!« – »Ja, aber das muss es ja nicht bleiben.«

Karl Franz

 100 % Maxx Dad Pow(d)er

Als leidenschaftlicher Kraftsportler wünsche ich mir, dass meine Asche eines Tages in einer dieser riesigen Proteinpulverdosen aufbewahrt wird. Auf dem Kaminsims stehend, soll sie an mich erinnern. Und meinen Nachkommen irgendwann einen köstlichen Shake bieten.

Leo Riegel

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg