Humorkritik | Dezember 2012
Dezember 2012
Roll up for the Mystery Tour
»Magical Mystery Tour« war nach »A Hard Day’s Night« und »Help« der dritte Film der Beatles. Er wurde am zweiten Weihnachtsfeiertag 1967 auf BBC1 uraufgeführt und löste ein mittleres Erdbeben aus. Die Kritiker zerrissen das 53minütige Werk beinahe einhellig, die Fans reagierten verstört, und der Film verschwand aus der Wahrnehmung. Nachdem die Beatles bis zu diesem Zeitpunkt schlechterdings nichts hatten falsch machen können, war dies der erste wirkliche Fehlschlag.
Dabei sind die Gründe für die einhellige Ablehnung durchaus verständlich: Der Farbfilm wurde beispielsweise in Schwarzweiß gesendet, außerdem hatten die Beatles nicht nur auf Plot und Drehbuch, sondern im Prinzip auch auf jede Art von professioneller Hilfe verzichtet. Ihre einzige Idee: Wir fahren mit ein paar irren Typen in einem gelben Bus durch die Gegend und schauen mal, was passiert.
Das hatten sie von Ken Kesey und den Merry Pranksters gelernt, nachzulesen bei Tom Wolfe: »The Electric Kool-Aid Acid Test«. John, Paul, George und Ringo fuhren also tatsächlich mit diesem Bus von London nach Cornwall, und wenn sie drehen wollten, stiegen sie einfach aus und improvisierten drauflos. Das führte zu einigem Leerlauf, aber auch zu wirklich überzeugend bizarren Einfällen. Ringo durfte, wie schon in den anderen Filmen, richtig schauspielern, und macht das auch sehr gut. Ansonsten wird viel herumgerannt und gefuchtelt, es gibt einige sehr komische Momente und einen Auftritt der Bonzo Dog Dooh-Dah Band, deren Sänger Neil Innes später als »7. Python« berühmt wurde.
Tatsächlich gibt es eine enge Verbindung zu den Monty Pythons, die eine Szene komplett für den »Sinn des Lebens« übernommen haben; die Pythons wollten MMT sogar als Vorfilm für ihren »Holy Grail« zeigen. So unterschiedliche Künstler wie Martin Scorsese, Steven Spielberg oder John Waters zählen die irre Busreise ebenfalls zu ihrer Inspirationsquelle. Zwar verstieß das reichlich drogenbefeuerte Werk gegen so gut wie alle Regeln des Filmemachens – dennoch macht »Magical Mystery Tour« bis heute auf beinahe unerklärliche Weise gute Laune. Nicht zuletzt dank sechs großartiger Songs. Und erfreulich kurz ist er auch.
Eine eben erschienene Luxusedition (EMI) enthält neben dem digital aufgefrischten Film u. a. auch einen Kommentar von Paul McCartney, in dem er jede Szene eins zu eins erklärt und dabei klingt und aussieht wie seine eigene Großtante. Muß man das haben? Unbedingt! »Magical Mystery Tour« sollte in keinem humorkritischen Haushalt fehlen.