Humorkritik | März 2008

März 2008

Late-Night-Streikbilanz

Als die Gewerkschaft der amerikanischen Film- und Fernsehautoren im Dezember in Streik trat, waren die zahlreichen Late-Night-Shows unmittelbar betroffen. Abhängiger von geschriebenem Material als andere Talkformate und aktueller als andere geschriebene Sendungen, mußten sie »off air« gehen. Als nach acht Wochen die Shows ohne ihre ­Autoren wieder produziert wurden, stellte auch die deutsche Presse die Frage, wie komisch die Herren ohne die Stütze durch Witze anderer wohl seien. Beantwortet hat sie meines Wissens jedoch keiner. Weshalb das mal wieder ich übernehmen muß.

 


Jay Leno, der wie die meisten anderen auch selbst Autor und Gewerkschaftsmitglied ist, schrieb Teile seines Monologs vorab. Das brachte ihm Ärger mit der Gewerkschaft ein. So mußte der Autor Leno weiter streiken, während der Moderator Leno arbeiten durfte und der Produzent Leno auf einen baldigen und günstigen Abschluß hoffte. Die durch die Absenz des geschriebenen Materials freigewordene Zeit wurde also mit Improvisationen und Spielchen gefüllt, die teilweise an das erinnerten, was Harald Schmidt gegen Ende seiner Sat.1-Zeit tat.

 


Conan O’Brien verlagerte sein Proben­ritual, das zeitgestoppte Drehen seines Eherings auf dem Schreibtisch, in die Sendung, ließ per Wettrennen zweier auf ferngesteuerten Autos befestigten Schildkröten den Ausgang des Superbowls voraussagen und stellte in Einspielfilmen Angestellte vom Produktionsassistenten bis zum Requisiteur vor.

 


Jon Stewart kehrte mit seiner »Daily Show« noch eine Woche später zurück und rechnete vor, daß, da die Sendung nach dem 11. September drei Wochen hatte aussetzen müssen, die Forderungen der Autoren demnach dreimal schlimmer seien als ein Terroranschlag.

 


Der gelungenste Lückenfüller war ein inszenierter Zwist zwischen O’Brien und Stephen Colbert um die Frage, wer von den beiden wohl für Mike Huckabees Erfolge bei dessen Präsidentschaftskandidatur verantwortlich sei: O’Brien, weil er Huckabee-Unterstützer Chuck Norris durch ein Segment seiner Show wieder populär gemacht habe, oder Colbert, weil er Huckabee mal die Zusage abgerungen hatte, er dürfe dessen »Running mate« werden. John Stewart mischte sich ein, und an einem Abend stritten sich die drei durch ihre Sendungen mit dem Höhepunkt einer slapstickhaften Schlägerei.

 

Insgesamt also eine ziemlich mittelmäßige Veranstaltung, die zwei Erkenntnisse zuläßt: Ohne fähige Autoren gibt es keine wirklich gute Late-Night, die amerikanischen Moderatoren kommen aber mit Ach und Krach auch so über die Runden. Das mag keine aufregend neue Erkenntnis sein; wer aber mal, so wie ich kürzlich, die Gelegenheit hatte, auf dem Bezahlsender Sat.1Comedy Niels Rufs Versuch einer Late-Night-Show (mit Autoren) zu sehen, weiß, wieviel das wert sein kann.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Warum, Internet?

Täglich ermöglichst Du Meldungen wie diese: »›Problematisch‹: Autofahrern droht Spritpreis-Hammer – ADAC beobachtet Teuer-Trend« (infranken.de).

Warum greifst Du da nicht ein? Du kennst doch jene Unsichtbar-Hand, die alles zum Kapitalismus-Besten regelt? Du weißt doch selbst davon zu berichten, dass Millionen Auto-Süchtige mit Dauer-Brummbrumm in ihren Monster-Karren Städte und Länder terrorisieren und zum Klima-Garaus beitragen? Und eine Lobby-Organisation für Immer-Mehr-Verbrauch Höher-Preise erst verursacht?

Wo genau ist eigentlich das Verständlich-Problem?

Rätselt Deine alte Skeptisch-Tante Titanic

 Prophetisch, »Antenne Thüringen«?

Oder wie sollen wir den Song verstehen, den Du direkt nach der von Dir live übertragenen Diskussion zwischen Mario Voigt und Björn Höcke eingespielt hast? Zwar hat der Thüringer CDU-Fraktionschef Höckes Angebot einer Zusammenarbeit nach der Wahl ausgeschlagen. Aber es wettet ja so manche/r darauf, dass die Union je nach Wahlergebnis doch noch machthungrig einknickt. Du jedenfalls lässt im Anschluss den Musiker Cyril mit seinem Remake des Siebziger-Lieds »Stumblin’ in« zu Wort kommen: »Our love is alive / I’ve fallen for you / Whatever you do / Cause, baby, you’ve shown me so many things that I never knew / Whatever it takes / Baby, I’ll do it for you / Whatever you need / Baby, you got it from me.« Wenn das nicht mal eine Hymne auf eine blau-schwarze Koalition ist!

Hätte sich dann doch eher »Highway to Hell« gewünscht: Titanic

 Hej, Gifflar!

Du bist das Zimtgebäck eines schwedischen Backwarenherstellers und möchtest mit einer Plakatkampagne den deutschen Markt aufrollen. Doch so sehr wir es begrüßen, wenn nicht mehr allein Köttbullar, Surströmming und Ikeas Hotdogs die schwedische Küche repräsentieren, so tief bedauern wir, dass Du mit Deinem Slogan alte Klischees reproduzierst: »Eine Schnecke voll Glück«? Willst Du denn für alle Ewigkeiten dem Stereotyp der schwedischen Langsamkeit hinterherkriechen? Als regierten dort immer noch Sozialdemokraten, Volvo und Schwedenpornos?

Damit wirst Du nie der Lieblingssnack der Metropolenjugend!

Sagen Dir Deine Zimt- und Zuckerschnecken von Titanic

 Grüß Gott, Businesspäpstin Diana zur Löwen!

Du verkaufst seit Neuestem einen »Anxiety Ring«, dessen »bewegliche Perlen« beim Stressabbau helfen sollen. Mal abgesehen davon, dass das einfach nur das hundertste Fummelspielzeug ist, kommen uns von ihren Nutzer/innen glorifizierte und zur Seelenerleichterung eingesetzte bewegliche Perlen an einer Kette verdächtig bekannt vor.

Ist für Dich natürlich super, denn auch wenn Du Deinen treuen Fans skrupellos das Geld aus der Tasche ziehst, in die Hölle kommst Du zumindest für diese Aktion sicher nicht.

Auch wenn dafür betet:

Deine Titanic

 Ah, »Galileo«!

Über die Arbeit von Türsteher/innen berichtest Du: »Viele Frauen arbeiten sogar als Türsteherinnen«. Wir setzen noch einen drauf und behaupten: In dieser Branche sogar alle!

Schmeißen diese Erkenntnis einfach mal raus:

Deine Pointen-Bouncer von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Gebt ihnen einen Lebenszyklus!

Künstliche Pflanzen täuschen mir immer gekonnter Natürlichkeit vor. Was ihnen da aber noch fehlt, ist die Fähigkeit zu verwelken. Mein Vorschlag: Plastikpflanzen in verschiedenen Welkstadien, damit man sich das Naserümpfen der Gäste erspart und weiterhin nur dafür belächelt wird, dass man alle seine Zöglinge sterben lässt.

Michael Höfler

 Vom Feeling her

Es hat keinen Sinn, vor seinen Gefühlen wegzulaufen. Man muss sich schon auch mal hinter einem Baum verstecken und warten, dass die das nicht merken und an einem vorbeiziehen, sonst bringt das ja alles nichts.

Loreen Bauer

 Empfehlung für die Generation Burnout

Als eine günstige Methode für Stressabbau kann der Erwerb einer Katzentoilette – auch ohne zugehöriges Tier – mit Streu und Siebschaufel den Betroffenen Abhilfe verschaffen: Durch tägliches Kämmen der Streu beginnt nach wenigen Tagen der entspannende Eintritt des Kat-Zengarteneffekts.

Paulaner

 In Würde altern

Früher hätte mich der riesige Pickel mitten auf meinem Hals stark gestört. Heute trage ich den wohl niedlichsten ausgeprägten Adamsapfel, den die Welt je gesehen hat, mit großem Stolz ein paar Tage vor mir her.

Ronnie Zumbühl

 Spielregeln

Am Ende einer Mensch-ärgere-dich-nicht-Partie fragt der demente Herr, ob er erst eine Sechs würfeln muss, wenn er zum Klo will.

Miriam Wurster

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
03.05.2024 Mettingen, Schultenhof Thomas Gsella
03.05.2024 Stuttgart, Im Wizemann Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
04.05.2024 Gütersloh, Die Weberei Thomas Gsella
04.05.2024 Jena, F-Haus Martin Sonneborn mit Sibylle Berg