Humorkritik | Januar 2007

Januar 2007

…nebst einer Farbanmerkung

Denn auch Farben sprechen Bände: Soll ein sagen wir mal realistischer Kinofilm über DDR-Apparatschicks gedreht werden, kann der Farbkasten ruhig geschlossen bleiben – ein düster getünchtes Sittenbild tut’s ja auch. »Das Leben der anderen« hat viel Lob geerntet, und es bedeutet keinen Vorwurf, wenn ich feststelle, daß der Name des Regisseurs, Florian Henckel von Donnersmarck, durchaus das einzige farbig-festliche Blinkelement des gesamten Films bleibt.

 

Ganz anders, wo Kinder in ihren Kosmen Filmstoff werden: Hier müssen freilich Abwechslung und Farbe dominieren. Nicht nur, weil die kindliche Wahrnehmung von stärksten Wetterschwankungen geprägt ist, auch rein äußerlich kommt das Leben in den ersten Schuljahren praller daher als später. Ein Vierstundennachmittag mit meinen Kameraden, was war da zu erleben! Heut könnte man in derselben Zeit den Spiegel lesen, aber wer will das schon.

 

Zwei Filme mit Kindern als Protagonisten bleiben mir als persönliche Kino-Highlights des vergangenen Jahres in Erinnerung. Einerseits die absolut frappierende Low-Budget-Produktion »Ich und du und alle, die wir kennen« von und mit Miranda July; andererseits die bayerische Komödie »Wer früher stirbt, ist länger tot« von Marcus H. Rosenmüller. Außensicht steht beim ersten, Innensicht beim zweiten Film im Zentrum; ersterer bietet im durchweg nüchternsten Realismus ungemein originelle Ideen, letzterer greift mit seinem Commedia-dell’Arte-mäßigen Albtraumbrimborium in die traditionelle Trickkiste, was freilich hübsch zum katholisch-alpenländischen Ambiente paßt. Zwei Filme, über die der Kritiker jeweils nur ein Wort verlieren will: Ankucken!

 

Besonderer Genuß übrigens kann einem zuteil werden, wenn man sich den Rosenmüller-Film im Berlin-Kreuzberger Sputnik-Kino zeigen läßt: Dessen zwei Vorführräume werden erst unmittelbar vor Vorstellungsbeginn durch mündliche Bekanntgabe als »Sputnik 1« und »Sputnik 2« definiert. In einer der Türen stehend, wollte die leicht gestreßte Mitarbeiterin mir schlicht mitteilen, daß das bayerische Werk jetzt im dahinterliegenden Raum beginne. Sie tat es mit dem Satz: »Wer früher stirbt, der geht jetzt los.«

Natürlich au ned schlecht.

 

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Damit hast Du nicht gerechnet, »Zeit online«!

Als Du fragtest: »Wie gut sind Sie in Mathe?«, wolltest Du uns da wieder einmal für dumm verkaufen? Logisch wissen wir, dass bei dieser einzigen Aufgabe, die Du uns gestellt hast (Z+), erstens der zweite Summand und zweitens der Mehrwert fehlt.

Bitte nachbessern: Titanic

 Keine Übertreibung, Mathias Richling,

sei die Behauptung, dass die Ampel »einen desaströsen Eindruck bei jedermann« hinterlasse, denn in den vielen Jahren Ihrer Karriere, so schilderten Sie’s den Stuttgarter Nachrichten, hätten Sie es noch nie erlebt, »dass ohne jegliche pointierte Bemerkung allein die bloße Nennung des Namens Ricarda Lang ein brüllendes Gelächter auslöst«.

Aber was bedeutet das? »Das bedeutet ja aber, zu Mitgliedern der aktuellen Bundesregierung muss man sich nichts Satirisches und keinen Kommentar mehr einfallen lassen.« Nun beruhigt uns einerseits, dass Ihr Publikum, das sich an Ihren Parodien von Helmut Kohl und Edmund Stoiber erfreut, wohl immerhin weiß, wer Ricarda Lang ist. Als beunruhigend empfinden wir hingegen, dass offenbar Sie nicht wissen, dass Lang gar kein Mitglied der aktuellen Bundesregierung ist.

Muss sich dazu nichts Satirisches und keinen Kommentar mehr einfallen lassen: Titanic

 Sie, Romancier Robert Habeck,

Sie, Romancier Robert Habeck,

nehmen Ihren Nebenjob als Wirtschaftsminister wohl sehr ernst! So ernst, dass Sie durch eine Neuauflage Ihres zusammen mit Ihrer Ehefrau verfassten Romans »Der Tag, an dem ich meinen toten Mann traf« versuchen, fast im Alleingang dem darniederliegenden Literaturmarkt auf die Sprünge zu helfen. Könnten Sie sich als Nächstes das Zeitschriftensterben vorknöpfen?

Fragt Titanic

 Ganz, ganz sicher, unbekannter Ingenieur aus Mittelsachsen,

dass Du Deine Verteidigungsstrategie nicht überdenken willst? Unter uns, es klingt schon heftig, was Dir so alles vorgeworfen wird: Nach einem Crash sollst Du einem anderen Verkehrsteilnehmer gegenüber handgreiflich geworden sein, nur um dann Reißaus zu nehmen, als der Dir mit der Polizei kommen wollte.

Die beim wackeren Rückzug geäußerten Schmähungen, für die Du nun blechen sollst, wolltest Du vor dem Amtsgericht Freiberg dann aber doch nicht auf Dir sitzen lassen. Weder »Judensau« noch »Heil Hitler« willst Du gerufen haben, sondern lediglich »Du Sau« und »Fei bitter«. Magst Du das nicht noch mal mit Deinem Rechtsbeistand durchsprechen? Hast Du im fraglichen Moment nicht vielleicht doch eher Deinen Unmut über das wenig höfische Verhalten des anderen Verkehrsteilnehmers (»Kein Ritter!«) geäußert, hattest Deinen im selben Moment beschlossenen Abschied von den sozialen Medien (»Bye, Twitter!«) im Sinn, oder hast gar Deiner verspäteten Freude über die olympische Bronzemedaille des deutschen Ruder-Achters von 1936 (»Geil, Dritter!«) Ausdruck verliehen?

Nein? Du bleibst dabei? Und würdest dafür sogar ins Gefängnis gehen (»Fein, Gitter!«)?

Davor hat fast schon wieder Respekt: Titanic

 Huhu, »HNA« (»Hessische/Niedersächsische Allgemeine«)!

Mit großer Verblüffung lesen wir bei Dir in einem Testbericht: »Frischkäse ist kaum aus einem Haushalt in Deutschland wegzudenken.«

Och, Menno! Warum denn nicht? Und wenn wir uns nun ganz doll anstrengen? Wollen wir es denn, HNA, einmal gemeinsam versuchen? Also: Augen schließen, konzentrieren und – Achtung: hui! – weg damit! Uuuund: Futschikato! Einfach aus dem eigenen Haushalt weggedacht. Und war doch überhaupt nicht schlimm, oder?

Es dankt für die erfolgreiche Zusammenarbeit und hofft, einen kleinen Denkanstoß gegeben zu haben, wenn nicht gar einen Wegdenkanstoß: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 3:6, 6:7, 0:6

Der Volontär in der Konferenz der Sportredaktion auf die Bitte, seine Story in drei Sätzen zu erzählen.

Ronnie Zumbühl

 Hellseherisch

Morgen ist einfach nicht mein Tag.

Theo Matthies

 Süße Erkenntnis

Für jemanden, der Pfirsich liebt, aber Maracuja hasst, hält die Welt viele Enttäuschungen bereit.

Karl Franz

 Dilemma

Zum Einschlafen Lämmer zählen und sich täglich über einen neuen Rekord freuen.

Michael Höfler

 Nachwuchs

Den werdenden Eltern, die es genau mögen, empfehle ich meinen Babynamensvorschlag: Dean Norman.

Alice Brücher-Herpel

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
01.12.2023 Hamburg, Centralkomitee Hauck & Bauer
01.12.2023 Karben, Kulturscheune im Selzerbrunnenhof Pit Knorr & Die Eiligen Drei Könige
02.12.2023 Itzehoe, Lauschbar Hauck & Bauer
03.12.2023 Kassel, Studiobühne im Staatstheater Kassel Ella Carina Werner