Humorkritik | Dezember 2007

Dezember 2007

Lustiges Frühchristentum

Alle Hände voll zu tun hatte der Kirchenvater Epiphanius, der sich im 4. Jahrhundert n. Chr. als Bischof von Salamis und Metropolit von Zypern immer neuen Häresien und Ketzereien gegenübersah und »ihr gottloses Treiben als verderbenbringendes Gift« verdammte und bekämpfte. Bereits bei einer flüchtigen Heerschau über die allerwichtigsten, hier alphabetisch sortierten Gruppierungen von Glaubensabweichlern auf der Abschußliste des Bischofs erblicken wir Adamianer, Aloger, Angeliker, Anomäer, ­Antidikomarianiten (»welche meinen, ­Maria, die immerwährende Jungfrau, habe nach Christi Geburt mit Joseph ehelichen Umgang gepflogen«), Apotaktiker, Appeleianer, Archontiker, Arianer, Audianer, Bardesianisten, Basilidianer, Borbalianer, Dimöriten (»welche die vollkommene Menschheit Christi leugnen und auch Apollinaristen heißen«), Dositheer, Ebionäer, Enkratiten, Epikureer, Essener, Gorthener, Hemerobaptisten, Hera­kleoniten, Herodianer, Hierakiten, Kaianer, Karpokratiten, Kataphrygier, Katharer, Kerdonianer, Kerinthianer, Koddianer, Kollyridianer, Kolorbasier, Lukianisten, Manichäer, Markellianer, Markioner, Markosier, Massalianer, Melchisedekianer, Meletianer (»welche die Spaltung in Ägypten verursachten«), Menandriner, Nassaräner, Naziräer, Nikolaiten, Noetianer, Ophiten, Origenisten, Ossäer, Pepuzianer, Pharisäer, Phibioniten, Photinianer, Platoniker, Pneumatomachen (»welche den Hl. Geist lästern«), Ptolemäer, Pythagoräer, Sabbelianer, Sadduzäer, Samphäer, Saturnilianer, ­Sebuäer, Sekundianer, Semiarianer, Sethianer, Severianer, Simonianer, Sokratiten, Stoiker, Stratiotiker, Taskodrugiten, Tatianer, Tessarakaidekatiten (»welche Ostern immer am selben Tage des Jahres feiern«), Theodotianer, Valentiner, Valesier und Zakchäer.

 

Heiliger Strohsack! Es muß eine Heidenarbeit gewesen sein, all diese verirrten, wirr und wild durcheinander blökenden Schäfchen wieder einzufangen und sie in den Schoß der Una Ecclesia Sancta zurückzutreiben. Epiphanius von Salamis dürfte dabei, um Stephen King zu zitieren, geschuftet haben »wie ein einarmiger Tapezierer«. Ewig schade, daß es bei Youtube keinen Videoclip gibt, der zeigt, wie dem alten Epiphanius bei der Nachricht von einer weiteren Abspaltung in Trapezunt oder Knossos die Gesichtszüge entgleisen. Ich gäb’ was drum!

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Helen Fares, c/o »SWR« (bitte nachsenden)!

Sie waren Moderatorin des Digital-Formats MixTalk und sind es nun nicht mehr, nachdem Sie ein launiges kleines Video veröffentlicht haben, in dem Sie zum Boykott israelischer Produkte aufriefen, mit Hilfe einer eigens dafür programmierten App, die zielsicher anzeigt, wo es in deutschen Supermärkten noch immer verjudet zugeht (Eigenwerbung: »Hier kannst Du sehen, ob das Produkt in Deiner Hand das Töten von Kindern in Palästina unterstützt oder nicht«).

Nach Ihrem Rauswurf verteidigten Sie sich in einem weiteren Video auf Instagram: »Wir sind nicht antisemitisch, weil wir es boykottieren, Produkte von Unternehmen zu kaufen, die Israel unterstützen. Ein Land, das sich vor dem Internationalen Gerichtshof wegen Genozid verantworten muss, weil es Zehntausende von Menschen abgeschlachtet hat.« Da sich aber auch Deutschland vor dem Internationalen Gerichtshof wegen Beihilfe zum Genozid verantworten muss, war Ihre Kündigung beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk ja ohnehin einvernehmlich, oder?

Kann es sich nicht anders vorstellen: Titanic

 Wir wollten, »SZ«,

nur mal schnell Deine Frage »Gedenkbäume absägen. Hinweistafeln mit Hakenkreuzen beschmieren. Wer macht sowas?« beantworten: Nazis.

Für mehr investigative Recherchen wende Dich immer gerne an Titanic

 Eher unglaubwürdig, »dpa«,

erschien uns zunächst Deine Meldung, Volker Wissing habe nach dem tödlichen Busunglück auf der A9 bei Leipzig »den Opfern und Hinterbliebenen sein Beileid ausgesprochen«. Andererseits: Wer könnte die Verstorbenen auf ihrem Weg ins Jenseits noch erreichen, wenn nicht der Bundesverkehrsminister?

Tippt aufs Flugtaxi: Titanic

 Hej, Gifflar!

Du bist das Zimtgebäck eines schwedischen Backwarenherstellers und möchtest mit einer Plakatkampagne den deutschen Markt aufrollen. Doch so sehr wir es begrüßen, wenn nicht mehr allein Köttbullar, Surströmming und Ikeas Hotdogs die schwedische Küche repräsentieren, so tief bedauern wir, dass Du mit Deinem Slogan alte Klischees reproduzierst: »Eine Schnecke voll Glück«? Willst Du denn für alle Ewigkeiten dem Stereotyp der schwedischen Langsamkeit hinterherkriechen? Als regierten dort immer noch Sozialdemokraten, Volvo und Schwedenpornos?

Damit wirst Du nie der Lieblingssnack der Metropolenjugend!

Sagen Dir Deine Zimt- und Zuckerschnecken von Titanic

 Aha bzw. aua, Voltaren!

Das wussten wir gar nicht, was da in Deiner Anzeige steht: »Ein Lächeln ist oft eine Maske, die 1 von 3 Personen aufsetzt, um Schmerzen zu verbergen. Lass uns helfen. Voltaren.«

Mal von der Frage abgesehen, wie Du auf die 1 von 3 Personen kommst, ist es natürlich toll, dass Du offenbar eine Salbe entwickelt hast, die das Lächeln verschwinden lässt und den Schmerz zum Vorschein bringt!

Gratuliert salbungsvoll: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Spielregeln

Am Ende einer Mensch-ärgere-dich-nicht-Partie fragt der demente Herr, ob er erst eine Sechs würfeln muss, wenn er zum Klo will.

Miriam Wurster

 Frage an die Brutschmarotzer-Ornithologie

Gibt es Kuckucke, die derart hinterhältig sind, dass sie ihre Eier anderen Kuckucken unterjubeln, damit die dann fremde Eier in fremde Nester legen?

Jürgen Miedl

 Immerhin

Für mich das einzig Tröstliche an komplexen und schwer zugänglichen Themen wie etwa Quantenmechanik, Theodizee oder den Hilbertschen Problemen: Letztlich ist das alles keine Raketenwissenschaft.

Michael Ziegelwagner

 Gebt ihnen einen Lebenszyklus!

Künstliche Pflanzen täuschen mir immer gekonnter Natürlichkeit vor. Was ihnen da aber noch fehlt, ist die Fähigkeit zu verwelken. Mein Vorschlag: Plastikpflanzen in verschiedenen Welkstadien, damit man sich das Naserümpfen der Gäste erspart und weiterhin nur dafür belächelt wird, dass man alle seine Zöglinge sterben lässt.

Michael Höfler

 Finanz-Blues

Wenn ich bei meiner langjährigen Hausbank anrufe, meldet sich immer und ausnahmslos eine Raiffeisenstimme.

Theobald Fuchs

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
06.05.2024 Hannover, Pavillon Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
06.05.2024 Hamburg, Centralkomitee Ella Carina Werner
07.05.2024 Köln, Stadthalle Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
07.05.2024 Frankfurt am Main, Club Voltaire »TITANIC-Peak-Preview« mit Kathrin Hartmann