Inhalt der Printausgabe
März 2006
Briefe an die Leser (Seite 5 von 13) |
Franz Josef Wagner! Anläßlich der aberglaubenverachtenden Karikaturen einer dänischen Zeitung haben Sie in Ihrer Bild-Kolumne »den dänischen Karikaturisten« mal pauschal ein paar Takte ins Stammbuch geschrieben: Es tue Ihnen leid, aber Sie könnten »über den Propheten Mohammed mit einer brennenden Lunte im Turban nicht lachen«. Denn Tucholsky irre, wenn er behaupte, Satire dürfe alles – »obwohl er anscheinend recht hat«. Und dann setzen Sie an zur kulturkritischen Selbstanklage: »Unsere westliche Gesellschaft lacht sich geradezu über sich selbst tot. Es gibt Aids-Witze, Säufer-Witze, Ärzte-Witze, Jenseits-Witze.« Da haben Sie aber ein paar ausgelassen, denn gleich auf der nächsten Seite Ihrer äußerst westlichen Zeitung finden sich unter der täglichen Rubrik »Lachen mit Bild« außerdem der »Ehe-Witz«, der »Nachbar-Witz«, der »Küchen-Witz« und der »Zecher-Witz«, einer kolossaler und tödlicher als der andere; nicht gerechnet den uneinholbar sagenhaften Generalwitz, der den Bild-Leser täglich auf Seite 2 links unten ereilt. »Was für ein Trugschluß der Satiriker, daß wir kichernd sterben« – da haben Sie recht: Wir sterben täglich, beim Lesen Ihrer »Post von Wagner«, aber schon eher brüllend vor Verzweiflung. »Wenn wir sterben«, so schlittern Sie schließlich in die Zielkurve, »wollen wir weiterreisen. Als Christ, als Muslim, als Buddhist – ich will weiterreisen und nicht verlacht werden wie Mohammed.« Das ist, Wagner, ein Wort. Wenn Sie sich endlich dazu entschlössen weiterzureisen – dafür würden wir uns sogar für fünf Minuten das Lachen verkneifen. Das schwört beim Barte des Propheten: Titanic |
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