Inhalt der Printausgabe

Juni 2006


TITANIC-WM-Telefon-Terror
»Wir nennen es Fußballweltmeisterschaft...«

(Seite 10 von 12)

Frau Beltz, Potsdam
»Muß alles weg hier!«

Beltz …hab einen kleinen Ford.
TITANIC Au, Ford. Keinen Hyundai?
Beltz (unkooperativ) Nein, einen Ford.
TITANIC Kurz gefragt, könnten Sie vier Wochen auf Ihr Auto verzichten, das in die Garage stellen?
Beltz Nein, kann ich nicht, ich hab nur einen freien Stellplatz in der Straße.
TITANIC Vielleicht bei Verwandten oder Bekannten?
Beltz Das geht gar nicht, die wohnen alle im Neubau. Da ist nicht so was mit Wegbringen oder so.
TITANIC Und wenn Sie es für die Zeit der WM auf einen Waldweg fahren, daß es nicht so in der Öffentlichkeit herumsteht?
Beltz (renitent) Nee, weshalb auch?
TITANIC (streng) Es ist nun mal kein Hyundai. Und Hyundai ist nun mal der Sponsor der WM!
Beltz Aber andere machen es ja auch nicht! Sonst stehen ja hier nur noch Hyundais in der Straße, der Rest muß ja sonst alles weg hier!
TITANIC Ja, genau. Muß alles weg!
Beltz (störrisch) Nö, tut mir leid. Mach ich nicht mit, sehe ich auch gar nicht ein! Daß Sie hier für die WM so einen Aufwand betreiben, finde ich ganz albern, muß ich sagen!
TITANIC Nun, wir haben da Verträge…
Beltz (kiebig) Na, das ist aber doch nicht mein Problem, wenn Sie Verträge haben!
TITANIC Ich finde, da müßten wir als Land auch ein bißchen zusammenstehen, auch Sie! Das ist doch eine Visitenkarte für die ganze Welt, die wir hier abgeben!
Beltz Kann durchaus sein, aber nicht auf meine Kosten!
TITANIC Na gut, es reicht auch, wenn Sie einfach die Ford-Zeichen über-kleben am Auto.
Beltz (entsetzt) Nee! Also nun sagen Sie mal!
TITANIC Nur ein Stück Klebeband! Nur für vier Wochen!
Beltz Nee! Das sehe ich nicht ein, das ist mein Auto, und ich klebe an meinem Auto auch nichts ab. Weil ich schäme mich nicht dafür, daß ich einen Ford fahre, und wenn Sie hier irgendwelche Verträge haben, von wegen mit was weiß ich, Hü… Hüundei…
TITANIC (höflich) Gesundheit.
Beltz …das kann ich dann für Sie nicht ausbaden!
TITANIC Aber es ist immer noch besser, wenn Sie das selbst abkleben, als wenn unsere Leute das machen. Ein-Euro-Jobber, wenn Sie verstehen…
Beltz (hysterisch) Also eins sage ich Ihnen, wenn Sie hier anfangen,
irgendwas an mir abzukleben…
TITANIC (einlenkend) Nur an Ihrem Auto!
Beltz …oder an meinem Auto, dann werd ich hier mal ganz anders, das sage ich Ihnen!
TITANIC (beruhigend) Das ist ein Zweikomponentenkleber, der geht zu einem hohen Prozentsatz wieder ab, mit etwas Rubbeln sieht das hinterher aus wie neu.
Beltz Das hat damit gar nichts zu tun, jetzt hören Sie mal zu: Das ist mein Eigentum, dieses Auto. Da hat kein DFB-Mensch irgendwas dran zu suchen!
TITANIC Sie können es auch irgendwo in den Wald fahren und tarnen.
Beltz Ich bezahle hier für einen Parkplatz, und da bleibt das auch! Bloß weil Sie irgendwelche Verträge machen, daß hier überall Hyundais herumstehen, dafür kann ich doch nichts! Da hätten Sie ja nicht drauf eingehen müssen.
TITANIC Und wenn Sie eine Decke drüberlegen?

Beltz (lautstark) Halloooo?
TITANIC Nun sein Sie doch ein bißchen kooperativ! Das macht uns doch auch keinen Spaß, hier mit so einem fiesen Chemiekleber rumzulaufen und fremde Fords abzu…
Beltz (herzlos) Pah, das ist Ihr Problem!
TITANIC Das ist auch Ihr Problem, wenn Sie das wieder abhobeln müssen!
Beltz Wer sind Sie überhaupt?
TITANIC Der Deutsche Fußball-Bund. Wir veranstalten die WM 2006.
Beltz Na, das ist ja wieder ganz typisch! Da weiß ich ja, wo ich mich beschweren kann. Nämlich beim Deutschen Fußball-Bund, ganz einfach!
TITANIC Aber erst nach der WM, bitte. Die haben im Moment alle sehr viel zu tun…
Beltz Nee, das wird dann vorher gemacht, und denn ist jut! Ich sehe das gar nicht ein, soll ich hier mein Eigentum verstecken oder wie?
TITANIC Was haben Sie überhaupt für ein Problem, es ist doch nur ein Ford!
Beltz Ein Ford ist auch ein Auto! Und wissen Sie, was hier an Hyundais herumsteht? (triumphierend) Das ist gar nichts! Weil so was nämlich kein Mensch fährt! Ganz einfach!
TITANIC Waaaas? Nicht gut? Warum denn nicht?
Beltz Das weiß ich doch nicht. Weil das nämlich ein schlechtes Auto ist, was weiß ich! Aber hier stehen genug Fords rum, die müßten dann alle weg. Wissen Sie, wie denn die Straße aussieht? Nämlich leer! Ganz einfach!
TITANIC Wir können Ihren Wagen auch abschleppen lassen.
Beltz Das können Sie vergessen! Das können Sie wohl ganz doll vergessen!
TITANIC Sie machen es unserem Land wirklich schwer! Wenn es ein Opel wäre, könnte ich Ihre Bedenken noch verstehen – aber Ford! Aber wir kommen hier nicht weiter, ich kann nur die Bitte äußern: Sorgen Sie dafür, daß wir gut dastehen als Land, auch optisch! Kleben Sie Ihren Scheiß-Ford ab.
Beltz Das reicht! Könnte ich mal Ihren Namen und Ihre Telefonnummer haben?
TITANIC Hansen. Herr Hansen. 069/ 97 88-0, nach Wolfgang Niersbach fragen, das ist mein Vorgesetzter.
Beltz Da ruf ich an! Und: Wenn ich hier irgendwo einen Klebestreifen finde, dann weiß ich ganz genau, gegen wen ich vorgehen kann!

Alberne Verträge als Visitenkarte für die Welt sind nicht Frau Beltz’ Problem. Das kann man verstehen. Aber daß sie mit Klebestreifen gegen Wolfgang Niersbach vorgehen will, das geht dann doch ein bißchen zu weit.



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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Könnte es sein, »ARD-Deutschlandtrend«,

dass Dein Umfrageergebnis »Mehrheit sieht den Frieden in Europa bedroht« damit zusammenhängt, dass seit über zwei Jahren ein Krieg in Europa stattfindet?

Nur so eine Vermutung von Titanic

 Eher unglaubwürdig, »dpa«,

erschien uns zunächst Deine Meldung, Volker Wissing habe nach dem tödlichen Busunglück auf der A9 bei Leipzig »den Opfern und Hinterbliebenen sein Beileid ausgesprochen«. Andererseits: Wer könnte die Verstorbenen auf ihrem Weg ins Jenseits noch erreichen, wenn nicht der Bundesverkehrsminister?

Tippt aufs Flugtaxi: Titanic

 Ganz schön kontrovers, James Smith,

was Du als Mitglied der britischen Band Yard Act da im Interview mit laut.de vom Stapel gelassen hast. Das zu Werbezwecken geteilte Zitat »Ich feiere nicht jedes Cure-Album« hat uns jedenfalls so aufgewühlt, dass wir gar nicht erst weitergelesen haben.

Wir mögen uns nicht ausmalen, zu was für heftigen Aussagen Du Dich noch hast hinreißen lassen!

Findet, dass Provokation auch ihre Grenzen haben muss: Titanic

 Hallihallo, Michael Maar!

In unserem Märzheft 2010 mahnte ein »Brief an die Leser«: »Spannend ist ein Krimi oder ein Sportwettkampf.« Alles andere sei eben nicht »spannend«, der schlimmen dummen Sprachpraxis zum Trotz.

Der Literatur- ist ja immer auch Sprachkritiker, und 14 Jahre später haben Sie im SZ-Feuilleton eine »Warnung vor dem S-Wort« veröffentlicht und per Gastbeitrag »zur inflationären Verwendung eines Wörtchens« Stellung bezogen: »Nein, liebe Radiosprecher und Moderatorinnen. Es ist nicht S, wenn eine Regisseurin ein Bachmann-Stück mit drei Schauspielerinnen besetzt. Eine Diskussionsrunde über postmoderne Lyrik ist nicht S. Ein neu eingespieltes Oboenkonzert aus dem Barock ist nicht S.«

Super-S wird dagegen Ihr nächster fresher Beitrag im Jahr 2038: Das M-Wort ist ja man auch ganz schön dumm!

Massiv grüßt Sie Titanic

 Du, »Hörzu Wissen«,

weißt, wie Werbung geht! Mit »Die Sucht zu töten« machtest Du so richtig Lust auf Deine aktuelle Ausgabe, um erläuternd nachzulegen: »Bestialisch, sadistisch, rätselhaft: Was Menschen zu mordenden Monstern macht – acht Täter und die Geschichten ihrer grausamen Verbrechen.«

Wer kann sich da der Faszination der »dunklen Welt der Serienkiller« noch entziehen? Aber am Ende, liebe Hörzu Wissen, ist in diesem Zusammenhang doch die Implikation Deines Slogans »Hörzu Wissen – das Magazin, das schlauer macht!« das Allergruseligste!

Da erschauert sogar

Die True-Crime-resistente Redaktion der Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Immerhin

Für mich das einzig Tröstliche an komplexen und schwer zugänglichen Themen wie etwa Quantenmechanik, Theodizee oder den Hilbertschen Problemen: Letztlich ist das alles keine Raketenwissenschaft.

Michael Ziegelwagner

 Im Institut für Virologie

Jeder Gang macht krank.

Daniel Sibbe

 Mitgehört im Zug

»Prostitution ist das älteste Gewerbe der Welt!« – »Ja, aber das muss es ja nicht bleiben.«

Karl Franz

 Spielregeln

Am Ende einer Mensch-ärgere-dich-nicht-Partie fragt der demente Herr, ob er erst eine Sechs würfeln muss, wenn er zum Klo will.

Miriam Wurster

 Frage an die Brutschmarotzer-Ornithologie

Gibt es Kuckucke, die derart hinterhältig sind, dass sie ihre Eier anderen Kuckucken unterjubeln, damit die dann fremde Eier in fremde Nester legen?

Jürgen Miedl

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
11.05.2024 Karlsruhe, Kabarett in der Orgelfabrik Thomas Gsella
12.05.2024 Frankfurt, Museum für Komische Kunst »Ach was – Loriot zum Hundertsten«
12.05.2024 Kleinschönach/Bodensee, Kunsthalle Thomas Gsella
14.05.2024 Frankfurt, Goethe-Universität Martin Sonneborn