Inhalt der Printausgabe
September 2004
Vom Fachmann für Kenner (Seite 7 von 16) |
6 aus 49 Todesnachrichten zu überbringen - so durfte ich mich kürzlich von einem Freund, der bei der Bereitschaftspolizei arbeitet, aufklären lassen - läuft manchmal wirklich ein wenig wie in einem Film ab: Man klingelt zu zweit, einer redet, bekommt einen Platz angeboten, wird von schockierten Augen fixiert, fühlt sich unbehaglich, erlebt enorm viel innere Handlung, nimmt ein eingefrorenes Bild der Wohnung und der Bewohner wahr, jeder Satz wird dem Unglücksboten von den Lippen abgelesen. Der andere ist von seiner polizeilichen Pflicht entlastet, kann seine Gedanken abschweifen lassen. So war es auch vereinbart, als er mit einem als unsensiblen Klotz bekannten Kollegen am Samstag abend Schicht hatte. Um die Tagesschauzeit war nun eine solche Todesnachricht in eine lebhafte Sozialwohnung zu überbringen. Soweit lief alles wie vereinbart ab, er sprach, der andere Kollege hielt sich zurück. Er hatte schon gedacht, sie hätten es gepackt, als der andere Kollege plötzlich das Wort an die vor laufendem Fernseher um Fassung ringende frische Witwe wandte: "Könnten Sie bitte mal ein Stück zur Seite gehen, ich will mir nur schnell die Lottozahlen aufschreiben." Timo Schumacher
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