Inhalt der Printausgabe
September 2003
AFRIKA Afrika und seine Geschichte (Seite 4 von 5) |
||
Afrika gilt wohl zu Recht als "Wiege" der Menschheit: Noch heute schlafen viele Afrikaner morgens gern ein Stündchen länger. Schon die früheste Hochkultur des Kontinents entwickelte einen regelrechten Kult um die Nachtruhe: Die ägyptischen Pharaonen setzten sich Kopfkissen aufs Haupt, errichteten monumentale Schlafstätten aus Stein, erfanden aus langen Stoffstreifen gewickelte Schlafanzüge - und den Wecker dann lieber doch noch nicht. Erst im 3. Jh. v. Chr. rüttelte Hannibal den schlafenden Erdteil auf. In Karthago, auf dem Gebiet des heutigen Tunesiens, das damals noch Nichtstunesien hieß, begründete er ein Imperium, das vom Schmuggel mit gestohlenen Elefanten lebte. Der Versuch, mehrere Tausend Dickhäuter mit herausgefeilten Fahrgestellnummern über die Alpen nach Polen zu schaffen, wurde jedoch vom damaligen Weltpolizisten Rom unterbunden ("Punische Kriege"). Karthago wurde zerstört, Hannibal ging ins Exil ("Punica-Oase"). Auf dem pechschwarzen Kontinent war das Mittelalter natürlich besonders finster. Anders als im benachbarten Europa erleuchteten nicht einmal Hexen-, Bücher- oder BH-Verbrennungen die undurchdringliche Dunkelheit. Dies änderte sich erst, als Portugiesen, Holländer und Engländer im 16. Jh. zufällig an der Westküste landeten. Die geschäftstüchtigen Afrikaner luchsten den arglosen Europäern zentnerweise kostbare Glasmurmeln und wertvolle Nylonstrümpfe ab, für die sie ihnen billigen Tand wie Gold, Elfenbein und Löwenfelle andrehten - sowie jede Menge minderqualifizierter Arbeitskräfte aus dem Leichtlohnsektor. Prompt ging die Arbeitslosigkeit gegen Null, Afrika blühte auf, überall auf dem Kontinent sah man wohlhabende Müßiggänger in Nylonstrümpfen mit Murmeln spielen. Von dieser goldenen Ära künden heitere Liebesromane wie Joseph Conrads "Herzblatt der Finsternis", Tania Blixens "Afrikameliendame" oder Alfred Döblins "Kinshasa M'bongoplatz". | ||
| ||
Leider zog der prosperierende Erdteil im 19. Jh. auch europäische Glücksritter an. Diese waren nicht nur skrupellos genug, die Afrikaner beim Murmelspiel zu bescheißen, sondern ließen sich auch, wie der später zum "Entdecker" verklärte Volker Livingston, von Pygmäen wegen ihrer ungewöhnlichen Körpergröße als "Gott" anbeten. Rivalitäten blieben nicht aus: Als Henry M. Stanley, ein weiterer "Entdecker", Livingston ein Messer zwischen die Rippen stieß (von hinten und mit den berühmt gewordenen Worten "Volker Livingston, I presume?"), begann das Zeitalter der unsäglichen Volkermorde, die den Kontinent bis heute erschüttern. In den folgenden hundert Jahren sollten die Europäer Afrika bis zur letzten Glasmurmel ausplündern. Mitte des 20. Jahrhunderts hatten die Afrikaner aber genug: Nicht länger wollten sie sie sich von Fremden ausbeuten und aussaugen lassen, sondern sich endlich auch einmal selber ausbeuten und aussaugen. Die Ergebnisse können sich sehen lassen: Morgens beuten die Alten die Jungen aus, mittags die Armen die Reichen, abends die Tutus die Hutsis, und am nächsten Tag geht alles genau andersrum von vorne los. Man darf jedoch nicht vergessen, daß Afrika stets auch der Kontinent der Träume und Sehnsüchte gewesen ist. Der Glanz seiner Königshäuser, das Charisma seiner Royals bleiben unerreicht. Und mal ganz ehrlich: Welches junge Mädchen hat nicht mindestens einmal von Kaiser Bokassa geträumt, in vollem Gold-Ornat auf seinem Thron aus purem Platin? Von Kaiser Haile Selassie mit seinen Rastalocken aus schierem Juwelengeschmeide? Oder von Idi Amins glutvollen Augen und seinem prächtigen Leib, wie er nackt auf seinem quadratkilometergroßen Bett aus dem Fell von 1000 Leoparden liegt? Na bitte! Mark-Stefan Tietze
| ||
| 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | |