Inhalt der Printausgabe

Splittergruppen, Strömungen, Spannung:

Wie lange hält die Union?

Wer denkt, dass der Konflikt zwischen Merkel und Seehofer von der Zerrissenheit der Union zeugt, übersieht: Im Jahr 2018 gehen die politischen Positionen innerhalb der Unionsparteien viel weiter auseinander als die der Kanzlerin und ihres Innenministers. Das gesamte politische Spektrum von ­CDU/CSU auf einen Blick:

Die postmoderne Schule

Die Vertreter dieser Fraktion kombinieren altbackenen Patriotismus mit den neuesten Theorien, die sie während zahlreicher Auslandssemester aufgeschnappt haben. Ihr Kerngedanke: »Heimat ist ein Konstrukt, aber unseres ist trotzdem das beste.«

Dunkelschwarzer Block

Militante Gruppe, hat sich aus dem Antiimperialistischen Flügel entwickelt. Plant Geheimdienstinformationen zufolge Anschläge bei SPD-Versammlungen und Juso-Partys. Was weiß Jens Spahn?

Antiimperialistischer Flügel

Aussterbende Gruppe, die aktuelle Mitgliederzahl schwankt zwischen zwei und drei (gruppeninterne Differenzen). Wollen den Westen zerschlagen und werden vom Verfassungsschutz überwacht, weil sie in einer Erklärung die Parole »Israel ist ein preußischer Saustall« stehen hatten.

Kohlkult

Morbide Sekte, die glaubt, dass Helmut Kohl (tot) noch lebt und mit Jim Morrison und Hannelore Kohl aus Südamerika die Fäden zieht. Fallen immer wieder mit perversen Ritualen wie Saumagenwettessen auf.

KKK

Kristliches Künstlerkollektiv (Eigenschreibweise). Ironisch provokante Spaßguerilla. Ihre Mitglieder glauben nicht an Politik als Mittel zur Veränderung und setzen auf disruptive Schmunzeltweets.

BSCDU

Bayerische Spione in der CDU. Horchen die große Schwesterpartei aus. Keine weiteren Informationen erhältlich.

PKK

Die PKK (Plattform kurdischer Kämpfer) sabotiert Merkels Einigungsversuche mit Erdogan, treibt die Preise für Türkeireisen in den Reisebüros nach oben.

Hooligangruppe Wilde Horde

Stammen größtenteils aus der NRW-CDU und randalieren auf Parteitagen, werfen Buffettische um oder zünden Bengalos im Sitzungssaal.

Die Trollfabrik

Außer Kontrolle geratenes Hackerkollektiv. Eigentlich eigens zur Zerschlagung der Präsenz linker Gruppen im Netz gegründet, schießen sie in letzter Zeit allerdings ausschließlich gegen Merkel.

Kommunistische Plattform

Hängen einer wirren Lesart der kommunistischen Klassiker an (Karl Maxx: Des Kabbidal). Angeblich von Peter Gauweiler ins Leben gerufen. Wollen sämtliche Brauereien enteignen und dem Volk zurückgeben.

Reichsbayern

Wollen die Rechtsform Bayerns von GmbH (Gaudi mit beschränkter Haftung) zu Königreich ändern.

Globulisten

Esoterische Bruder- und Schwesternschaft mit leicht völkischem Touch. Ihr geheimer Gruß: rechter Arm steil nach oben, damit die Lebenssäfte fließen.

PSCSU

Preußische Spione in der CSU. Wurden alle erwischt. Aufenthaltsort unbekannt.

Beda

Radikale Tierschutzgruppierung aus Franken. Nacktproteste, Maßkrüge voll Blut und sehr lange Gummihandschuhe. Ihnen ist keine Protestform zu extrem.

Die Wirtschaftsweizen

Ältestenrat, betrinkt sich jeden Abend in den Wirtschaften Bayerns, richtet dabei aber immer stets ein Ohrwaschl auf die Stammtische. Selbst die Kanzlerin schätzt ihre Expertise.

Straußstaffel

Beten Franz Josef Strauß an, handeln mit Waffen (Ochsenfiesel), ließen sich in Palästinenserlagern ausbilden, um die bayerische Grenze bewaffnet sichern zu können.

Ultragruppe Schickeria

Wollen nichts als zünftige Gaudi, anders als die Wilde Horde. Dabei haben sie ein beeindruckendes Repertoire an Choreografien und Fangesängen. Söder gilt seit seinen Capo-Zeiten als Ehrenmitglied.

Futuristen

Haben den Traum vom Transrapid noch nicht aufgegeben, höchst faschistoid.

Hürtgen / Lichter

ausgewähltes Heft

Aktuelle Cartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Boah ey, Natur!

»Mit der Anpflanzung von Bäumen im großen Stil soll das Klima geschützt werden«, schreibt der Spiegel. »Jetzt zeigen drei Wissenschaftlerinnen in einer Studie: Die Projekte können unter Umständen mehr schaden als nützen.« Konkret sei das Ökosystem Savanne von der Aufforstung bedroht. Mal ganz unverblümt gefragt: Kann es sein, liebe Natur, dass man es Dir einfach nicht recht machen kann? Wir Menschen bemühen uns hier wirklich um Dich, Du Diva, und am Ende ist es doch wieder falsch!

Wird mit Dir einfach nicht grün: Titanic

 Hey, »Zeit«,

Deine Überschrift »Mit 50 kann man noch genauso fit sein wie mit 20«, die stimmt vor allem, wenn man mit 20 bemerkenswert unfit ist, oder?

Schaut jetzt gelassener in die Zukunft:

Deine Titanic

 Nicht zu fassen, »Spiegel TV«!

Als uns der Youtube-Algorithmus Dein Enthüllungsvideo »Rechtsextreme in der Wikingerszene« vorschlug, wären wir fast rückwärts vom Bärenfell gefallen: In der Wikingerszene gibt es wirklich Rechte? Diese mit Runen tätowierten Outdoorenthusiast/innen, die sich am Wochenende einfach mal unter sich auf ihren Mittelaltermärkten treffen, um einer im Nationalsozialismus erdichteten Geschichtsfantasie zu frönen, und die ihre Hakenkreuzketten und -tattoos gar nicht nazimäßig meinen, sondern halt irgendwie so, wie die Nazis gesagt haben, dass Hakenkreuze vor dem Nationalsozialismus benutzt wurden, die sollen wirklich anschlussfähig für Rechte sein? Als Nächstes erzählst Du uns noch, dass Spielplätze von Kindern unterwandert werden, dass auf Wacken ein paar Metalfans gesichtet wurden oder dass in Flugzeugcockpits häufig Pilot/innen anzutreffen sind!

Nur wenn Du versuchst, uns einzureden, dass die Spiegel-Büros von Redakteur/innen unterwandert sind, glauben Dir kein Wort mehr:

Deine Blauzähne von Titanic

 Sie, Victoria Beckham,

Sie, Victoria Beckham,

behaupteten in der Netflix-Doku »Beckham«, Sie seien »working class« aufgewachsen. Auf die Frage Ihres Ehemanns, mit welchem Auto Sie zur Schule gefahren worden seien, gaben Sie nach einigem Herumdrucksen zu, es habe sich um einen Rolls-Royce gehandelt. Nun verkaufen Sie T-Shirts mit dem Aufdruck »My Dad had a Rolls-Royce« für um die 130 Euro und werden für Ihre Selbstironie gelobt. Wir persönlich fänden es sogar noch mutiger und erfrischender, wenn Sie augenzwinkernd Shirts mit der Aufschrift »My Husband was the Ambassador for the World Cup in Qatar« anbieten würden, um den Kritiker/innen so richtig den Wind aus den Segeln zu nehmen.

In der Selbstkritik ausschließlich ironisch: Titanic

 Waidmannsheil, »Spiegel«!

»Europas verzweifelte Jagd nach Munition«, titeltest Du, und doch könnte es deutlich schlimmer sein. Jagd auf Munition – das wäre, so ganz ohne diese Munition, deutlich schwieriger!

Nimmt Dich gerne aufs Korn: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
19.04.2024 Wuppertal, Börse Hauck & Bauer
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt
20.04.2024 Itzehoe, Lauschbar Ella Carina Werner
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt