Inhalt der Printausgabe

Aus von der Leyens Schublade (II)

Dr. Ursula v. d. Leyen

 

 

 

THESENPAPIER: EIN NEUER NAME FÜR HARTZ IV

Kernthese: Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist das Bundesarbeitsministerium bestrebt, Hartz IV komplett neu aufzustellen. In Anlehnung an die sehr viel stimmungsvolleren Bezeichnungen für Gesetze in den USA (»Clean Air Act«, »No Child Left Behind Act«) steht dabei auch die Umbenennung des häßlichen Wortungetüms »Hartz IV« auf der Agenda. Gesucht wird ein Name, der wie der Vorgänger in die Alltagssprache einsickert (»Hartzer«, »hartzen«), dabei aber nicht derart belastete Assoziationen weckt. 

VORSCHLÄGE/DISKUSSIONSGRUNDLAGE:

Vorschlag A: HERZ 4

Strategie: Der Begriff klingt romantisch, verströmt Solidarität und Wärme. Zudem verliert sich die Angst vor der Einstufung.
Beispielhafte Verwendung im Sprachgebrauch: »Ich hab’ mein Herz im Jobcenter verloren«
Alternative: Peter IV (klingt persönlicher, verbindlicher – Peter ist wie ein Kumpel, den man jederzeit anrufen kann) 

Vorschlag B: SCHWEIGEGELD

Strategie: Wer es kriegt, muß die Klappe halten – die Konnotation der Illegalität sorgt dafür, daß man sich seines ­Zustands auch tüchtig schämt.
Beispiel: »Ich habe das Schweigegeld genommen, nur so kann ich meine Medikamente bezahlen«
Alternativen: Schwarzgeld, Schmiergeld, Schmerzensgeld, Gnadenbrot, Judaslohn 

Vorschlag C: SAHNEPUDDING

Strategie: Vermittelt Heimeligkeit und Üppigkeit – der Bezieher wirkt überdies wie ein gieriges Schleckermaul, das viel zu großzügig aus dem Topf der sozialen Hilfe schöpft.
Beispiel:  »Sahnepuddingempfänger«, »Sahnepudding macht mich fertig, ich kann davon nicht leben«
Alternative: Der große Bauer 

Vorschlag D: GENDEFEKT

Strategie: Eigene, natürliche Beschränkungen treten hervor, dem Staat wird weniger die Schuld gegeben.
Beispiel:  »Mein Gendefekt sorgt dafür, daß ich überhaupt nicht mehr unter die Leute komme«
Alternativen: Trägheit, Hirnschaden, Achselschweiß, Pißnelke (»Abi ist mir nicht so wichtig, werd’ ich halt Pißnelke«) 

Vorschlag E: MUTTER

Strategie: Der Bezieher klingt unselbständig und wenig glaubwürdig.
Beispiele: »Mutter schränkt mein Leben total ein, nimmt mir die Luft zum Atmen«
Alternative: Vater 

Vorschlag F: HOLOCAUST

Strategie: Diese abschreckende Bezeichnung sorgt dafür, daß der Begriff in der öffentlichen Debatte sehr viel vorsichtiger verwendet wird.
Beispiel:  »Ich habe Angst, daß ich meinen Job verliere, in den Holocaust abrutsche«, »Ich bin Causter, Causti, causte herum«,  »Mit dem Holocaust kann ich mir keine großen Sprünge erlauben«,  »Wer sein Geld nicht mit ehrlicher Arbeit verdienen will, kriegt eben Holocaust«
Alternative: noch keine

Fischer / Rürup

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Aktuelle Cartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Apropos: ¡Hola bzw. holla, spanischer Priester!

Du hast Dir die Worte aus dem Matthäusevangelium »Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach« zu sehr zu Herzen genommen und in Deiner Gemeinde in der Kleinstadt Don Benito einen regen Handel mit Potenzmitteln betrieben. Für diesen nach weltlichem Ermessen offensichtlichen Sündenfall musst Du Dich nun vor einem irdischen Gericht verantworten.

Uns ist zwar nicht bekannt, ob Du Dich gegenüber Polizei und Justiz bereits bußfertig gegeben hast oder weiterhin auf das Beichtgeheimnis berufst. Angesichts der laut Zeugenaussagen freudigen Erregung Deiner überalterten Gemeindemitglieder beim Geläut der Glocken sowie ihres Durchhaltevermögens bei den nicht enden wollenden Eucharistiefeiern inklusive Rumgeorgel, Stoßgebeten und orgiastischer Gottesanrufungen sprechen alle Indizien aber ohnehin gegen Dich!

Bleibt auch ganz ohne künstliche Stimulanzien weiter standfest im Nichtglauben: Titanic

 Du, »Brigitte«,

füllst Deine Website mit vielen Artikeln zu psychologischen Themen, wie z. B. diesem hier: »So erkennst Du das ›Perfect-Moment -Syndrom‹«. Kaum sind die ersten Zeilen überflogen, ploppen auch schon die nächsten Artikel auf und belagern unsere Aufmerksamkeit mit dem »Fight-or-Flight-Syndrom«, dem »Empty-Nest-Syndrom«, dem »Ritter-Syndrom« und dem »Dead- Vagina-Syndrom«. Nun sind wir keine Mediziner/innen, aber könnte es sein, Brigitte, dass Du am Syndrom-Syndrom leidest und es noch gar nicht bemerkt hast? Die Symptome sprechen jedenfalls eindeutig dafür!

Meinen die Hobby-Diagnostiker/innen der Titanic

 Wussten wir’s doch, »Heute-Journal«!

Deinen Bericht über die Ausstellung »Kunst und Fälschung« im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg beendetest Du so: »Es gibt keine perfekte Fälschung. Die hängen weiterhin als Originale in den Museen.«

Haben Originale auch schon immer für die besseren Fälschungen gehalten:

Deine Kunsthistoriker/innen von der Titanic

 Grunz, Pigcasso,

malendes Schwein aus Südafrika! Du warst die erfolgreichste nicht-menschliche Künstlerin der Welt, nun bist Du verendet. Aber tröste Dich: Aus Dir wird neue Kunst entstehen. Oder was glaubst Du, was mit Deinen Borsten geschieht?

Grüße auch an Francis Bacon: Titanic

 Aaaaah, Bestsellerautor Maxim Leo!

In Ihrem neuen Roman »Wir werden jung sein« beschäftigen Sie sich mit der These, dass es in nicht allzu ferner Zukunft möglich sein wird, das maximale Lebensalter von Menschen mittels neuer Medikamente auf 120, 150 oder sogar 200 Jahre zu verlängern. Grundlage sind die Erkenntnisse aus der sogenannten Longevity-Forschung, mit denen modernen Frankensteins bereits das Kunststück gelang, das Leben von Versuchsmäusen beträchtlich zu verlängern.

So verlockend der Gedanke auch ist, das Finale der Fußballweltmeisterschaft 2086 bei bester Gesundheit von der heimischen Couch aus zu verfolgen und sich danach im Schaukelstuhl gemütlich das 196. Studioalbum der Rolling Stones anzuhören – wer möchte denn bitte in einer Welt leben, in der das Gerangel zwischen Joe Biden und Donald Trump noch ein ganzes Jahrhundert so weitergeht, der Papst bis zum Jüngsten Gericht durchregiert und Wladimir Putin bei seiner Kolonisierung auf andere Planeten zurückgreifen muss? Eines will man angesichts Ihrer Prognose, dass es bis zum medizinischen Durchbruch »im besten Fall noch 10 und im schlimmsten 50 Jahre dauert«, ganz bestimmt nicht: Ihren dystopischen Horrorschinken lesen!

Brennt dann doch lieber an beiden Enden und erlischt mit Stil: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt
20.04.2024 Itzehoe, Lauschbar Ella Carina Werner
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt