TITANIC Gold-Artikel

„Die Insel ist immer grüner auf der anderen Seite“

Die Grenze zwischen Irland und Nordirland trennt Irland von Nordirland. Sollte der Brexit nicht bald abgeblasen werden, könnte die „soft border“ schnell so „hard“ werden wie Boris Johnsons Glied seit 2016. Ein TITANIC-Besuch in den beiden Irlands. 

Pádraig O'Naomhuighthear, klein, stämmig, rothaarig, war noch nie in seinem Leben in London. Wenn er die britische Nationalhymne hört, bleibt er sitzen; erzählt man ihm von Theresa May, den Tories oder vom Königshaus, dann lauscht er mit düsterer Miene, bis er sich irgendwann übergibt. „Können wir den Kleinen jetzt wiederhaben?“ fragt seine Mutter, Éirne O'Naomhuighthear-NíDéanfaidh, putzt Pádraig die erbrochenen Stew-Bröckchen vom Strampler und legt ihn zurück in seine Wiege. Das Stew hebt sie für später auf.

___STEADY_PAYWALL___

Der Fall Pádraig: das ist der Brexit-Konflikt in a nutshell shellfish. Das Cottage in Chomhairligh na gTannasgach in der Grafschaft Frughiuieclouch nahe der Flussmündung von Droch, Daorayennfingalloehicol und Rengawlegeiz – – nochmal: das Cottage, in dem Pádraig mit seinen Eltern und seinen Brüdern Seán, Murphy, Molloy und Sepp wohnt, befindet sich zur Hälfte auf irischem und zur Hälfte auf nordirischem Boden. Das könnte bald zum Problem werden. „Wenn der Hard Brexit kommt, verläuft die Grenze der Europäischen Union genau durch Pádraigs Wiege“, seufzt Vater Kieran. „Sein Kopf gehört dann der Königin von England, sein Rumpf Jean-Claude Juncker.“ Setzen sich in London die Extremisten durch, wird Pádraig in zwei Teile geschnitten – „das hat mir jemand im Pub erzählt.“

Kartoffeln? Leider schon aus

Natürlich könnten die O'Naomhuighthears sich anpassen. Sie könnten zur Gänze auf die nordirische Seite wechseln – oder auf die irische. Oder einfach Pádraigs Wiege in eine andere Ecke schieben. Aber Iren sind stur: „Wir hier haben ein Sprichwort“, sagt Éirne und ballt kämpferisch die Faust. „Arbeite, als ob du kein Geld verdienen müsstest; liebe, als ob dein Stall in Flammen steht; tanze, als ob du keine Hose anhättest! Aber das gehört nicht hierher. Noch etwas Stew, Schätzchen?“

Nebenan, im Dorfpub, wird hart diskutiert. Finbarr McGonococcal, ein rotbärtiger Riese von einem Mann, bearbeitet brüllend seinen Bürokollegen Flanagan FitzShenanigan: „Du dreckiger Abweichler! Du gehörst doch aufgeknüpft!“ Finbarr ist stolzer Ire, Flanagan lebt seit einer Generation in Nordirland (länger geht es für eine Einzelperson natürlich nicht, logisch). Schon prasseln die ersten Schläge, schon rollen die beiden über die Sägespäne des Pub-Bodens. Bei näherer Recherche stellt sich heraus, dass Flanagan sein Glas auf Finbarrs Bierdeckel abgestellt hat. Politisch hingegen passt zwischen die beiden Saufhähne kein Blatt Klee: „Ist doch völlig egal, ob einer hier oder ein paar Meter weiter drüben wohnt“, erklärt Finbarr und wischt sich das Blut vom Bierglas. „Wichtig ist, dass wir alle Iren sind!“ – „Genau“, nickt Flanagan, „und Nordiren!“

„Bei uns sagt man erst einmal ‚Guten Tag‘!“

Über die Wirtschaft machen sich die beiden Schlucker schon mehr Sorgen. Wenn der riesige Grenzbalken zwischen Nord- und Südhemisphäre wieder herunterdonnert, könnte der Handel Schaden nehmen. Nordirlands wichtigste Exportgüter in den Süden sind Whiskey, Buttered Eggs und Steckrüben, umgekehrt liefert die Republik Irland ihrem nördlichen Nachbarn jedes Jahr Unmengen an gebutterten Eiern, Runkelrüben und dem traditionellen keltischen Malzgetränk alkoholischen Inhalts („Whiskey“). Dieses fragile wirtschaftliche Gleichgewicht droht nun umzukippen und auszulaufen.

Die Ökonomin Beatha Uisce, die nebenberuflich im Pub die schmutzigen Gläser austrinkt, bringt es auf den Punkt: „Wir Iren haben ein Sprichwort: Wenn du der Harfe die Saiten durchschneidest, können die Leprechauns keine Musik mehr machen.“ Was sie damit – möglicherweise – sagen will: Eine harte Grenze würde viele Jobs vernichten, andere aber erst entstehen lassen. Etwa im Grenzschutz. Tausende Nord- und -iren stehen mit Schaufeln und Spaten bereit, um die Grenze in eine Seegrenze zu verwandeln. Und somit die unnatürliche Verbindung zwischen den beiden Landesteilen zu kappen. Gelänge es dann noch, die Isle of Man ein Stückchen weiter nach Norden zu schieben, dann gäbe es endlich einen Landweg von Belfast nach Schottland. Ein zentrales Versprechen der Brexiteers, für das sie – neben der Einführung von selbstfliegenden Brathühnern – von 52 Prozent aller Briten unterstützt wurden.

Die Sonne scheint, da sie keine Wahl hat, auf nichts Neues

Aber noch besteht Hoffnung. Das Zauberwort heißt „Backshop“ (oder so ähnlich). „Wir kämpfen für unsere offene Grenze!“ ruft Éirne O'Naomthiughear-NíDéanafaydh (oder so ähnlich; die junge Mutter vom Beginn des Textes, siehe oben). Flanagan FitzShenanigan, der plötzlich neben ihr steht, gibt ihr recht: „Wenn nötig, treten wir auch in Verhungerstreik, darin sind wir ganz groß!“ Denn wie lautet ein bekanntes (nord)irisches Sprichwort? „Wenn du einen Vogel an seinem Schwanz ziehst, wirst du niemals hören, wie gut gebratene Kartoffeln aussehen.“

Ralphs O'Jack

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Du, »Deutsche Welle«,

betiteltest einen Beitrag mit den Worten: »Europäer arbeiten immer weniger – muss das sein?« Nun, wir haben es uns wirklich nicht leicht gemacht, ewig und drei Tage überlegt, langjährige Vertraute um Rat gebeten und nach einem durchgearbeiteten Wochenende schließlich die einzig plausible Antwort gefunden. Sie lautet: ja.

Dass Du jetzt bitte nicht zu enttäuscht bist, hoffen die Workaholics auf

Deiner Titanic

 Nicht zu fassen, »Spiegel TV«!

Als uns der Youtube-Algorithmus Dein Enthüllungsvideo »Rechtsextreme in der Wikingerszene« vorschlug, wären wir fast rückwärts vom Bärenfell gefallen: In der Wikingerszene gibt es wirklich Rechte? Diese mit Runen tätowierten Outdoorenthusiast/innen, die sich am Wochenende einfach mal unter sich auf ihren Mittelaltermärkten treffen, um einer im Nationalsozialismus erdichteten Geschichtsfantasie zu frönen, und die ihre Hakenkreuzketten und -tattoos gar nicht nazimäßig meinen, sondern halt irgendwie so, wie die Nazis gesagt haben, dass Hakenkreuze vor dem Nationalsozialismus benutzt wurden, die sollen wirklich anschlussfähig für Rechte sein? Als Nächstes erzählst Du uns noch, dass Spielplätze von Kindern unterwandert werden, dass auf Wacken ein paar Metalfans gesichtet wurden oder dass in Flugzeugcockpits häufig Pilot/innen anzutreffen sind!

Nur wenn Du versuchst, uns einzureden, dass die Spiegel-Büros von Redakteur/innen unterwandert sind, glauben Dir kein Wort mehr:

Deine Blauzähne von Titanic

 Persönlich, Ex-Bundespräsident Joachim Gauck,

nehmen Sie inzwischen offenbar alles. Über den russischen Präsidenten sagten Sie im Spiegel: »Putin war in den Achtzigerjahren die Stütze meiner Unterdrücker.« Meinen Sie, dass der Ex-KGBler Putin und die DDR es wirklich allein auf Sie abgesehen hatten, exklusiv? In dem Gespräch betonten Sie weiter, dass Sie »diesen Typus« Putin »lesen« könnten: »Ich kann deren Herrschaftstechnik nachts auswendig aufsagen«.

Allerdings hielten Sie sich bei dessen Antrittsbesuch im Schloss Bellevue dann »natürlich« doch an die »diplomatischen Gepflogenheiten«, hätten ihm aber »schon zu verstehen gegeben, was ich von ihm halte«. Das hat Putin wahrscheinlich sehr erschreckt. So richtig Wirkung entfaltet hat es aber nicht, wenn wir das richtig lesen können. Wie wär’s also, Gauck, wenn Sie es jetzt noch mal versuchen würden? Lassen Sie andere Rentner/innen mit dem Spiegel reden, schauen Sie persönlich in Moskau vorbei und quatschen Sie Putin total undiplomatisch unter seinen langen Tisch.

Würden als Dank auf die Gepflogenheit verzichten, Ihr Gerede zu kommentieren:

die Diplomat/innen von der Titanic

 Genau einen Tag, Husqvarna Group (Stockholm),

nachdem das ungarische Parlament dem Nato-Beitritt Schwedens zugestimmt hatte, mussten wir was auf heise.de lesen? Dass auf Deinen Rasenmähern der »Forest & Garden Division« nach einem Software-Update nun der alte Egoshooter »Doom« gespielt werden kann!

Anders gesagt: Deine Divisionen marodieren ab sofort nicht nur lautstark mit Rasenmähern, Traktoren, Motorsägen, Motorsensen, Trennschleifern, Rasentrimmern, Laubbläsern und Vertikutierern durch unsere Gärten, sondern zusätzlich mit Sturmgewehren, Raketenwerfern und Granaten.

Falls das eine Demonstration der Stärke des neuen Bündnispartners sein soll, na schön. Aber bitte liefere schnell ein weiteres Software-Update mit einer funktionierenden Freund-Feind-Erkennung nach!

Hisst die weiße Fahne: Titanic

 Und übrigens, Weltgeist …

Adam Driver in der Rolle des Enzo Ferrari – das ist mal wieder großes Kino!

Grazie mille von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg