Newsticker

Angst essen Spielplan auf

Nach einer Warnung ihres Fußball-Fanverbandes vor unpünktlichen oder ausgefallenen Zügen der Deutschen Bahn, befürchten viele Schotten, während der Europameisterschaft die Spiele ihrer Mannschaft zu verpassen. Diese geheimen Ängste treiben die Fans der anderen EM-Teilnehmer um:

  • Italien: Dass sich Spieler ihrer Mannschaft beim theatralischen Herumwälzen ernsthaft verletzen / diese sagenumwobene Mafia, von der man in Italien immer wieder hört
  • Österreich: Aufgrund der unüberwindlichen Sprachbarriere von niemandem verstanden werden und fernab des Spielorts irgendwo hilflos stranden
  • Schweiz: Wegen der Verpflichtung zur Neutralität zwanghaft unentschieden spielen / von Fans anderer Nationen für Deutsche gehalten werden / nach durchzechter Nacht morgens neben einem Logopäden/einer Logopädin aufwachen
  • Dänemark: Dass ihr "danish dynamite" wegen der holprigen Bahnstrecken bereits auf der Fahrt zum Stadion explodiert / die gute Platzierung auf dem Glücksindex nach einer Niederlage mit richtig mieser Scheißlaune ruinieren
  • Frankreich: An schlechtem Essen versterben, während einem gleichzeitig der Himmel auf den Kopf fällt
  • Spanien: Dass sich die 12 bis 15 Katalanen unter den Spielern vor dem Finale überraschend vom Team abspalten / die La Ola im Stadion verpennen und gnadenlos ausgepfiffen werden
  • England: Sich wegen alkoholbedingter Filmrisse an gewonnene Elfmeterschießen nicht mehr erinnern können / auf der Herrentoilette von einem Schotten beim Upskirting erwischt werden
  • Rumänien: Die Anwesenheit von Vampirjägern im Gästeblock / Spiele in praller Sonne / Knoblauch in Stadionwürsten
  • Niederlande: Wegen der durch massenhaftes Kiffen völlig entspannten und superfreundlichen Deutschen einen Kulturschock bekommen

PH

Müters Söhne #6

Jugendliche und Alkohol

"Warum sollte ich mir mutwillig eine Alkoholvergiftung antrinken?"

Gideon ist 16 Jahre alt. Seine Mutter Viola Müter schreibt hier im wöchentlichen Wechsel über ihn und ihre anderen zwei Söhne im Alter von 5 und 12 Jahren. Die Mutter nennt sie liebevoll ihre "Mütersöhnchen".

Ich habe schon häufig gehört, dass Kinder ihren Eltern vorwerfen, nicht cool genug zu sein. Ich habe aber noch nie mitbekommen, dass eine Mutter sich öffentlich traut zu gestehen, dass sie ihren Sohn langweilig findet. Gideon gehört zu den Jugendlichen in Deutschland, die keine Lust auf Komasaufen haben. Laut einer Studie werden es immer mehr. "Warum sollte ich mir mutwillig eine Alkoholvergiftung antrinken?" fragt er abfällig. Es ist nicht so, dass Gideon gar keinen Alkohol trinkt. In der Pfalz wohnt ein Mann, den er "seinen Winzer" nennt. "Ich verachte einfach das sinnlose Besäufnis." Mir stellt sich die Frage, wie Gideon seinen ach so leckeren Weißburgunder wertschätzen kann, wenn er noch nie von Waldmeister-Schnaps gekotzt hat.

Ja, ich habe in meiner Jugend Komasaufen betrieben. Zu meiner Zeit war es eine angesagte Tätigkeit. Natürlich bin ich generell gegen übertriebenen Alkoholkonsum. Aber hat es mir geschadet? Im Gegenteil. Gideon verschließt allerdings die Augen vor den positiven Auswirkungen. Mein erstes Mal Komasaufen hatte ich im Alter von 15 Jahren in Cala Ratjada. Damals nannten wir den Partyort auf Mallorca scherzhaft Cala Ratata. Heute darf man das nicht mehr sagen. Die Jugendlichen haben keinen Humor mehr. Meine Erinnerungen an Cala Ratjada sind verschwommen. Sehr präsent ist hingegen, was mich sieben Liter Wodka Lemon an einem Abend gelehrt haben: dass ich International Business Management studieren möchte. Komasaufen war mein Work and Travel auf Bali.

Natürlich durchfuhr mich eine riesige Welle der Erleichterung, als Gideon mich neulich um Erlaubnis bat, in den Sommerferien mit seinen Freunden nach Lloret de Mar zu fliegen. Endlich, dachte ich, endlich ist Gideon bereit, eine außerkörperliche Erfahrung auf einer Schaumparty zu durchleben. Aber ich war naiv, habe mich vom Gefühl der Hoffnung blenden lassen. Mein Fehler. Gideons Plan für die Reise an die Costa Brava ist es, dort ein Kunstprojekt umzusetzen. Er und seine Freunde wollen den Alkoholmissbrauch bei Minderjährigen fotografisch festhalten und dabei die abstoßende Hässlichkeit des Komasaufens überspitzt darstellen. Mit dem Ziel, der Gesellschaft den Spiegel vorzuhalten, die den Exzess angeblich romantisiert. Wie einfallsreich.

Ich werde ihm die Reise nicht verbieten. Es liegt auf der Hand, dass er mit seinem Verhalten gegen mich und meinen Lebensweg rebelliert. Mir ist bewusst, dass es normal ist, dass Kinder gegen ihre Eltern rebellieren. Ich hätte mir nur gewünscht, Gideon würde anders rebellieren. Cooler. Mittlerweile fällt es mir einfach, es auszusprechen: Ja, ich finde Gideon langweilig. Und deshalb werde ich ihm unbemerkt eine Flasche Waldmeister-Schnaps in sein Gepäckstück legen.

Die Kolumne von Viola Müter erscheint jeden Donnerstag nur bei TITANIC.

Der nächste Anschlag ist immer der schwerste

Die Fußball-EM steht vor der Tür. Und mit ihr allerhand Gefahrenlagen! In Papieren der Sicherheitsbehörden wird sie als eines der meistgefährdeten Sportereignisse seit Langem bezeichnet. Folgende Szenarien und Maßnahmen werden aktuell in Polizeikreisen diskutiert.

Der ganze Artikel aus der aktuellen Maiausgabe (in Farbe): hier!

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Verehrte Joyce Carol Oates,

da Sie seit den Sechzigern beinah im Jahrestakt neue Bücher veröffentlichen, die auch noch in zahlreiche Sprachen übersetzt werden, kommen Sie vermutlich nicht dazu, jeden Verlagstext persönlich abzusegnen. Vielleicht können Sie uns dennoch mit ein paar Deutungsangeboten aushelfen, denn uns will ums Verrecken nicht einfallen, was der deutsche Ecco-Verlag im Sinn hatte, als er Ihren neuen Roman wie folgt bewarb: »›Babysitter‹ ist ein niederschmetternd beeindruckendes Buch, ein schonungsloses Porträt des Amerikas der oberen Mittelschicht sowie ein entlarvender Blick auf die etablierten Rollen der Frau. Oates gelingt es, all dies zu einem unglaublichen Pageturner zu formen. In den späten 1970ern treffen in Detroit und seinen Vorstädten verschiedene Leben aufeinander«, darunter »eine rätselhafte Figur an der Peripherie der Elite Detroits, der bisher jeglicher Vergeltung entkam«.

Bitte helfen Sie uns, Joyce Carol Oates – wer genau ist ›der Figur‹, dem es die elitären Peripherien angetan haben? Tragen die Leben beim Aufeinandertreffen Helme? Wie müssen wir uns ein Porträt vorstellen, das zugleich ein Blick ist? Wird das wehtun, wenn uns Ihr Buch erst niederschmettert, um dann noch Eindrücke auf uns zu hinterlassen? Und wie ist es Ihnen gelungen, aus dem unappetitlich plattgedrückten Matsch zu guter Letzt noch einen »Pageturner« zu formen?

Wartet lieber aufs nächste Buch: Titanic

 Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Im andalusischen Sevilla hast Du eine Kontroverse ausgelöst, der Grund: Auf dem Plakat für das Spektakel »Semana Santa« (Karwoche) habest Du zu freizügig ausgesehen, zu erotisch, ja zu hot!

Tja, und wie wir das besagte Motiv anschauen, verschlägt es uns glatt die Sprache. Dieser sehnsüchtige Blick, der kaum bedeckte anmutige Körper! Da können wir nur flehentlich bitten: Jesus, führe uns nicht in Versuchung!

Deine Dir nur schwer widerstehenden Ungläubigen von der Titanic

 Hej, Gifflar!

Du bist das Zimtgebäck eines schwedischen Backwarenherstellers und möchtest mit einer Plakatkampagne den deutschen Markt aufrollen. Doch so sehr wir es begrüßen, wenn nicht mehr allein Köttbullar, Surströmming und Ikeas Hotdogs die schwedische Küche repräsentieren, so tief bedauern wir, dass Du mit Deinem Slogan alte Klischees reproduzierst: »Eine Schnecke voll Glück«? Willst Du denn für alle Ewigkeiten dem Stereotyp der schwedischen Langsamkeit hinterherkriechen? Als regierten dort immer noch Sozialdemokraten, Volvo und Schwedenpornos?

Damit wirst Du nie der Lieblingssnack der Metropolenjugend!

Sagen Dir Deine Zimt- und Zuckerschnecken von Titanic

 Bild.de!

»Springer hatte im Januar bundesweit für Entsetzen gesorgt«, zwischentiteltest Du mit einem Mal überraschend selbstreferenziell. Und schriebst weiter: »Nach der Enthüllung des Potsdamer ›Remigrations‹-Treffens von AfD-Politikern und Rechtsextremisten postete Springer: ›Wir werden Ausländer zurückführen. Millionenfach. Das ist kein Geheimnis. Das ist ein Versprechen.‹« Und: »In Jüterbog wetterte Springer jetzt gegen ›dahergelaufene Messermänner‹ und ›Geld für Radwege in Peru‹«.

Dass es in dem Artikel gar nicht um Dich bzw. den hinter Dir stehenden Arschverlag geht, sondern lediglich der Brandenburger AfD-Vorsitzende René Springer zitiert wird, fällt da kaum auf!

Zumindest nicht Titanic

 Recht haben Sie, Uli Wickert (81)!

Recht haben Sie, Uli Wickert (81)!

Die Frage, weshalb Joe Biden in seinem hohen Alter noch mal für das Präsidentenamt kandidiert, anstatt sich zur Ruhe zu setzen, kommentieren Sie so: »Warum muss man eigentlich loslassen? Wenn man etwas gerne macht, wenn man für etwas lebt, dann macht man halt weiter, soweit man kann. Ich schreibe meine Bücher, weil es mir Spaß macht und weil ich nicht Golf spielen kann. Und irgendwie muss ich mich ja beschäftigen.«

Daran haben wir, Wickert, natürlich nicht gedacht, dass der sogenannte mächtigste Mann der Welt womöglich einfach keine Lust hat, aufzuhören, auch wenn er vielleicht nicht mehr ganz auf der Höhe ist. Dass ihn das Regieren schlicht bockt und ihm obendrein ein Hobby fehlt. Ja, warum sollte man einem alten Mann diese kleine Freude nehmen wollen!

Greifen Sie hin und wieder doch lieber zum Golfschläger statt zum Mikrofon, rät Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Konsequent

Die Welt steckt in der Spermakrise. Anzahl und Qualität der wuseligen Eileiter-Flitzer nehmen rapide ab. Schon in wenigen Jahren könnten Männer ihre Zeugungsfähigkeit vollständig verlieren. Grund hierfür sind die Verkaufsschlager aus den Laboren westlicher Großkonzerne. Diese Produkte machen den Schädling platt, das Plastik weich und das Braterlebnis fettfrei und wundersam. Erfunden wurden diese chemischen Erfolgsverbindungen von – Überraschung – Y-Chromosom-Trägern. Toll, dass sich Männer am Ende doch an der Empfängnisverhütung beteiligen.

Teresa Habild

 Citation needed

Neulich musste ich im Traum etwas bei Wikipedia nachschlagen. So ähnlich, wie unter »Trivia« oft Pub-Quiz-Wissen gesammelt wird, gab es da auf jeder Seite einen Abschnitt namens »Calia«, voll mit albernen und offensichtlich ausgedachten Zusatzinformationen. Dank Traum-Latinum wusste ich sofort: Na klar, »Calia« kommt von »Kohl«, das sind alles Verkohl-Facts! Ich wunderte mich noch, wo so ein Quatsch nun wieder herkommt, wusste beim Aufwachen aber gleich, unter welcher Kategorie ich das alles ins Traumtagebuch schreiben konnte.

Alexander Grupe

 In Würde altern

Früher hätte mich der riesige Pickel mitten auf meinem Hals stark gestört. Heute trage ich den wohl niedlichsten ausgeprägten Adamsapfel, den die Welt je gesehen hat, mit großem Stolz ein paar Tage vor mir her.

Ronnie Zumbühl

 Back to Metal

Wer billig kauft, kauft dreimal: Gerade ist mir beim zweiten Sparschäler innerhalb von 14 Tagen die bewegliche Klinge aus ihrer Plastikaufhängung gebrochen. Wer Sparschäler aus Kunststoff kauft, spart also am falschen Ende, nämlich am oberen!

Mark-Stefan Tietze

 Tödliche Pilzgerichte (1/1)

Gefühlte Champignons.

Lukas Haberland

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
18.05.2024 Wien, Rabenhoftheater Max Goldt
23.05.2024 Bielefeld, Theaterlabor Max Goldt
24.05.2024 Dresden, Buchladen Tante Leuk Thomas Gsella
30.05.2024 Frankfurt, Museum für Komische Kunst »POLO«