Humorkritik | Juli 2019

Juli 2019

Ich lache über Alles.
Gottfried Benn

Da röst’ mir doch einer ’nen Storch!

Eines der ermüdendsten humoristischen Formate ist meiner bescheidenen Ansicht nach jenes des sogenannten Roasts: Eine prominente Person wird öffentlich »gegrillt«, also mit Hohn und Witzen übergossen, und hat dabei nicht allzu beleidigt zu sein. Das deutsche Massenpublikum dürfte mit dieser amerikanischen Tradition, die ihre Wurzeln im New Yorker »Friars Club« hat, erstmals Anfang der 2000er Jahre konfrontiert worden sein, als Homer Simpson in der Episode »Gump Roast« zum Grill-Opfer in Springfields eigenem Gentlemen’s Club wird. Inzwischen gibt es auch hierzulande entsprechende Veranstaltungen, mit einer »Comedy Roast Show« gar eine öffentlich-rechtlich versendete TV-Gala, in der sich mir meist unbekannte – freilich modern in Selbstironie geschulte – Scherzbolde dem Spötteltribunal aussetzen.

Der Witz scheint mir hauptsächlich darin zu liegen, die Reaktionen der Beleidigten live miterleben zu können.
Zum Eklat kommt es nämlich nie, weil es zum einen wie gesagt ein Zeichen kontemporärer Professionalität ist, »Spaß zu verstehen«, zum anderen weil die Roastenden niemals gewisse – im Zweifel reizvolle – Geschmacksgrenzen überschreiten; vorherige Absprachen mit den »Roastees« bzgl. Tabus und Wunsch-Angriffspunkten sind gang und gäbe.

Genau dieses ohnehin reichlich fade Konzept wird nun mit der Netflix-Reihe »Historical Roasts« komplett aufgegeben: Die Zielscheiben sind hier historische, bereits tote Persönlichkeiten, womit eine Reaktion der Gerösteten verständlicherweise nicht möglich ist. Mit einer Episode, in deren Mittelpunkt Anne Frank steht, hat die Serie für einen kurzen Aufschrei gesorgt. Der bislang nicht allzu negativ in Erscheinung getretene Gilbert Gottfried mimte hierbei Adolf Hitler als Griller, die ganze Chose bewegte sich irgendwo zwischen banal und geschmacklos.

Sollten Sie nach meiner pflichtschuldigen Erwähnung dieses Tiefpunkts trotzdem Lust haben, einen Roast anzuschauen, dann suchen Sie bei Youtube wahlweise nach Norm MacDonalds Roast auf Bob Saget oder Andy Sambergs Roast auf James Franco und sehen Sie, auf welche Weise man diesen Quatsch unterhaltsam gestalten kann – nämlich subversiv und alle Erwartungen unterlaufend.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Hey, »Dyn Sports«!

Bitte für zukünftige Moderationen unbedingt merken: Die Lage eines Basketballers, der nach einem Sturz »alle Viere von sich streckt«, ist alles Mögliche, aber bestimmt nicht »kafkaesk«. Sagst Du das bitte nie wieder?

Fleht Titanic

 Ah, »Galileo«!

Über die Arbeit von Türsteher/innen berichtest Du: »Viele Frauen arbeiten sogar als Türsteherinnen«. Wir setzen noch einen drauf und behaupten: In dieser Branche sogar alle!

Schmeißen diese Erkenntnis einfach mal raus:

Deine Pointen-Bouncer von Titanic

 Hoppla, Berliner Gefängnischefs!

Drei von Euch haben laut Tagesspiegel wegen eines Fehlers der schwarz-roten Regierungskoalition statt einer Gehaltserhöhung weniger Geld bekommen. Aber der Ausbruch von Geldnöten soll durch einen Nachtragshaushalt verhindert werden. Da ja die Freundschaft bekanntlich beim Geld endet: Habt Ihr drei beim Blick auf Eure Kontoauszüge mal kurz über eine Ersatzfreiheitsstrafe für die nachgedacht, die das verbrochen haben?

Wollte diese Idee nur mal in den Raum stellen: Titanic

 Wir wollten, »SZ«,

nur mal schnell Deine Frage »Gedenkbäume absägen. Hinweistafeln mit Hakenkreuzen beschmieren. Wer macht sowas?« beantworten: Nazis.

Für mehr investigative Recherchen wende Dich immer gerne an Titanic

 Hello, Grant Shapps (britischer Verteidigungsminister)!

Eine düstere Zukunft haben Sie in einem Gastbeitrag für den Telegraph zum 75jährigen Bestehen der Nato skizziert. Sie sehen eine neue Vorkriegszeit gekommen, da sich derzeit Mächte wie China, Russland, Iran und Nordkorea verbündeten, um die westlichen Demokratien zu schwächen. Dagegen hülfen lediglich eine Stärkung des Militärbündnisses, die weitere Unterstützung der Ukraine und Investitionen in Rüstungsgüter und Munition. Eindringlich mahnten Sie: »Wir können uns nicht erlauben, Russisch Roulette mit unserer Zukunft zu spielen.«

Wir möchten aber zu bedenken geben, dass es beim Russisch Roulette umso besser fürs eigene Wohlergehen ist, je weniger Munition im Spiel ist und Patronen sich in der Trommel befinden.

Den Revolver überhaupt vom eigenen Kopf fernhalten, empfehlen Ihre Croupiers von der Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Altersspezifisch

Ich gehöre noch zu einer Generation, deren Sätze zu häufig mit »Ich gehöre noch zu einer Generation« anfangen.

Andreas Maier

 Gute Nachricht:

Letzte Woche in der Therapie einen riesigen Durchbruch gehabt. Schlechte Nachricht: Blinddarm.

Laura Brinkmann

 Tödliche Pilzgerichte (1/1)

Gefühlte Champignons.

Lukas Haberland

 Konsequent

Die Welt steckt in der Spermakrise. Anzahl und Qualität der wuseligen Eileiter-Flitzer nehmen rapide ab. Schon in wenigen Jahren könnten Männer ihre Zeugungsfähigkeit vollständig verlieren. Grund hierfür sind die Verkaufsschlager aus den Laboren westlicher Großkonzerne. Diese Produkte machen den Schädling platt, das Plastik weich und das Braterlebnis fettfrei und wundersam. Erfunden wurden diese chemischen Erfolgsverbindungen von – Überraschung – Y-Chromosom-Trägern. Toll, dass sich Männer am Ende doch an der Empfängnisverhütung beteiligen.

Teresa Habild

 Die wahre Strafe

Verhaftet zu werden und in der Folge einen Telefonanruf tätigen zu müssen.

Fabio Kühnemuth

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
06.05.2024 Hannover, Pavillon Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
06.05.2024 Hamburg, Centralkomitee Ella Carina Werner
07.05.2024 Köln, Stadthalle Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
07.05.2024 Frankfurt am Main, Club Voltaire »TITANIC-Peak-Preview« mit Kathrin Hartmann