Humorkritik | November 2018

November 2018

Lachen ist auch so eine Kraft der Schwachen!
Bertolt Brecht

… muss nicht sein

»So viel Zeit« von Regisseur Philipp Kadelbach, angepriesen als Film voll »Witz und Melancholie«, wäre ein guter Beitrag für einen Vorhersehbarkeitswettbewerb.

Der Endvierziger Rainer (Jan Josef Liefers), Vater eines Sohnes und geschieden, bekommt von einer Ärztin erklärt, er habe einen Gehirntumor. Er solle sich darauf einstellen, bald einen Operationstermin zu erhalten, an dem man sein Leben zumindest noch um ein Jahr verlängern könne. Dies wird so ausführlich abgehandelt, dass jeder, der nicht zum allerersten Mal im Kino sitzt, die spätere Terminkollision zu ahnen beginnt.

Der Todgeweihte war früher Mitglied einer Deutschrockband. Zwar ist er mit den vormaligen Mitgliedern zerstritten, will aber nun, gewissermaßen als letzter Wille, eine Reunion, um noch einmal ein Konzert zu spielen. Obwohl Rainer bei seinen ehemaligen Mitstreitern durchweg abblitzt und ihm bei einem unangekündigten Besuch in einer Kneipe sogar mit Prügel gedroht wird, gibt es keinen Zweifel daran, dass die vom Leben enttäuschten Herren bald ihre Meinung ändern und den alten Rockstar-Traum wieder aufnehmen werden: Nach zwanzig Minuten Filmlänge ist also klar, dass sich die Mitglieder a) zusammenraufen werden und es b) zu einer Terminkollision zwischen Tumor-OP und Konzert kommen wird. So ist es dann auch, der Auftritt steht auf der Kippe, weil Rainer auf dem OP-Tisch liegt, aber als alles verloren scheint und das Konzert schon abgesagt ist, überlegt er es sich anders, hüpft aus dem Bett und im Krankenhauskittel auf die Bühne. Das Konzert wird erwartungsgemäß ein großer Erfolg. Zwischendurch stehen die »Scorpions« zwei Mal unmotiviert in den Kulissen herum, dann ist der Film zu Ende. Zum Glück.

Nicht unerwähnt bleiben soll allerdings, dass Matthias Bundschuh als wandweißer, desillusionierter Burn-Out-Lehrer und Bassist eine umhauend gute Besetzung und sein Beziehungsgeständnis vor vollbesetzter, aber vom Smartphone abgelenkter Klasse ein kleines Highlight des Films ist; ein Highlight freilich, das inmitten großer Finsternis erstrahlt.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ach, Scheuer-Andi,

wie der Spiegel meldet, wird niemand für Sie in den Bundestag nachrücken. Da scheinen die Fußstapfen wohl einfach zu groß zu sein.

Die Besten gehen immer zu früh …

Weiß Titanic

 Grüß Gott, Businesspäpstin Diana zur Löwen!

Du verkaufst seit Neuestem einen »Anxiety Ring«, dessen »bewegliche Perlen« beim Stressabbau helfen sollen. Mal abgesehen davon, dass das einfach nur das hundertste Fummelspielzeug ist, kommen uns von ihren Nutzer/innen glorifizierte und zur Seelenerleichterung eingesetzte bewegliche Perlen an einer Kette verdächtig bekannt vor.

Ist für Dich natürlich super, denn auch wenn Du Deinen treuen Fans skrupellos das Geld aus der Tasche ziehst, in die Hölle kommst Du zumindest für diese Aktion sicher nicht.

Auch wenn dafür betet:

Deine Titanic

 Clever, »Brigitte«!

Du lockst mit der Überschrift »Fünf typische Probleme intelligenter Menschen«, und wir sind blöd genug, um draufzuklicken. Wir lernen, dass klug ist: wer mehr denkt, als er spricht, wer sich ungeschickt im Smalltalk anstellt, wer sich im Job schnell langweilt, wer sich mit Entscheidungen schwertut, wer bei Streit den Kürzeren zieht und wer ständig von Selbstzweifeln geplagt wird.

Frustriert stellen wir fest, dass eigentlich nichts von alledem auf uns zutrifft. Und als die Schwachköpfe, die wir nun einmal sind, trauen wir uns fast gar nicht, Dich, liebe Brigitte, zu fragen: Waren das jetzt nicht insgesamt sechs Probleme?

Ungezählte Grüße von Deiner Titanic

 Aha bzw. aua, Voltaren!

Das wussten wir gar nicht, was da in Deiner Anzeige steht: »Ein Lächeln ist oft eine Maske, die 1 von 3 Personen aufsetzt, um Schmerzen zu verbergen. Lass uns helfen. Voltaren.«

Mal von der Frage abgesehen, wie Du auf die 1 von 3 Personen kommst, ist es natürlich toll, dass Du offenbar eine Salbe entwickelt hast, die das Lächeln verschwinden lässt und den Schmerz zum Vorschein bringt!

Gratuliert salbungsvoll: Titanic

 Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Im andalusischen Sevilla hast Du eine Kontroverse ausgelöst, der Grund: Auf dem Plakat für das Spektakel »Semana Santa« (Karwoche) habest Du zu freizügig ausgesehen, zu erotisch, ja zu hot!

Tja, und wie wir das besagte Motiv anschauen, verschlägt es uns glatt die Sprache. Dieser sehnsüchtige Blick, der kaum bedeckte anmutige Körper! Da können wir nur flehentlich bitten: Jesus, führe uns nicht in Versuchung!

Deine Dir nur schwer widerstehenden Ungläubigen von der Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Finanz-Blues

Wenn ich bei meiner langjährigen Hausbank anrufe, meldet sich immer und ausnahmslos eine Raiffeisenstimme.

Theobald Fuchs

 Im Institut für Virologie

Jeder Gang macht krank.

Daniel Sibbe

 Spielregeln

Am Ende einer Mensch-ärgere-dich-nicht-Partie fragt der demente Herr, ob er erst eine Sechs würfeln muss, wenn er zum Klo will.

Miriam Wurster

 Back to Metal

Wer billig kauft, kauft dreimal: Gerade ist mir beim zweiten Sparschäler innerhalb von 14 Tagen die bewegliche Klinge aus ihrer Plastikaufhängung gebrochen. Wer Sparschäler aus Kunststoff kauft, spart also am falschen Ende, nämlich am oberen!

Mark-Stefan Tietze

 Die wahre Strafe

Verhaftet zu werden und in der Folge einen Telefonanruf tätigen zu müssen.

Fabio Kühnemuth

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hannover, TAK Ella Carina Werner
01.05.2024 Berlin, 1.-Mai-Fest der PARTEI Martin Sonneborn mit Sibylle Berg