Humorkritik | August 2016

August 2016

My dream in life is to write the one gag that makes everyone in the world laugh.
Jim Davis

Like a Rolling Stone

Groll darüber, daß einem wieder mal eine originelle Idee weggeschnappt wurde, aber natürlich auch Respekt für denjenigen, der diese Idee hatte, wohnen und streiten in meiner Brust angesichts Martin Lassbergs Roman »Steinroller« (Piper), des (man korrigiere mich, falls ich falsch informiert bin) ersten Krimis, der in der Steinzeit spielt. Da hätte man ja wohl auch selber draufkommen können. Und was hätte der selbst schon nahezu steinzeitalte Mentz, verfügte er denn – was freilich nicht der Fall ist – über dichterische Ambitionen, daraus für Funken geschlagen!

Ich muß jedoch konzedieren, daß auch Lassberg einiges aus dem Thema gemacht hat. Einerseits, indem er das Angebot zu archaischer und anarchischer Regression, das ihm das Setting Steinzeit bietet, dankend annimmt – da wird sehr freizügig dem Geschlechtsverkehr gefrönt, aber auch dem nonverbalen Ausfechten von Interessensgegensätzen –, andererseits, indem er die präzivilisatorischen Umstände für satirische Ausblicke auf jene Formen der »Kultiviertheit« nutzt, zu denen es der Homo sapiens bis heute gebracht hat: Tourismus, Kapitalismus, Finanzverwaltung, all das ist im steinzeitlichen Jägerdorf in zarten Keimen bereits angelegt. Und dafür dann der ganze Evolutionsaufwand!

»Steinroller« ist ein solider Krimi mit charismatischem Personal und schwungvollem Spannungsbogen und nicht zuletzt ein komisches, bisweilen albernes Buch: Angefangen damit, daß der Held Steinroller den Beruf Kommissar erfindet, weil er ein Faible für Wörter mit zwei doppelten Konsonanten hat, über den regen Erfindergeist, dem Steinrollers Sippe nicht nur Sinnvolles wie »Kühlhöhle«, »Keulenheilerei«, »Schnupffell« und ein berädertes Fahrzeug mit »Sommerprofil« verdankt (»Im Winter nimmt man grobe Steine«), bis hin zu einem »Jäger ärgere dich nicht«-Spiel und Witzen über Neandertaler. Geblieben ist mein Respekt für einen unspektakulären, unterhaltsamen Roman, verflogen ist mein Groll – und ersetzt durch eine gewisse Wehmut: Daß früher alles besser war, weiß ich aus eigener Anschauung; die Erfahrung, wie lustig es in der Steinzeit zuging, wurde mir leider nicht persönlich zuteil.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Hä, »Spiegel«?

»Aber gesund machen wird diese Legalisierung niemanden!« schreibst Du in einem Kommentar zum neuen Cannabisgesetz. »Ach, echt nicht?« fragen wir uns da verblüfft. Wir waren bisher fest vom Gegenteil überzeugt. Immerhin haben Kiffer/innen oft sehr gute feinmotorische Fähigkeiten, einen gesunden Appetit und ärgern sich selten. Hinzu kommen die unzähligen Reggaesongs, in denen das Kiffgras als »Healing of the Nation« bezeichnet wird. All dies willst Du nun tatsächlich infrage stellen? Da lieber noch mal ganz in Ruhe drüber nachdenken!

Empfehlen Deine Blättchenfreund/innen von Titanic

 Ganz schön kontrovers, James Smith,

was Du als Mitglied der britischen Band Yard Act da im Interview mit laut.de vom Stapel gelassen hast. Das zu Werbezwecken geteilte Zitat »Ich feiere nicht jedes Cure-Album« hat uns jedenfalls so aufgewühlt, dass wir gar nicht erst weitergelesen haben.

Wir mögen uns nicht ausmalen, zu was für heftigen Aussagen Du Dich noch hast hinreißen lassen!

Findet, dass Provokation auch ihre Grenzen haben muss: Titanic

 Kurze Anmerkung, Benedikt Becker (»Stern«)!

»Wer trägt heute noch gerne Krawatte?« fragten Sie rhetorisch und machten den Rollkragenpullover als neues It-Piece der Liberalen aus, v. a. von Justizminister Marco Buschmann und Finanzminister Christian Lindner, »Was daran liegen mag, dass der Hals auf die Ampelkoalition besonders dick ist. Da hilft so eine Halsbedeckung natürlich, den ganzen Frust zu verbergen.«

Schon. Aber wäre es angesichts des Ärgers der beiden Freien Demokraten über SPD und Grüne nicht passender, wenn sie mal wieder so eine Krawatte hätten?

Ebenso stilistisch versiert wie stets aus der Mode: Titanic

 Du, »Hörzu Wissen«,

weißt, wie Werbung geht! Mit »Die Sucht zu töten« machtest Du so richtig Lust auf Deine aktuelle Ausgabe, um erläuternd nachzulegen: »Bestialisch, sadistisch, rätselhaft: Was Menschen zu mordenden Monstern macht – acht Täter und die Geschichten ihrer grausamen Verbrechen.«

Wer kann sich da der Faszination der »dunklen Welt der Serienkiller« noch entziehen? Aber am Ende, liebe Hörzu Wissen, ist in diesem Zusammenhang doch die Implikation Deines Slogans »Hörzu Wissen – das Magazin, das schlauer macht!« das Allergruseligste!

Da erschauert sogar

Die True-Crime-resistente Redaktion der Titanic

 Könnte es sein, »ARD-Deutschlandtrend«,

dass Dein Umfrageergebnis »Mehrheit sieht den Frieden in Europa bedroht« damit zusammenhängt, dass seit über zwei Jahren ein Krieg in Europa stattfindet?

Nur so eine Vermutung von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Im Institut für Virologie

Jeder Gang macht krank.

Daniel Sibbe

 Altersspezifisch

Ich gehöre noch zu einer Generation, deren Sätze zu häufig mit »Ich gehöre noch zu einer Generation« anfangen.

Andreas Maier

 Gute Nachricht:

Letzte Woche in der Therapie einen riesigen Durchbruch gehabt. Schlechte Nachricht: Blinddarm.

Laura Brinkmann

 Immerhin

Für mich das einzig Tröstliche an komplexen und schwer zugänglichen Themen wie etwa Quantenmechanik, Theodizee oder den Hilbertschen Problemen: Letztlich ist das alles keine Raketenwissenschaft.

Michael Ziegelwagner

 Vom Feeling her

Es hat keinen Sinn, vor seinen Gefühlen wegzulaufen. Man muss sich schon auch mal hinter einem Baum verstecken und warten, dass die das nicht merken und an einem vorbeiziehen, sonst bringt das ja alles nichts.

Loreen Bauer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg