Humorkritik | November 2014

November 2014

Schlechte Gedichte müssen schon außerordentlich gut sein, um wirklich komisch zu sein.
Peter Hacks

Zimmermanns Freund

Die achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts werden derzeit in Mode und insbesondere Musik ausgiebig zitiert. Dagegen ist meinerseits nichts zu sagen, weil dabei auch so subversive und lustige Bands wie »Die Zimmermänner« wieder aufgetrieben werden. Timo Blunck und Detlef Diederichsen, damals noch als »Ede & Die Zimmermänner« (eine Hommage an Eduard Zimmermann von »Aktenzeichen XY«), spielten in ihren Anfängen hauptsächlich Ska. Später gerieten sie mit der »Neuen Deutschen Welle« an den Rand der Charts und durften sogar in der Sendung »Formel Eins« auftreten. In ihren besten Momenten klingen sie wie die deutsche Version von Spandau Ballet, aber sie haben auch keine Angst vor trashigeren Rhythmen und Melodien.

Der Erfolg der Zimmermänner liegt m.E. in der Verbindung von Feelgood-Grooves und Easy-Listening, gern auch im wohligen Dreivierteltakt; mit Texten, die abgründlich ins Bodenlose schauen. Ein schönes Beispiel dafür: »Meine Freundin ist ’ne Leiche«, eine Nekro-Romanze mit harmloser Popmelodie, die sicherlich auch Kindern gefallen würde, wären da nicht die etwas verstörenden Lyrics: »Ich rieche meine Freundin des Nachts / ich fülle sie mit Holzwolle / der böse Gott erschien mir heute Nacht / auf einem Nudistenfest.«

Sagte ich »harmlose Popmelodie«? Blunck & Diederichsen sind auch als Komponisten nicht zu unterschätzen und bei aller Blödelei hochmusikalisch. Überraschende Enden gehören fest zu ihrem Repertoire, wie beim »Tod einer Herzattacke« oder dem wunderbaren Stück »Weil ich dich liebe«. An anderer Stelle wird die Revolution im Privaten erprobt, mit Hang zum T-Shirt-Spruch (»Ich bleibe auch ohne dich ein schönes Paar«), oder das Volkslied neu erfunden (»Bäuerin, reich mir die Äpfel«). Die Ähnlichkeit mit Max Goldts »Foyer des Arts« erstaunt. Wer also deren musikalisches Schaffen noch im Ohr und Gefallen daran hat, der sollte auch mit den Zimmermännern glücklich werden.

Timo Blunck ist mittlerweile Musikproduzent, Detlef Diederichsen Musikjournalist (wie auch sein etwas berühmterer Bruder Diedrich). Mit »Ein Hund namens Arbeit« ist gerade eine neue CD erschienen (Tapete Records); leider sind Blunck und Diederichsen leicht altersmilde geworden, ihre neuen Texte daher etwas zahnlos, und auch die Musik orientiert sich mittlerweile mehr am Schlager, als ihr guttut. Gut, daß zugleich eine Box-Ausgabe des Gesamtwerkes unter dem schönen Titel »Die Wäscheleinen waren lang« erschienen ist (auch bei Tapete). Darin enthalten sind die alten Alben »1001 Wege Sex zu machen ohne daran Spaß zu haben«, »Goethe«, »Zurück in die Zirkulation«, »Das Jahr der fliegenden Fische«, und »Live in P’s Carnegie Hall«. Es gibt also rein gar keine Gründe mehr, diese famose Band nicht zu kennen.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Im andalusischen Sevilla hast Du eine Kontroverse ausgelöst, der Grund: Auf dem Plakat für das Spektakel »Semana Santa« (Karwoche) habest Du zu freizügig ausgesehen, zu erotisch, ja zu hot!

Tja, und wie wir das besagte Motiv anschauen, verschlägt es uns glatt die Sprache. Dieser sehnsüchtige Blick, der kaum bedeckte anmutige Körper! Da können wir nur flehentlich bitten: Jesus, führe uns nicht in Versuchung!

Deine Dir nur schwer widerstehenden Ungläubigen von der Titanic

 Clever, »Brigitte«!

Du lockst mit der Überschrift »Fünf typische Probleme intelligenter Menschen«, und wir sind blöd genug, um draufzuklicken. Wir lernen, dass klug ist: wer mehr denkt, als er spricht, wer sich ungeschickt im Smalltalk anstellt, wer sich im Job schnell langweilt, wer sich mit Entscheidungen schwertut, wer bei Streit den Kürzeren zieht und wer ständig von Selbstzweifeln geplagt wird.

Frustriert stellen wir fest, dass eigentlich nichts von alledem auf uns zutrifft. Und als die Schwachköpfe, die wir nun einmal sind, trauen wir uns fast gar nicht, Dich, liebe Brigitte, zu fragen: Waren das jetzt nicht insgesamt sechs Probleme?

Ungezählte Grüße von Deiner Titanic

 Ein Vorschlag, Clemens Tönnies …

Ein Vorschlag, Clemens Tönnies …

Während Ihrer Zeit im Aufsichtsrat bei Schalke 04 sollen Sie in der Halbzeitpause einmal wutentbrannt in die Kabine gestürmt sein und als Kommentar zur miserablen Mannschaftsleistung ein Trikot zerrissen haben. Dabei hätten Sie das Trikot viel eindrücklicher schänden können, als es bloß zu zerfetzen, Tönnies!

Sie hätten es, wie Sie es aus Ihrem Job kennen, pökeln, durch den verschmutzten Fleischwolf drehen und schließlich von unterbezahlten Hilfskräften in minderwertige Kunstdärme pressen lassen können.

Aber hinterher ist man immer schlauer, gell?

Dreht Sie gern durch den Satirewolf: Titanic

 Ganz schön kontrovers, James Smith,

was Du als Mitglied der britischen Band Yard Act da im Interview mit laut.de vom Stapel gelassen hast. Das zu Werbezwecken geteilte Zitat »Ich feiere nicht jedes Cure-Album« hat uns jedenfalls so aufgewühlt, dass wir gar nicht erst weitergelesen haben.

Wir mögen uns nicht ausmalen, zu was für heftigen Aussagen Du Dich noch hast hinreißen lassen!

Findet, dass Provokation auch ihre Grenzen haben muss: Titanic

 Hoppla, Berliner Gefängnischefs!

Drei von Euch haben laut Tagesspiegel wegen eines Fehlers der schwarz-roten Regierungskoalition statt einer Gehaltserhöhung weniger Geld bekommen. Aber der Ausbruch von Geldnöten soll durch einen Nachtragshaushalt verhindert werden. Da ja die Freundschaft bekanntlich beim Geld endet: Habt Ihr drei beim Blick auf Eure Kontoauszüge mal kurz über eine Ersatzfreiheitsstrafe für die nachgedacht, die das verbrochen haben?

Wollte diese Idee nur mal in den Raum stellen: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Konsequent

Die Welt steckt in der Spermakrise. Anzahl und Qualität der wuseligen Eileiter-Flitzer nehmen rapide ab. Schon in wenigen Jahren könnten Männer ihre Zeugungsfähigkeit vollständig verlieren. Grund hierfür sind die Verkaufsschlager aus den Laboren westlicher Großkonzerne. Diese Produkte machen den Schädling platt, das Plastik weich und das Braterlebnis fettfrei und wundersam. Erfunden wurden diese chemischen Erfolgsverbindungen von – Überraschung – Y-Chromosom-Trägern. Toll, dass sich Männer am Ende doch an der Empfängnisverhütung beteiligen.

Teresa Habild

 Tödliche Pilzgerichte (1/1)

Gefühlte Champignons.

Lukas Haberland

 Dual Use

Seit ich meine In-Ear-Kopfhörer zugleich zum Musikhören und als Wattestäbchen verwende, stört es mich gar nicht mehr, wenn beim Herausnehmen der Ohrstöpsel in der Bahn getrocknete Schmalzbröckelchen rauspurzeln.

Ingo Krämer

 Frage an die Brutschmarotzer-Ornithologie

Gibt es Kuckucke, die derart hinterhältig sind, dass sie ihre Eier anderen Kuckucken unterjubeln, damit die dann fremde Eier in fremde Nester legen?

Jürgen Miedl

 Citation needed

Neulich musste ich im Traum etwas bei Wikipedia nachschlagen. So ähnlich, wie unter »Trivia« oft Pub-Quiz-Wissen gesammelt wird, gab es da auf jeder Seite einen Abschnitt namens »Calia«, voll mit albernen und offensichtlich ausgedachten Zusatzinformationen. Dank Traum-Latinum wusste ich sofort: Na klar, »Calia« kommt von »Kohl«, das sind alles Verkohl-Facts! Ich wunderte mich noch, wo so ein Quatsch nun wieder herkommt, wusste beim Aufwachen aber gleich, unter welcher Kategorie ich das alles ins Traumtagebuch schreiben konnte.

Alexander Grupe

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
08.05.2024 Wiesbaden, Schlachthof Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
09.05.2024 Zürich, Friedhof Forum Thomas Gsella
09.05.2024 München, Volkstheater Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
10.05.2024 Weil am Rhein, Kulturzentrum Kesselhaus Thomas Gsella