Humorkritik | Dezember 2013

Dezember 2013

Ungeheuer, komisch

Wäre es nicht gelacht, wenn ich in einem 681 Seiten (von denen allerdings die meisten aus erzähltechnischen Schickimickischnickschnackgründen nur zur Hälfte bedruckt sind) dicken Roman der diesjährigen dt. Buchpreisträgerin nicht den einen oder anderen Neuzugang für meine Sammlung unfreiwilligen Humors verbuchen könnte? Rhetorische Frage.

Schon auf Seite 28 (also eigentlich eher 14) von Terézia Moras selbstverständlich ungeheuer gelobtem Wälzer »Das Ungeheuer« (Luchterhand) wurde ich fündig: Die Formulierung »das gänsehautreibende Knirschgeräusch« ist nicht nur unelegant, sondern hinterläßt Fragen: Wer oder was ein Gänsehau ist und wie ein Knirschgeräusch den oder das Gänsehau treiben kann – und wohin? Und warum?

Auf Seite 36 (18) stolperte ich über das Knirschgeräusch, welches »seine dromedarhafte Freundin« verursacht. Einen sehr empfindlichen Leser kann so etwas derart aufregen, daß »eine nie gehörte Schimpftirade aus seinem Mund spritzte«. So was gibt es. Und natürlich gibt es auch eine gewisse Form von Ver(w)irrung: »Aus unbekannten Gründen fand er es nicht angebracht, denselben Pfad hinaus zu nehmen, den er hinein genommen hatte, er schlug sich, nicht fluchend, zur anderen Seite des Gestrüpps durch – wenn es eine andere Seite gegeben hätte. Aber es gab praktisch keine andere Seite.«

Doch, die gibt es praktisch, die eine oder andere, von mir nicht fluchend, sondern kopfschüttelnd zur Kenntnis genommene Seite in diesem vorbildlich aufgebrezelten, selten gelesenen Unsinn verspritzenden Gedankengestrüpp – zum Beispiel die Seite 424, auf der dann aus unbekannten Gründen mal was richtig Richtiges zu stehen kommt: »Den Weg in den Irrglauben erkennst du an den Stilblüten, mit denen er gesäumt ist.« Und dito den Weg in die Hochachtung der Literaturkritik – wenn es eine solche noch gäbe.

Und die Moral von der Mora-Geschicht’? Die vertiefen wir in der nächsten Stunde am Beispiel von Thomas Glavinics neuem Roman »Das größere Wunder«. Hausaufgabe: Beschreibe treffend ein aus dem Mund spritzendes Tier, das deiner Freundin/deinem Freund am ähnlichsten sieht.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ganz schön unentspannt, Giorgia Meloni!

Ganz schön unentspannt, Giorgia Meloni!

Nachdem Sie eine Klage wegen Rufschädigung eingereicht haben, wird nun voraussichtlich ein Prozess gegen den britischen Rockstar Brian Molko eingeleitet. Dieser hatte Sie bei einem Konzert seiner Band Placebo in Turin als Nazi und Faschistin bezeichnet.

Wir finden, da könnten Sie sich mal etwas lockermachen. Wer soll denn bitte noch durchblicken, ob Sie gerade »Post-«, »Proto-« oder »Feelgood-« als Präfix vor »Faschistin« bevorzugen? Und: Wegen solcher Empflichkeiten gleich vor Gericht zu gehen, kostet die Justiz so viel wertvolle Zeit. Die könnte sie doch auch nutzen, um Seenotretter/innen dingfest zu machen oder kritische Presse auszuschalten. Haben Sie darüber schon mal nachgedacht, Sie Snowflake?

Schlägt ganz gelassen vor: Titanic

 Wir wollten, »SZ«,

nur mal schnell Deine Frage »Gedenkbäume absägen. Hinweistafeln mit Hakenkreuzen beschmieren. Wer macht sowas?« beantworten: Nazis.

Für mehr investigative Recherchen wende Dich immer gerne an Titanic

 Du, »Hörzu Wissen«,

weißt, wie Werbung geht! Mit »Die Sucht zu töten« machtest Du so richtig Lust auf Deine aktuelle Ausgabe, um erläuternd nachzulegen: »Bestialisch, sadistisch, rätselhaft: Was Menschen zu mordenden Monstern macht – acht Täter und die Geschichten ihrer grausamen Verbrechen.«

Wer kann sich da der Faszination der »dunklen Welt der Serienkiller« noch entziehen? Aber am Ende, liebe Hörzu Wissen, ist in diesem Zusammenhang doch die Implikation Deines Slogans »Hörzu Wissen – das Magazin, das schlauer macht!« das Allergruseligste!

Da erschauert sogar

Die True-Crime-resistente Redaktion der Titanic

 Hej, Gifflar!

Du bist das Zimtgebäck eines schwedischen Backwarenherstellers und möchtest mit einer Plakatkampagne den deutschen Markt aufrollen. Doch so sehr wir es begrüßen, wenn nicht mehr allein Köttbullar, Surströmming und Ikeas Hotdogs die schwedische Küche repräsentieren, so tief bedauern wir, dass Du mit Deinem Slogan alte Klischees reproduzierst: »Eine Schnecke voll Glück«? Willst Du denn für alle Ewigkeiten dem Stereotyp der schwedischen Langsamkeit hinterherkriechen? Als regierten dort immer noch Sozialdemokraten, Volvo und Schwedenpornos?

Damit wirst Du nie der Lieblingssnack der Metropolenjugend!

Sagen Dir Deine Zimt- und Zuckerschnecken von Titanic

 Weiter so, uruguayischer Künstler Pablo Atchugarry!

Eine angeblich von Ihnen geschaffene Bronzeskulptur im englischen Cambridge soll an Prinz Philip erinnern, der dort von 1977 bis 2011 Kanzler der Universität war. Allerdings wird das Kunstwerk, das im Auftrag eines reichen Bauträgers angefertigt wurde, von vielen als verunglückt empfunden und zieht seit nunmehr zehn Jahren Spott auf sich.

Dass Sie mittlerweile die Urheberschaft leugnen, um Ihr Renommee als Künstler zu schützen, ist zwar verständlich, aber aus unserer Sicht völlig unnötig. Wenn sich das Konzept durchsetzt, lästige Promis, die uns über Jahrzehnte viel Zeit, Geld und Nerven gekostet haben, mit langlebigen Schrott-Monumenten zu schmähen, werden Sie sich vor Aufträgen bald kaum noch retten können. Und das Beste: Weil andere Großkopferte sich mit ihren Eskapaden zurückhalten würden, um nicht von Ihnen verewigt zu werden, sorgten Sie auch noch für Ruhe und gesellschaftlichen Frieden.

Hofft, dass dieser Vorschlag einen Stein ins Rollen bringt: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 100 % Maxx Dad Pow(d)er

Als leidenschaftlicher Kraftsportler wünsche ich mir, dass meine Asche eines Tages in einer dieser riesigen Proteinpulverdosen aufbewahrt wird. Auf dem Kaminsims stehend, soll sie an mich erinnern. Und meinen Nachkommen irgendwann einen köstlichen Shake bieten.

Leo Riegel

 Die wahre Strafe

Verhaftet zu werden und in der Folge einen Telefonanruf tätigen zu müssen.

Fabio Kühnemuth

 Back to Metal

Wer billig kauft, kauft dreimal: Gerade ist mir beim zweiten Sparschäler innerhalb von 14 Tagen die bewegliche Klinge aus ihrer Plastikaufhängung gebrochen. Wer Sparschäler aus Kunststoff kauft, spart also am falschen Ende, nämlich am oberen!

Mark-Stefan Tietze

 Tödliche Pilzgerichte (1/1)

Gefühlte Champignons.

Lukas Haberland

 Empfehlung für die Generation Burnout

Als eine günstige Methode für Stressabbau kann der Erwerb einer Katzentoilette – auch ohne zugehöriges Tier – mit Streu und Siebschaufel den Betroffenen Abhilfe verschaffen: Durch tägliches Kämmen der Streu beginnt nach wenigen Tagen der entspannende Eintritt des Kat-Zengarteneffekts.

Paulaner

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
02.05.2024 Dresden, Schauburg Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
03.05.2024 Mettingen, Schultenhof Thomas Gsella
03.05.2024 Stuttgart, Im Wizemann Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
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