Inhalt der Printausgabe

Teil 3/9

Mach keinen Mist – sei Christ!

Vor dem Bahnhof werden kleine Fische aus Ton zu zwofünfzig angeboten, die man sich um den Hals hängen kann und wo »Leben ist Meer« draufsteht, was lustig ist, weil das Kirchentagsmotto ja »Leben ist mehr...« lautet. Außerdem gibt es »SchlemmiDemmi«-Wochen im Bahnhofsbistro und den »Erfurter Hof«, wo Willy Brandt seinerzeit das berühmte Tintenfaß nach Willi Stoph warf. Wir merken sofort: Hier hat Gott sein Zelt aufgeschlagen, zu künden von Wundern, Weisheit, Wahnsinn bzw. seinem eingeborenen Sohn (i.e. Jesus).
Christlich beschwingt wandern wir durchs schöne Erfurt, durch Bahnhofstraße, Schlösserstraße u.v.a. in die Altstadt, vorbei am »rappenden Kreisjugendpfarrer Reinhard Süpke«, am »FUN-tastischen Tauschnetzprojekt ›Ways of Change‹« und dem »Requiem für Zhu Zhe Ghum für Sänger, Sprecher, Flöte, Saxophon, Orgel und Meißner Porzellanglocken« hin zur mittelalterlich-pittoresken Waagegasse. Dort sollen wir auftreten, auf dem sog. »Markt der Möglichkeiten«, wo sich schon früh am Tage wunderlich gekleidete Gestalten tummeln und laut Programmheft »von Aufbauhilfe im Baltikum über Mitmachzirkus vom Haus Jona, Freienbessingen, bis zum Sauwohlfühlraum der Kreisdiakoniestelle Arnstadt« alles versammelt ist, was »kreativ für Kirche und Gesellschaft« genutzt werden kann. Ganz klar: »Ein kommunikativer Treffpunkt des Kirchentages, wo es auch Möglichkeiten zu Kaffee und Kuchen und vertrauten Gesprächen gibt.«

Das Publikum scharte sich beim Giga-Gig der Kabarett(chr)isten aus Frankfurt am Main: »einfach schnafte«, »subtil wie Ingo Appelt«, »Bitte einmal Rostbrätel mit Senf!«

Gott ist hot!

Ein erstes vertrautes Gespräch ergibt sich dann auch sogleich mit Karsten Christ, dem Organisator des Möglichkeitsmarktes. »Ihr seid so um halb vier dran!« bescheidet uns der quietschfromme Jesusbart, der auch z.T. genauso heißt wie Jesus (»Christ«) und sofort wieder weglatscht, um auch die anderen »Gruppen, Initiativen, Aktionen, Projekte, Stände, Informationen« kirchen- und gesellschaftskreativisch in nomine patris et filii zu koordinieren.
Die Bühne bietet reichlich Platz für bis zu drei Personen plus Mundharmonika und Schifferklavier und wird gerade noch bespielt von Lynyrd Skynyrd bzw. von Leuten, die sich fast so anhören wie das beliebte Southern Hardrock‘n‘Boogie-Urgestein um Frontmann Ronnie van Zant (†).
Auf diese Provokation reagieren wir sofort: »Das ist doch Satansmusik!« »Ja, sagen Sie es laut!« pariert eine sympathische alte Christenbüchs mit Regenschirm, die sich von einer Zusammenkunft zu Ehren des Heilands zu Recht mehr erwartet als dumpfes Höllengelärm, nämlich christlich-sozial engagiertes Kabarett, wie es auf unseren weiträumig verteilten drei Werbeplakaten angekündigt wird: »Nur heute in Erfurt: Die Kabarett(chr)isten mit ihrem neuen Programm ›Jesus – der coolste Kumpel der Welt‹!« Hoffentlich hat sie schon eine Karte! Denn der Andrang wird gewaltig werden, spielt, singt und zappelt die Konkurrenz doch vor lediglich zehn Interessierten (»Aufrecht gehen – Mensch werden«, Augustinerkirche) oder zwei (»Autofrei leben«, Saalgasse) bis praktisch null Zuschauern (Chor Biesigheim, Große Hauptbühne).

Wie Bruder und Schwester: Bruder Klaus und Schwester Kathrin lesen vor (Publikum)

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ausgewähltes Heft

Aktuelle Cartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ganz schön kontrovers, James Smith,

was Du als Mitglied der britischen Band Yard Act da im Interview mit laut.de vom Stapel gelassen hast. Das zu Werbezwecken geteilte Zitat »Ich feiere nicht jedes Cure-Album« hat uns jedenfalls so aufgewühlt, dass wir gar nicht erst weitergelesen haben.

Wir mögen uns nicht ausmalen, zu was für heftigen Aussagen Du Dich noch hast hinreißen lassen!

Findet, dass Provokation auch ihre Grenzen haben muss: Titanic

 Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Die Bunte zitiert Sie mit der Aussage: »Um zu überleben, muss man gesund sein, und wenn man am gesündesten ist, sieht man einfach auch am jüngsten aus!« Gut, dass Sie diese Erkenntnis an uns weitergeben!

Geht jetzt zur Sicherheit bei jeder neuen Falte, Cellulitedelle und grauen Strähne zum Arzt:

Ihre greise Redaktion der Titanic

 Könnte es sein, »ARD-Deutschlandtrend«,

dass Dein Umfrageergebnis »Mehrheit sieht den Frieden in Europa bedroht« damit zusammenhängt, dass seit über zwei Jahren ein Krieg in Europa stattfindet?

Nur so eine Vermutung von Titanic

 Hej, Gifflar!

Du bist das Zimtgebäck eines schwedischen Backwarenherstellers und möchtest mit einer Plakatkampagne den deutschen Markt aufrollen. Doch so sehr wir es begrüßen, wenn nicht mehr allein Köttbullar, Surströmming und Ikeas Hotdogs die schwedische Küche repräsentieren, so tief bedauern wir, dass Du mit Deinem Slogan alte Klischees reproduzierst: »Eine Schnecke voll Glück«? Willst Du denn für alle Ewigkeiten dem Stereotyp der schwedischen Langsamkeit hinterherkriechen? Als regierten dort immer noch Sozialdemokraten, Volvo und Schwedenpornos?

Damit wirst Du nie der Lieblingssnack der Metropolenjugend!

Sagen Dir Deine Zimt- und Zuckerschnecken von Titanic

 Hallihallo, Michael Maar!

In unserem Märzheft 2010 mahnte ein »Brief an die Leser«: »Spannend ist ein Krimi oder ein Sportwettkampf.« Alles andere sei eben nicht »spannend«, der schlimmen dummen Sprachpraxis zum Trotz.

Der Literatur- ist ja immer auch Sprachkritiker, und 14 Jahre später haben Sie im SZ-Feuilleton eine »Warnung vor dem S-Wort« veröffentlicht und per Gastbeitrag »zur inflationären Verwendung eines Wörtchens« Stellung bezogen: »Nein, liebe Radiosprecher und Moderatorinnen. Es ist nicht S, wenn eine Regisseurin ein Bachmann-Stück mit drei Schauspielerinnen besetzt. Eine Diskussionsrunde über postmoderne Lyrik ist nicht S. Ein neu eingespieltes Oboenkonzert aus dem Barock ist nicht S.«

Super-S wird dagegen Ihr nächster fresher Beitrag im Jahr 2038: Das M-Wort ist ja man auch ganz schön dumm!

Massiv grüßt Sie Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Gute Nachricht:

Letzte Woche in der Therapie einen riesigen Durchbruch gehabt. Schlechte Nachricht: Blinddarm.

Laura Brinkmann

 Back to Metal

Wer billig kauft, kauft dreimal: Gerade ist mir beim zweiten Sparschäler innerhalb von 14 Tagen die bewegliche Klinge aus ihrer Plastikaufhängung gebrochen. Wer Sparschäler aus Kunststoff kauft, spart also am falschen Ende, nämlich am oberen!

Mark-Stefan Tietze

 Mitgehört im Zug

»Prostitution ist das älteste Gewerbe der Welt!« – »Ja, aber das muss es ja nicht bleiben.«

Karl Franz

 Die wahre Strafe

Verhaftet zu werden und in der Folge einen Telefonanruf tätigen zu müssen.

Fabio Kühnemuth

 Dual Use

Seit ich meine In-Ear-Kopfhörer zugleich zum Musikhören und als Wattestäbchen verwende, stört es mich gar nicht mehr, wenn beim Herausnehmen der Ohrstöpsel in der Bahn getrocknete Schmalzbröckelchen rauspurzeln.

Ingo Krämer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hannover, TAK Ella Carina Werner