Humorkritik | August 2018
August 2018
»Beim Abendessen gerieten selbst die faulsten Zungen ins Schwätzen. Da wurde von allem und jedem geredet, wer sich neue Hosen hatte machen lassen und wie es im Innern der Erde aussehe und wer einen Wolf erblickt hatte; hier gab’s auch eine Menge Witzbolde, an denen ja unter den Kleinrussen kein Mangel ist.«
Nikolai Gogol, »Der Wij«
Katastrophal gut
Es ist vielleicht nicht die älteste Geschichte der Welt, mit Sicherheit aber auch nicht die neueste: Ein Amerikaner lernt auf Geschäftsreise in England eine Frau kennen, sie haben Sex (jede Menge), die Frau wird schwanger, beide sind nicht darauf vorbereitet, mit Anfang 40 noch Eltern zu werden, Turbulenzen sind die Folge. Die BBC fand dieses Konzept wohl gar zu banal und lehnte das Drehbuch ab. Gott sei Dank war Channel 4 mutiger und gab sechs Episoden in Auftrag, denen bislang zwei weitere Staffeln folgten; noch dieses Jahr soll Season 4 kommen.
Ach ja, die Serie, um die es geht, heißt »Catastrophe« und ist hierzulande auf Amazon Prime zu sehen. Auf eine Katastrophe im klassisch-griechischen Sinn steuert die Geschichte zwar nicht zu, doch gibt es ein gerüttelt Maß an Drama und (An-)Spannung, das sogar mich abgebrühten Hund mit den Hauptfiguren fühlen lässt. Sharon und Rob heißen die zwei, was zufällig auch die Vornamen der Serienerfinder und -autoren sind. Ein Mann-Frau-Gespann, das sich seine Rollen auf den Leib geschneidert hat – das funktionierte schon bei »Spaced« hervorragend, und auch Sharon Horgan und Rob Delaney harmonieren deshalb so prächtig, weil sie spielen, was und wie sie es sich in ihren klugen und erfrischend obszönen Drehbüchern ausgemalt haben. Begrüßenswert ist, dass das Paar nicht allein im Fokus der Geschichte(n) steht, sondern von einem Ensemble leicht bis schwerst gestörter Nebencharaktere umgeben ist. Zu ehren ist hier vor allem Carrie Fisher als Robs meinungsstarke Mutter. Für diese ihre letzte Serienrolle wurde sie posthum für einen Emmy nominiert, und mir wird sie damit noch mindestens so lange in Erinnerung bleiben wie das gejodelte Schlussthema.