Humorkritik | September 2017
September 2017
In meinem ganzen Leben habe ich keinen Befehl erteilen können, ohne dabei lachen zu müssen, ohne daß man darüber gelacht hätte, weil ich eben nicht von der Machtkrätze befallen bin: Man hat mir den Gehorsam nicht beigebracht.
Jean-Paul Sartre
Keine Pizzawitze
Bis vor kurzem wußte ich nicht, daß es tatsächlich ein Witzgenre gibt, das die Pizza zum Gegenstand hat. Hauptsächlich sind die Pizzawitze in den volkstümlichen Ecken des Internets zu Hause, und der bekannteste geht so: »Treffen sich ein Kuhfladen und ein Trabi. Sagt der Trabi: ›Hallo, ich bin ein Auto! Und was bist du?‹ Darauf der Kuhfladen: »Wenn du ein Auto bist…« Ach, kennen Sie? Dann wissen Sie ja auch, daß für einen Trabi gelegentlich andere Automarken (VW Polo, das antike Goggomobil) oder Computerbetriebssysteme (MS-DOS) eingesetzt werden. In Pizzawitzen ähnlicher Preisklasse spielen Blondinen, Aidskranke und Italiener tragende Rollen, wobei aber auch der Pizza an sich etwas Komisches anzuhaften scheint; weshalb, wäre von der Witzforschung noch zu klären.
Dankenswerterweise verzichten Klaus Cornfield (Exsänger von »Throw That Beat in the Garbagecan«) und Dirk Kretz in ihrem Comic »Pizza für Plüschohren« (Jaja Verlag, Berlin, 2017) auf diese Art von Humor. Unter der Parole »Kampf dem Junkfood« lassen sie Fou-Fou und Haha – zwei etablierte Tierfiguren aus dem Cornfieldschen Comic-Kosmos – auf rund zwanzig Seiten eine Pizza selber backen, um einen gewissen »Sir Angry« sowie die Leserschaft davon zu überzeugen, daß eine selbstgemachte Pizza mehr taugt als eine aus der Tiefkühltruhe. – Das ist zwar nicht sonderlich komisch, aber auf eine altbackene Art rührend und recht niedlich anzuschauen. Zudem kann man das Rezept aus dem spiralgebundenen (!) Heft tatsächlich nachbacken, was seinen Gebrauchswert deutlich steigert. Wenn man obendrein bedenkt, daß der Preis des Comics lediglich sechs Euro beträgt, für die man sich sonst bei Lidl knapp fünf »Trattoria Alfredo Stadion-Pizza Currywurst« kaufen müßte, wüßte ich nicht, was gegen seinen Erwerb sprechen könnte.