Humorkritik | November 2013

November 2013

Zitterparty

Als Michael J. Fox in der letzten Staffel von »Curb Your Enthusiasm« sich selbst als Larry Davids New Yorker Nachbar spielte, gab es viele komische Momente. Jeder weiß von Fox’ Parkinson-Erkrankung, und daß er sich in dieser um den realistischen Anschein bemühten Serie als jemand präsentierte, der aus seinem bedauernswerten Zustand möglicherweise schamlos Nutzen zieht, ergab Fallhöhe – ganz besonders, weil Fox selbst mit Anfang fünfzig noch nichts von seiner jugendlich-charmanten Wirkung verloren hat. Nun hat Fox eine eigene Sitcom, die »Michael J. Fox Show«, in der er nicht Michael J. Fox spielt, sondern einen Mann, dessen Leben dem von Michael J. Fox verdammt ähnelt. Nämlich einen beliebten Nachrichtensprecher, der nach einer Zwangspause durch eine Parkinsonerkrankung wieder ins Fernsehen zurückkehrt, v.a. weil ihn seine Frau und die drei Kinder aus dem Haus haben wollen. Was wie eine Art Pappa ante portas plus Parkinsonscherze daherkommt, wird in der Umsetzung durch notorische Familienfernsehkompatibilität und, plump gesagt, typisch amerikanische Happiness jeglicher Wirkung beraubt. Parkinson, so der Tenor der Sendung, ist nur ein weiteres dieser Hindernisse, die man mit Optimismus und gutem Willen überwinden kann. Derselbe Umstand, der die Curb-Folge komisch machte, läßt die »Michael J. Fox Show« aufgesetzt wirken. Man weiß um Fox’ Krankheit – wird aber das Gefühl nicht los, daß seine Erfahrungen mit ihr hier keine Rolle spielen. Man könnte die Rolle auch mit einem x-beliebigen Schauspieler besetzen, denn Parkinson scheint gemäß der Serie nicht mehr als eine Anstrengung mit lustigen oder praktischen Nebenwirkungen zu sein (Eltern im Bett. Sie: »Wann hast du deine Medikamente zuletzt genommen?« Er: »Vor ein paar Stunden.« Sie: »Dann haben wir ja nur halb soviel Arbeit!«). Es mag zynisch erscheinen, Fox vorzuwerfen, seine Krankheit nicht authentisch genug zu präsentieren. Es gibt aber einen Unterschied zwischen Unterhaltung und Komik: Jene nutzt komische Mittel, um die vielen Unwägbarkeiten und Abgründe des Daseins zuzuschütten und zu verstecken; Komik macht sie sichtbar. Die »Michael J. Fox Show« nimmt Komik letztlich nicht ernst.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ganz schön kontrovers, James Smith,

was Du als Mitglied der britischen Band Yard Act da im Interview mit laut.de vom Stapel gelassen hast. Das zu Werbezwecken geteilte Zitat »Ich feiere nicht jedes Cure-Album« hat uns jedenfalls so aufgewühlt, dass wir gar nicht erst weitergelesen haben.

Wir mögen uns nicht ausmalen, zu was für heftigen Aussagen Du Dich noch hast hinreißen lassen!

Findet, dass Provokation auch ihre Grenzen haben muss: Titanic

 Kurze Anmerkung, Benedikt Becker (»Stern«)!

»Wer trägt heute noch gerne Krawatte?« fragten Sie rhetorisch und machten den Rollkragenpullover als neues It-Piece der Liberalen aus, v. a. von Justizminister Marco Buschmann und Finanzminister Christian Lindner, »Was daran liegen mag, dass der Hals auf die Ampelkoalition besonders dick ist. Da hilft so eine Halsbedeckung natürlich, den ganzen Frust zu verbergen.«

Schon. Aber wäre es angesichts des Ärgers der beiden Freien Demokraten über SPD und Grüne nicht passender, wenn sie mal wieder so eine Krawatte hätten?

Ebenso stilistisch versiert wie stets aus der Mode: Titanic

 Hä, »Spiegel«?

»Aber gesund machen wird diese Legalisierung niemanden!« schreibst Du in einem Kommentar zum neuen Cannabisgesetz. »Ach, echt nicht?« fragen wir uns da verblüfft. Wir waren bisher fest vom Gegenteil überzeugt. Immerhin haben Kiffer/innen oft sehr gute feinmotorische Fähigkeiten, einen gesunden Appetit und ärgern sich selten. Hinzu kommen die unzähligen Reggaesongs, in denen das Kiffgras als »Healing of the Nation« bezeichnet wird. All dies willst Du nun tatsächlich infrage stellen? Da lieber noch mal ganz in Ruhe drüber nachdenken!

Empfehlen Deine Blättchenfreund/innen von Titanic

 Eher unglaubwürdig, »dpa«,

erschien uns zunächst Deine Meldung, Volker Wissing habe nach dem tödlichen Busunglück auf der A9 bei Leipzig »den Opfern und Hinterbliebenen sein Beileid ausgesprochen«. Andererseits: Wer könnte die Verstorbenen auf ihrem Weg ins Jenseits noch erreichen, wenn nicht der Bundesverkehrsminister?

Tippt aufs Flugtaxi: Titanic

 Gute Frage, liebe »Süddeutsche«!

»Warum haben wir so viele Dinge und horten ständig weiter? Und wie wird man diese Gier wieder los?« teast Du Dein Magazin an, dasselbe, das einzig und allein als werbefreundliches Vierfarb-Umfeld für teuren Schnickschnack da ist.

Aber löblich, dass Du dieses für Dich ja heißeste aller Eisen anpackst und im Heft empfiehlst: »Man kann dem Kaufimpuls besser widerstehen, wenn man einen Schritt zurücktritt und sich fragt: Wer will, dass ich das haben will?«

Und das weiß niemand besser als Du und die Impulskundschaft von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Im Institut für Virologie

Jeder Gang macht krank.

Daniel Sibbe

 In Würde altern

Früher hätte mich der riesige Pickel mitten auf meinem Hals stark gestört. Heute trage ich den wohl niedlichsten ausgeprägten Adamsapfel, den die Welt je gesehen hat, mit großem Stolz ein paar Tage vor mir her.

Ronnie Zumbühl

 Mitgehört im Zug

»Prostitution ist das älteste Gewerbe der Welt!« – »Ja, aber das muss es ja nicht bleiben.«

Karl Franz

 Gebt ihnen einen Lebenszyklus!

Künstliche Pflanzen täuschen mir immer gekonnter Natürlichkeit vor. Was ihnen da aber noch fehlt, ist die Fähigkeit zu verwelken. Mein Vorschlag: Plastikpflanzen in verschiedenen Welkstadien, damit man sich das Naserümpfen der Gäste erspart und weiterhin nur dafür belächelt wird, dass man alle seine Zöglinge sterben lässt.

Michael Höfler

 Tödliche Pilzgerichte (1/1)

Gefühlte Champignons.

Lukas Haberland

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hannover, TAK Ella Carina Werner