Humorkritik | November 2013
November 2013

Schülertheater
Brezel Göring, maskuliner Part des Dada-Pop-Duos Stereo Total, versucht sich in »Unbehagen in der Mittelstufe« (Martin Schmitz Verlag) an »Schülertheaterstücken«, angesiedelt irgendwo zwischen Cabaret Voltaire, Geniale Dilettanten und »Nonstop Nonsens«. Man dürfe »nicht dasselbe Niveau an Charme, Unterhaltungswert und Pfiffigkeit« erwarten, das man im Zusammenspiel mit seiner Partnerin Françoise Cactus gewohnt sei, entschuldigt er sich bereits im Klappentext.
Recht hat er. Die beiden historisierenden Einakter, eine Shakespeare-Parodie und eine dramatische Variation über den alten Fritz, als der noch ein forscher »Hinterhofbaron« und »Schornsteinfeger« bei seinem Freund Leutnant Katte war, sind lahm, und das Reimgeknittel bringt keinen komischen Mehrwert. Aber die Reihe um das drollige Stadtguerillapärchen Annie und Georg, die sich den kleinen Freuden und Kalamitäten des terroristischen Alltags widmet (»Losung?« – »Hans-Martin von der Waffen-SS feiert in der Hölle Reichsparteitag«) würde man tatsächlich gern aufgeführt sehen, am liebsten von Göring/Cactus selbst. Und den entführten Schlagersänger muß Verlagsmogul Martin Schmitz spielen, diese »Andy-Warhol-Figur unter den Verlegern«. Am besten aber liest sich »Gefangene in Pelzen«, eine kleine Groteske über zwei Teddybären im Strafvollzug, die mit ihren zwischen Abgebrühtheit und Quatsch pendelnden Dialogen eine feine Gefängnisfilm-Persiflage abgibt. Görings Sprachwitz hat denn auch den größten Effekt in diesen zehn Stücken. Er kolportiert den allgegenwärtigen medialen Phrasendrusch und setzt noch einen oder zwei drauf: »Schon wieder Krieg? Der Kluge hört’s nicht gern.«