Humorkritik | September 2011

September 2011

Super Dull Sci-Fi Satire

Ohne daß wir hier abermals klären müßten, ob sich satirische Science-Fiction mit der Romanform verträgt, zeigt Gary Shteyngarts ubiquitär gelobte »Super Sad True Love Story« (Rowohlt) den Haupthaken: Satire ist Überhöhung, Science-Fiction ist es, sofern sie die Gegenwart prognostisch in die Zukunft verlängert, auch. Also haben wir es beim satirischen Sciene-Fiction-Roman mit zwei sich gegenseitig stimulierenden Überzeichnungen zu tun, und gar noch einer dritten, wenn der Ich-Erzähler sich in seiner Rolle so gut gefällt wie Shteyngarts »Koordinator für Öffentlichkeitsarbeit Lebensfreude (Ebene G) in der Abteilung für Posthumane Dienstleistungen«; und es bedarf größeren schriftstellerischen Ingeniums, damit das nicht furchtbar künstlich wirkt.

Ob Shteyngart dieses Ingenium prinzipiell fehlt oder ob er sich bloß verhoben hat, kann ich nicht beurteilen; sein der näheren Zukunft entlehntes Amerika jedenfalls sieht aus wie aus dem Satire-Workshop: Reizüberflutet, illiterat, konsum- und sexbesessen, steht es selbstredend »vor dem Zusammenbruch« (Klappentext), jeder läuft mit einem in der deutschen Übertragung »Äppärät« genannten, aus wohl I-Phone und Orwell gekreuzten Gadget herum, und sollen in einem Satz sowohl die chinesische Weltherrschaft als auch die groteske Konzentration im Kapitalsektor Andeutung finden, dann schreibt man füglich: »Mom, bitte überweise zehntausend Yuan-gekoppelte Dollar auf mein AlliedWasteCVSCitygroupCredit-Konto.« Daß die Jugend nur noch in Internetkürzeln redet: »›PPKM‹, sagte sie. ›IGIMGK. ROFLAAARP. PRGV. Total PRGV‹«, macht die superöde Satiresause dann schon auf S. 34 komplett. Komplett unerträglich.

Vielleicht hat es doch seinen guten Grund, daß die Prosa Philip K. Dicks so unkomisch und »Per Anhalter durch die Galaxis« keine (Zeit-)Satire ist; was zuviel ist, ist einfach zuviel, und Literatur ohne Ökonomie ist halt keine.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Recht haben Sie, Uli Wickert (81)!

Recht haben Sie, Uli Wickert (81)!

Die Frage, weshalb Joe Biden in seinem hohen Alter noch mal für das Präsidentenamt kandidiert, anstatt sich zur Ruhe zu setzen, kommentieren Sie so: »Warum muss man eigentlich loslassen? Wenn man etwas gerne macht, wenn man für etwas lebt, dann macht man halt weiter, soweit man kann. Ich schreibe meine Bücher, weil es mir Spaß macht und weil ich nicht Golf spielen kann. Und irgendwie muss ich mich ja beschäftigen.«

Daran haben wir, Wickert, natürlich nicht gedacht, dass der sogenannte mächtigste Mann der Welt womöglich einfach keine Lust hat, aufzuhören, auch wenn er vielleicht nicht mehr ganz auf der Höhe ist. Dass ihn das Regieren schlicht bockt und ihm obendrein ein Hobby fehlt. Ja, warum sollte man einem alten Mann diese kleine Freude nehmen wollen!

Greifen Sie hin und wieder doch lieber zum Golfschläger statt zum Mikrofon, rät Titanic

 Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Im andalusischen Sevilla hast Du eine Kontroverse ausgelöst, der Grund: Auf dem Plakat für das Spektakel »Semana Santa« (Karwoche) habest Du zu freizügig ausgesehen, zu erotisch, ja zu hot!

Tja, und wie wir das besagte Motiv anschauen, verschlägt es uns glatt die Sprache. Dieser sehnsüchtige Blick, der kaum bedeckte anmutige Körper! Da können wir nur flehentlich bitten: Jesus, führe uns nicht in Versuchung!

Deine Dir nur schwer widerstehenden Ungläubigen von der Titanic

 Ach, Scheuer-Andi,

wie der Spiegel meldet, wird niemand für Sie in den Bundestag nachrücken. Da scheinen die Fußstapfen wohl einfach zu groß zu sein.

Die Besten gehen immer zu früh …

Weiß Titanic

 Gute Frage, liebe »Süddeutsche«!

»Warum haben wir so viele Dinge und horten ständig weiter? Und wie wird man diese Gier wieder los?« teast Du Dein Magazin an, dasselbe, das einzig und allein als werbefreundliches Vierfarb-Umfeld für teuren Schnickschnack da ist.

Aber löblich, dass Du dieses für Dich ja heißeste aller Eisen anpackst und im Heft empfiehlst: »Man kann dem Kaufimpuls besser widerstehen, wenn man einen Schritt zurücktritt und sich fragt: Wer will, dass ich das haben will?«

Und das weiß niemand besser als Du und die Impulskundschaft von Titanic

 Wir wollten, »SZ«,

nur mal schnell Deine Frage »Gedenkbäume absägen. Hinweistafeln mit Hakenkreuzen beschmieren. Wer macht sowas?« beantworten: Nazis.

Für mehr investigative Recherchen wende Dich immer gerne an Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 In Würde altern

Früher hätte mich der riesige Pickel mitten auf meinem Hals stark gestört. Heute trage ich den wohl niedlichsten ausgeprägten Adamsapfel, den die Welt je gesehen hat, mit großem Stolz ein paar Tage vor mir her.

Ronnie Zumbühl

 100 % Maxx Dad Pow(d)er

Als leidenschaftlicher Kraftsportler wünsche ich mir, dass meine Asche eines Tages in einer dieser riesigen Proteinpulverdosen aufbewahrt wird. Auf dem Kaminsims stehend, soll sie an mich erinnern. Und meinen Nachkommen irgendwann einen köstlichen Shake bieten.

Leo Riegel

 Immerhin

Für mich das einzig Tröstliche an komplexen und schwer zugänglichen Themen wie etwa Quantenmechanik, Theodizee oder den Hilbertschen Problemen: Letztlich ist das alles keine Raketenwissenschaft.

Michael Ziegelwagner

 Die wahre Strafe

Verhaftet zu werden und in der Folge einen Telefonanruf tätigen zu müssen.

Fabio Kühnemuth

 Dual Use

Seit ich meine In-Ear-Kopfhörer zugleich zum Musikhören und als Wattestäbchen verwende, stört es mich gar nicht mehr, wenn beim Herausnehmen der Ohrstöpsel in der Bahn getrocknete Schmalzbröckelchen rauspurzeln.

Ingo Krämer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
05.05.2024 Bonn, Rheinbühne Thomas Gsella
05.05.2024 Magdeburg, Factory Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
06.05.2024 Hannover, Pavillon Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
06.05.2024 Hamburg, Centralkomitee Ella Carina Werner