Humorkritik | Januar 2009

Januar 2009

Baldern & Drekseln

Die Humor-Bilanz von Hugo Egon Balder (»Tutti Frutti«, »Alles nichts, oder?!«, »Genial daneben« etc.) ist eigentlich gar nicht so deprimierend, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Zwar blieb die von ihm mitproduzierte »RTL Samstag Nacht« schlußendlich unter ihren Möglichkeiten, aber Balder gebührt – gemeinsam mit seinem Kompagnon Jacky Dreksler – Anerkennung dafür, das amerikanische Saturday-Night-Live-Format in Deutschland etabliert zu haben. Auch andernorts bewiesen die beiden Sinn für Humor, etwa als sie versuchten, bei der Gema die Urheberrechte für eine Tonleiter und die musikalische Pause anzumelden.

 

Nun haben Dreksler und Balder ein Buch geschrieben und im Selbstverlag (Pacific Productions) herausgebracht. Es heißt »Wunsch-Bullshit im Universum« und soll »eine Kritik der Wunsch-Bestellungen von Rhonda Byrne« (Autorin des Eso-Bestsellers »The Secret«) und Konsorten »auf dem schmalen Grat zwischen Nicht-mehr-Satire und Noch-nicht-Wissenschaft« sein. Nun sind diese esoterisch angehauchten Lebensratgeber durchaus eine Polemik wert, vielleicht auch eine Parodie, möglicherweise könnte sogar – da die beiden Autoren aus dem TV-Geschäft kommen – eine Sitcom funktionieren. Aber ein Buch, das sich auf über hundertfünfzig Seiten inklusive Register mit fünf Schwarten beschäftigt – von denen der Allgemeinheit vier völlig zu recht unbekannt sind – und dann zu Erkenntnissen kommt wie: »Bei der Wünscheltheorie geht es weniger um Spirituelles als um Materielles« –, ein solches Buch funktioniert dann eben nicht. Zwar wird der Text ab und zu durch Witzchen aufgelockert, aber im allgemeinen dominiert Selbstgefälligkeit und »Zitatterich« (E. Mühsam). Eine Neigung, die auch den Werken eigen ist, die eigentlich verspottet werden sollen. Da sieht Balders Humorbilanz doch gleich viel deprimierender aus.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Wir wollten, »SZ«,

nur mal schnell Deine Frage »Gedenkbäume absägen. Hinweistafeln mit Hakenkreuzen beschmieren. Wer macht sowas?« beantworten: Nazis.

Für mehr investigative Recherchen wende Dich immer gerne an Titanic

 Ganz schön kontrovers, James Smith,

was Du als Mitglied der britischen Band Yard Act da im Interview mit laut.de vom Stapel gelassen hast. Das zu Werbezwecken geteilte Zitat »Ich feiere nicht jedes Cure-Album« hat uns jedenfalls so aufgewühlt, dass wir gar nicht erst weitergelesen haben.

Wir mögen uns nicht ausmalen, zu was für heftigen Aussagen Du Dich noch hast hinreißen lassen!

Findet, dass Provokation auch ihre Grenzen haben muss: Titanic

 Aha bzw. aua, Voltaren!

Das wussten wir gar nicht, was da in Deiner Anzeige steht: »Ein Lächeln ist oft eine Maske, die 1 von 3 Personen aufsetzt, um Schmerzen zu verbergen. Lass uns helfen. Voltaren.«

Mal von der Frage abgesehen, wie Du auf die 1 von 3 Personen kommst, ist es natürlich toll, dass Du offenbar eine Salbe entwickelt hast, die das Lächeln verschwinden lässt und den Schmerz zum Vorschein bringt!

Gratuliert salbungsvoll: Titanic

 Warum, Internet?

Täglich ermöglichst Du Meldungen wie diese: »›Problematisch‹: Autofahrern droht Spritpreis-Hammer – ADAC beobachtet Teuer-Trend« (infranken.de).

Warum greifst Du da nicht ein? Du kennst doch jene Unsichtbar-Hand, die alles zum Kapitalismus-Besten regelt? Du weißt doch selbst davon zu berichten, dass Millionen Auto-Süchtige mit Dauer-Brummbrumm in ihren Monster-Karren Städte und Länder terrorisieren und zum Klima-Garaus beitragen? Und eine Lobby-Organisation für Immer-Mehr-Verbrauch Höher-Preise erst verursacht?

Wo genau ist eigentlich das Verständlich-Problem?

Rätselt Deine alte Skeptisch-Tante Titanic

 Hallihallo, Michael Maar!

In unserem Märzheft 2010 mahnte ein »Brief an die Leser«: »Spannend ist ein Krimi oder ein Sportwettkampf.« Alles andere sei eben nicht »spannend«, der schlimmen dummen Sprachpraxis zum Trotz.

Der Literatur- ist ja immer auch Sprachkritiker, und 14 Jahre später haben Sie im SZ-Feuilleton eine »Warnung vor dem S-Wort« veröffentlicht und per Gastbeitrag »zur inflationären Verwendung eines Wörtchens« Stellung bezogen: »Nein, liebe Radiosprecher und Moderatorinnen. Es ist nicht S, wenn eine Regisseurin ein Bachmann-Stück mit drei Schauspielerinnen besetzt. Eine Diskussionsrunde über postmoderne Lyrik ist nicht S. Ein neu eingespieltes Oboenkonzert aus dem Barock ist nicht S.«

Super-S wird dagegen Ihr nächster fresher Beitrag im Jahr 2038: Das M-Wort ist ja man auch ganz schön dumm!

Massiv grüßt Sie Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Mitgehört im Zug

»Prostitution ist das älteste Gewerbe der Welt!« – »Ja, aber das muss es ja nicht bleiben.«

Karl Franz

 Finanz-Blues

Wenn ich bei meiner langjährigen Hausbank anrufe, meldet sich immer und ausnahmslos eine Raiffeisenstimme.

Theobald Fuchs

 Altersspezifisch

Ich gehöre noch zu einer Generation, deren Sätze zu häufig mit »Ich gehöre noch zu einer Generation« anfangen.

Andreas Maier

 Back to Metal

Wer billig kauft, kauft dreimal: Gerade ist mir beim zweiten Sparschäler innerhalb von 14 Tagen die bewegliche Klinge aus ihrer Plastikaufhängung gebrochen. Wer Sparschäler aus Kunststoff kauft, spart also am falschen Ende, nämlich am oberen!

Mark-Stefan Tietze

 In Würde altern

Früher hätte mich der riesige Pickel mitten auf meinem Hals stark gestört. Heute trage ich den wohl niedlichsten ausgeprägten Adamsapfel, den die Welt je gesehen hat, mit großem Stolz ein paar Tage vor mir her.

Ronnie Zumbühl

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
02.05.2024 Dresden, Schauburg Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
03.05.2024 Mettingen, Schultenhof Thomas Gsella
03.05.2024 Stuttgart, Im Wizemann Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
04.05.2024 Gütersloh, Die Weberei Thomas Gsella