Inhalt der Printausgabe

Mai 2006


Die Allerunausstehlichste
Ein unerledigter Fall in gebotener Kürze
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Im selben Jahr bekommt die auch in Kritikerkreisen hochgeschätzte Juli Zeh (die renommierte Zeit rühmt die »durchtrainierte Sprache« und den »hochgebildeten Scharfsinn«) den Per-Olov-Enquist-Preis für ihren erstklassig betitelten Essayband »Alles auf dem Rasen. Kein Roman«, in dem die »Schriftstellerin und Querdenkerin« (Klappentext) u.a. den Beweis führt, daß sie bitter nötige Kulturkritik auch mit dem Florett der Ironie anzubringen in der Lage ist: »Wer will schon Zeitungen lesen? Heutzutage kann man über alles reden und hört dabei auch die orthographischen Fehler nicht. Zeitungen kosten, wie der Name schon sagt, eine Menge Zeit, die wir nicht haben: Inaff ist inaff, wie der Engländer sagt. Irgendwann gilt es, Konsequenzen zu ziehen. Warum soll ich zwanzig Minuten in das Lesen eines Artikels investieren, wenn ich zum gleichen Thema eine zweistündige Talg-Schau mit Christiane Sabinsen sehen kann? Warum soll ich zum Briefkasten gehen, wenn der Fernseher neben dem Bett steht? Warum soll ich die Augen öffnen, wenn ich Radio hören kann? Hat eine Zeitung eine Fernbedienung?« Auch die politische Großwetterlage wird mit wohlabgewogenen, frischen Worten einer bedenkenswerten Betrachtung unterzogen: »Das Beklagenswerteste am zurückliegenden Wahlkampf ist, daß er hochbeinig über wichtige Themen hinweggestiegen ist, deren Behandlung vielleicht eine klare Entscheidung ermöglicht hätte. Außenpolitische Grundsatzentscheidungen, innere Sicherheit und Atomausstieg werfen nach wie vor Fragen mit viel Streitpotential und gesellschaftlicher Bedeutung auf. Es bleibt zu hoffen, daß wenigstens die Koalitionsgespräche nicht an hochstilisierten Unvereinbarkeiten in einem Bereich scheitern, in dem die Spielräume für Kooperation in Wahrheit am größten sind. Das wäre nicht nur paradox. Es wäre fatal.«
Ja.
Daß aber eine, die als begabte Juristin plötzlich Schreibdrang entwickelt und, weil ihr’s niemand verbietet, ungebremst und ungefiltert alles rausleiert, was ihr wie Gedanke bzw. Literatur vorkommt, und das durchweg in einem Stil, der sich allenfalls im Fehlen jeglichen stilistischen Empfindens ausdrückt, in einem eminent evidenten Nicht-Stil also, der absichtslos bald nach Rammelkolportage, bald nach Schülerzeitung, bald nach Fernsehkommentar und Hausaufsatz klingt, daß also eine mit einer so unbeseelten wie präpotenten Nullsprache, daß eine so furchtbare und annähernd apokalyptisch altkluge Angeberin und Schwallmadame, die den Zweifel als Vater des Gedankens nicht nur nie kennengelernt hat, sondern von ihm nicht mal weiß, daß also so eine unablässig mitquakende und sich einmischende und querdenkende Dauerpowerfrau und Quatschnuß als Schriftstellerin nicht nur problemlos durchgeht, sondern auch noch ästimiert wird, Preise abgreift und das alles, ich wette, für vollkommen in der Ordnung und einwandfrei berechtigt hält und einer derart blöden Gans und Trine aber auch nie mal jemand sagt, wie für ihr Alter bereits berückend widerlich sie sei:
das ist fatal. Dies dazu.
Stefan Gärtner


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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Könnte es sein, »ARD-Deutschlandtrend«,

dass Dein Umfrageergebnis »Mehrheit sieht den Frieden in Europa bedroht« damit zusammenhängt, dass seit über zwei Jahren ein Krieg in Europa stattfindet?

Nur so eine Vermutung von Titanic

 Kurze Anmerkung, Benedikt Becker (»Stern«)!

»Wer trägt heute noch gerne Krawatte?« fragten Sie rhetorisch und machten den Rollkragenpullover als neues It-Piece der Liberalen aus, v. a. von Justizminister Marco Buschmann und Finanzminister Christian Lindner, »Was daran liegen mag, dass der Hals auf die Ampelkoalition besonders dick ist. Da hilft so eine Halsbedeckung natürlich, den ganzen Frust zu verbergen.«

Schon. Aber wäre es angesichts des Ärgers der beiden Freien Demokraten über SPD und Grüne nicht passender, wenn sie mal wieder so eine Krawatte hätten?

Ebenso stilistisch versiert wie stets aus der Mode: Titanic

 Ganz schön unentspannt, Giorgia Meloni!

Ganz schön unentspannt, Giorgia Meloni!

Nachdem Sie eine Klage wegen Rufschädigung eingereicht haben, wird nun voraussichtlich ein Prozess gegen den britischen Rockstar Brian Molko eingeleitet. Dieser hatte Sie bei einem Konzert seiner Band Placebo in Turin als Nazi und Faschistin bezeichnet.

Wir finden, da könnten Sie sich mal etwas lockermachen. Wer soll denn bitte noch durchblicken, ob Sie gerade »Post-«, »Proto-« oder »Feelgood-« als Präfix vor »Faschistin« bevorzugen? Und: Wegen solcher Empflichkeiten gleich vor Gericht zu gehen, kostet die Justiz so viel wertvolle Zeit. Die könnte sie doch auch nutzen, um Seenotretter/innen dingfest zu machen oder kritische Presse auszuschalten. Haben Sie darüber schon mal nachgedacht, Sie Snowflake?

Schlägt ganz gelassen vor: Titanic

 Bild.de!

»Springer hatte im Januar bundesweit für Entsetzen gesorgt«, zwischentiteltest Du mit einem Mal überraschend selbstreferenziell. Und schriebst weiter: »Nach der Enthüllung des Potsdamer ›Remigrations‹-Treffens von AfD-Politikern und Rechtsextremisten postete Springer: ›Wir werden Ausländer zurückführen. Millionenfach. Das ist kein Geheimnis. Das ist ein Versprechen.‹« Und: »In Jüterbog wetterte Springer jetzt gegen ›dahergelaufene Messermänner‹ und ›Geld für Radwege in Peru‹«.

Dass es in dem Artikel gar nicht um Dich bzw. den hinter Dir stehenden Arschverlag geht, sondern lediglich der Brandenburger AfD-Vorsitzende René Springer zitiert wird, fällt da kaum auf!

Zumindest nicht Titanic

 Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Die Bunte zitiert Sie mit der Aussage: »Um zu überleben, muss man gesund sein, und wenn man am gesündesten ist, sieht man einfach auch am jüngsten aus!« Gut, dass Sie diese Erkenntnis an uns weitergeben!

Geht jetzt zur Sicherheit bei jeder neuen Falte, Cellulitedelle und grauen Strähne zum Arzt:

Ihre greise Redaktion der Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Im Institut für Virologie

Jeder Gang macht krank.

Daniel Sibbe

 Spielregeln

Am Ende einer Mensch-ärgere-dich-nicht-Partie fragt der demente Herr, ob er erst eine Sechs würfeln muss, wenn er zum Klo will.

Miriam Wurster

 Die wahre Strafe

Verhaftet zu werden und in der Folge einen Telefonanruf tätigen zu müssen.

Fabio Kühnemuth

 Immerhin

Für mich das einzig Tröstliche an komplexen und schwer zugänglichen Themen wie etwa Quantenmechanik, Theodizee oder den Hilbertschen Problemen: Letztlich ist das alles keine Raketenwissenschaft.

Michael Ziegelwagner

 Finanz-Blues

Wenn ich bei meiner langjährigen Hausbank anrufe, meldet sich immer und ausnahmslos eine Raiffeisenstimme.

Theobald Fuchs

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg