Inhalt der Printausgabe

August 2006

SYSTEM KLINSMANN
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Der Flipchart bringt es an den Tag: Gute Gags kommen aus der Tiefe des Traums

Satire als System
»Topsatire ist kein Zufall!« sagt Chefanalytiker Harm Bumsmüller. Der promovierte Humortheoretiker, 17, weiß: Genaue Analyse, taktische Disziplin und ordentlich Zucker im Kaffee sind die Voraussetzungen für den Spitzenerfolg. Deshalb gibt es täglich eine zweistündige Strategiebesprechung mit Anwesenheitspflicht und »kurzweiligen« Referaten (»Der Witz und seine Beziehung zur Unterwäsche«), außerdem Thesenpapiere zum Mitdenken und Wegdämmern.
 
    
  Neues Selbstbewußtsein: Popularität der Truppe läßt sich gut eigenwerben
Parole Angriff
»Wir müssen weg von zu defensiver Satire«, sagt Team-Manager Hardy Maria Vogelweide und haut mit der Faust energisch auf den Fisch (Aal). »Es muß endlich Schluß sein mit Standardsituationen wie ›Was ist der Unterschied zwischen Kohl und Robbie Williams? Der eine ist cool, der andere Kohl‹« – statt dessen predigt der amorphe Erfolgsmensch, 60, aus den »USA« Powerforechecking gegen die Viererkette Deutsche Bank, Bundeswehr, CSU und Sonya Kraus. »Wir glauben fest an das gemeinsame Ziel, Satireweltmeister zu werden«, umreißt Grafikdirektorin Martina Werner schlaglichtartig die neue mentale Power. »Im Viertelfinale am militärisch-industriellen Komplex zu scheitern kannst du dir da nicht erlauben. Hab ich das so richtig gesagt? Ok, ich fahre dann mal nach Hause, mein Mann hat sich beim Bierflaschenöffnen den Daumen gebrochen. Tschüß!«
Die gewünschte Agressivität wird gezüchtet durch ein gnadenloses Rotations- und Konkurrenzprinzip: Niemand hat einen Stammplatz, jeder muß ständig kämpfen. So sind die Zeiten, als der Wuppertaler Uwe Becker Fotowitze exklusiv für sich hatte, vorbei: Diesmal haben sich die »jungen Unwilden« Gärtner und Nagel durchgesetzt. »Na gut«, so das nach Poldi und Schweini attraktivste Duo Deutschlands, »wir hatten halt so diese Idee und sind im Endeffekt super drauf.« Becker will aber auch als zweiter Mann den Youngstern mit Rat und Tat zur Seite stehen und daran ganz klar charakterlich über sich hinauswachsen, bevor der Rücktritt das Karriereaus endgültig besiegelt.
»Es tut mir leid für den Rest der Satirewelt, aber dieser Sauhaufen ist auf Jahre hinaus nicht zu schlagen«, spinnt Mannschaftskapitän Gsella und verpaßt Zeugwartin Staniewski einen Kopfstoß in die Magengrube. »Höchstens von mir!«
Gärtner/Nagel

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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Die Bunte zitiert Sie mit der Aussage: »Um zu überleben, muss man gesund sein, und wenn man am gesündesten ist, sieht man einfach auch am jüngsten aus!« Gut, dass Sie diese Erkenntnis an uns weitergeben!

Geht jetzt zur Sicherheit bei jeder neuen Falte, Cellulitedelle und grauen Strähne zum Arzt:

Ihre greise Redaktion der Titanic

 Ganz schön unentspannt, Giorgia Meloni!

Ganz schön unentspannt, Giorgia Meloni!

Nachdem Sie eine Klage wegen Rufschädigung eingereicht haben, wird nun voraussichtlich ein Prozess gegen den britischen Rockstar Brian Molko eingeleitet. Dieser hatte Sie bei einem Konzert seiner Band Placebo in Turin als Nazi und Faschistin bezeichnet.

Wir finden, da könnten Sie sich mal etwas lockermachen. Wer soll denn bitte noch durchblicken, ob Sie gerade »Post-«, »Proto-« oder »Feelgood-« als Präfix vor »Faschistin« bevorzugen? Und: Wegen solcher Empflichkeiten gleich vor Gericht zu gehen, kostet die Justiz so viel wertvolle Zeit. Die könnte sie doch auch nutzen, um Seenotretter/innen dingfest zu machen oder kritische Presse auszuschalten. Haben Sie darüber schon mal nachgedacht, Sie Snowflake?

Schlägt ganz gelassen vor: Titanic

 Hey, »Dyn Sports«!

Bitte für zukünftige Moderationen unbedingt merken: Die Lage eines Basketballers, der nach einem Sturz »alle Viere von sich streckt«, ist alles Mögliche, aber bestimmt nicht »kafkaesk«. Sagst Du das bitte nie wieder?

Fleht Titanic

 Gute Frage, liebe »Süddeutsche«!

»Warum haben wir so viele Dinge und horten ständig weiter? Und wie wird man diese Gier wieder los?« teast Du Dein Magazin an, dasselbe, das einzig und allein als werbefreundliches Vierfarb-Umfeld für teuren Schnickschnack da ist.

Aber löblich, dass Du dieses für Dich ja heißeste aller Eisen anpackst und im Heft empfiehlst: »Man kann dem Kaufimpuls besser widerstehen, wenn man einen Schritt zurücktritt und sich fragt: Wer will, dass ich das haben will?«

Und das weiß niemand besser als Du und die Impulskundschaft von Titanic

 Warum, Internet?

Täglich ermöglichst Du Meldungen wie diese: »›Problematisch‹: Autofahrern droht Spritpreis-Hammer – ADAC beobachtet Teuer-Trend« (infranken.de).

Warum greifst Du da nicht ein? Du kennst doch jene Unsichtbar-Hand, die alles zum Kapitalismus-Besten regelt? Du weißt doch selbst davon zu berichten, dass Millionen Auto-Süchtige mit Dauer-Brummbrumm in ihren Monster-Karren Städte und Länder terrorisieren und zum Klima-Garaus beitragen? Und eine Lobby-Organisation für Immer-Mehr-Verbrauch Höher-Preise erst verursacht?

Wo genau ist eigentlich das Verständlich-Problem?

Rätselt Deine alte Skeptisch-Tante Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Nicht lustig, bloß komisch

Während ich früher schon ein kleines bisschen stolz darauf war, aus einer Nation zu stammen, die mit Loriot und Heinz Erhardt wahre Zen-Meister der Selbstironie hervorgebracht hat, hinterfrage ich meine humoristische Herkunft aufgrund diverser Alltagserfahrungen jetzt immer öfter mit Gedanken wie diesem: Möchte ich den Rest meines Lebens wirklich in einem Land verbringen, in dem man während seiner Mittagspause in ein Café geht, das vor der Tür vollmundig mit »leckerem Hunde-Eis« wirbt, und auf seine Bestellung »Zwei Kugeln Labrador und eine Kugel Schnauzer« statt des fest eingeplanten Lachers ein »RAUS HIER!« entgegengebrüllt bekommt?

Patric Hemgesberg

 Dual Use

Seit ich meine In-Ear-Kopfhörer zugleich zum Musikhören und als Wattestäbchen verwende, stört es mich gar nicht mehr, wenn beim Herausnehmen der Ohrstöpsel in der Bahn getrocknete Schmalzbröckelchen rauspurzeln.

Ingo Krämer

 Citation needed

Neulich musste ich im Traum etwas bei Wikipedia nachschlagen. So ähnlich, wie unter »Trivia« oft Pub-Quiz-Wissen gesammelt wird, gab es da auf jeder Seite einen Abschnitt namens »Calia«, voll mit albernen und offensichtlich ausgedachten Zusatzinformationen. Dank Traum-Latinum wusste ich sofort: Na klar, »Calia« kommt von »Kohl«, das sind alles Verkohl-Facts! Ich wunderte mich noch, wo so ein Quatsch nun wieder herkommt, wusste beim Aufwachen aber gleich, unter welcher Kategorie ich das alles ins Traumtagebuch schreiben konnte.

Alexander Grupe

 In Würde altern

Früher hätte mich der riesige Pickel mitten auf meinem Hals stark gestört. Heute trage ich den wohl niedlichsten ausgeprägten Adamsapfel, den die Welt je gesehen hat, mit großem Stolz ein paar Tage vor mir her.

Ronnie Zumbühl

 Die wahre Strafe

Verhaftet zu werden und in der Folge einen Telefonanruf tätigen zu müssen.

Fabio Kühnemuth

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg