Inhalt der Printausgabe

Oktober 2005


Die Sex-Akte Diekmann
Olàlà: der Bild-Chef ganz intim!
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Kulturstandort Deutschland, 25. August 2005: »Unglaubliche Anschuldigung gegen Giulia Siegel – Ist Tommy Haas für sie nur ein Sex-Spielzeug?« Das fragte sich, in fetten Lettern, Bild, diese größte europäische Anstalt für die Befriedigung des allgemeinen Bedürfnisses nach Fickgeschichten und übler Nachrede, und schlug im Kleingedruckten einen fast staatsmännisch besorgten Ton an: »Giulia Siegel (30) und Noch-Ehemann Dr. Hans Wehrmann (43), der Prügel-Skandal auf Ibiza und die Trennung – es wird immer schmutziger, verworrener...«
Und dabei könnten doch kein Prügel-Skandal auf Ibiza und kein Sex-Spielzeug jemals so schmutzig und verworren sein wie die Moralbegriffe einer Redaktion, die zur Belustigung eines Sensationspöbels Leuten die Bettdecke wegreißt, und einer Bourgeoisie, die es sich in solch einer monströsen Bedürfnisanstalt kannibalisch wohlsein läßt, Kolumnen schreibt, Interviews gibt, Urlaubsgrüße entbietet und keinen Anstoß daran nimmt, daß das Gesocks dort öffentlich mit Blut und Sperma gurgelt und im Gewerbe des Ausleerens königlicher Nachttöpfe und des Umkrempelns von Prominentenunterhosen eine marktbeherrschende Position ergattert hat. Auf Seite 1 werden Menschen in die Jauchegrube geworfen und im Kommentar auf Seite 2 die - Werte des christlichen Abend-landes angerufen, und weiter hinten, in der Abteilung »Telefon-Service«, hält Bild die Hand fürs Kleingeld auf und vermittelt »private Bumskontakte«. Ach, der heiligste von unsern Trieben, warum quillt aus ihm die grimme Pein? Und welches Neandertalergehirn mag sich dafür die bestialische Vokabel »Bumskontakte« ausgedacht haben? Und wie kann’s angehen, daß in der umsatzstärksten Hinterlassenschaft des wertkonservativen Verlegers Axel Cäsar Springer »Bumskontakte« a) angeprangert und b) annonciert werden dürfen?
Ohne Worte.
Weil’s halt Geld bringt. Und dafür bringen Springerjournalisten viele Opfer. Im Prozeßgetümmel um das unbewiesene Sexualverbrechen eines armseligen Fernsehkaspers hat Bild beglückt dessen »Sex-Akte« ins größte europäische Töpfchen gedreht, die Wurst genüßlich breitge-treten und sich selbst von oben bis unten damit beschmiert. »Türck-Prozeß – Neue SEX-Enthüllung«, dröhnte Bild am 26. August. »Hat Katharina B., das angebliche Vergewaltigungsopfer von TV-Moderator Andreas Türck, schon wenige Tage danach Sex mit einem flüchtigen Bekannten gehabt? Ein neuer Zeuge sagte gestern gegen Katharina B. aus.«

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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Sie, Romancier Robert Habeck,

Sie, Romancier Robert Habeck,

nehmen Ihren Nebenjob als Wirtschaftsminister wohl sehr ernst! So ernst, dass Sie durch eine Neuauflage Ihres zusammen mit Ihrer Ehefrau verfassten Romans »Der Tag, an dem ich meinen toten Mann traf« versuchen, fast im Alleingang dem darniederliegenden Literaturmarkt auf die Sprünge zu helfen. Könnten Sie sich als Nächstes das Zeitschriftensterben vorknöpfen?

Fragt Titanic

 Huhu, »HNA« (»Hessische/Niedersächsische Allgemeine«)!

Mit großer Verblüffung lesen wir bei Dir in einem Testbericht: »Frischkäse ist kaum aus einem Haushalt in Deutschland wegzudenken.«

Och, Menno! Warum denn nicht? Und wenn wir uns nun ganz doll anstrengen? Wollen wir es denn, HNA, einmal gemeinsam versuchen? Also: Augen schließen, konzentrieren und – Achtung: hui! – weg damit! Uuuund: Futschikato! Einfach aus dem eigenen Haushalt weggedacht. Und war doch überhaupt nicht schlimm, oder?

Es dankt für die erfolgreiche Zusammenarbeit und hofft, einen kleinen Denkanstoß gegeben zu haben, wenn nicht gar einen Wegdenkanstoß: Titanic

 Damit hast Du nicht gerechnet, »Zeit online«!

Als Du fragtest: »Wie gut sind Sie in Mathe?«, wolltest Du uns da wieder einmal für dumm verkaufen? Logisch wissen wir, dass bei dieser einzigen Aufgabe, die Du uns gestellt hast (Z+), erstens der zweite Summand und zweitens der Mehrwert fehlt.

Bitte nachbessern: Titanic

 Ganz, ganz sicher, unbekannter Ingenieur aus Mittelsachsen,

dass Du Deine Verteidigungsstrategie nicht überdenken willst? Unter uns, es klingt schon heftig, was Dir so alles vorgeworfen wird: Nach einem Crash sollst Du einem anderen Verkehrsteilnehmer gegenüber handgreiflich geworden sein, nur um dann Reißaus zu nehmen, als der Dir mit der Polizei kommen wollte.

Die beim wackeren Rückzug geäußerten Schmähungen, für die Du nun blechen sollst, wolltest Du vor dem Amtsgericht Freiberg dann aber doch nicht auf Dir sitzen lassen. Weder »Judensau« noch »Heil Hitler« willst Du gerufen haben, sondern lediglich »Du Sau« und »Fei bitter«. Magst Du das nicht noch mal mit Deinem Rechtsbeistand durchsprechen? Hast Du im fraglichen Moment nicht vielleicht doch eher Deinen Unmut über das wenig höfische Verhalten des anderen Verkehrsteilnehmers (»Kein Ritter!«) geäußert, hattest Deinen im selben Moment beschlossenen Abschied von den sozialen Medien (»Bye, Twitter!«) im Sinn, oder hast gar Deiner verspäteten Freude über die olympische Bronzemedaille des deutschen Ruder-Achters von 1936 (»Geil, Dritter!«) Ausdruck verliehen?

Nein? Du bleibst dabei? Und würdest dafür sogar ins Gefängnis gehen (»Fein, Gitter!«)?

Davor hat fast schon wieder Respekt: Titanic

 Keine Übertreibung, Mathias Richling,

sei die Behauptung, dass die Ampel »einen desaströsen Eindruck bei jedermann« hinterlasse, denn in den vielen Jahren Ihrer Karriere, so schilderten Sie’s den Stuttgarter Nachrichten, hätten Sie es noch nie erlebt, »dass ohne jegliche pointierte Bemerkung allein die bloße Nennung des Namens Ricarda Lang ein brüllendes Gelächter auslöst«.

Aber was bedeutet das? »Das bedeutet ja aber, zu Mitgliedern der aktuellen Bundesregierung muss man sich nichts Satirisches und keinen Kommentar mehr einfallen lassen.« Nun beruhigt uns einerseits, dass Ihr Publikum, das sich an Ihren Parodien von Helmut Kohl und Edmund Stoiber erfreut, wohl immerhin weiß, wer Ricarda Lang ist. Als beunruhigend empfinden wir hingegen, dass offenbar Sie nicht wissen, dass Lang gar kein Mitglied der aktuellen Bundesregierung ist.

Muss sich dazu nichts Satirisches und keinen Kommentar mehr einfallen lassen: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Hellseherisch

Morgen ist einfach nicht mein Tag.

Theo Matthies

 Dilemma

Zum Einschlafen Lämmer zählen und sich täglich über einen neuen Rekord freuen.

Michael Höfler

 Süße Erkenntnis

Für jemanden, der Pfirsich liebt, aber Maracuja hasst, hält die Welt viele Enttäuschungen bereit.

Karl Franz

 3:6, 6:7, 0:6

Der Volontär in der Konferenz der Sportredaktion auf die Bitte, seine Story in drei Sätzen zu erzählen.

Ronnie Zumbühl

 Nachwuchs

Den werdenden Eltern, die es genau mögen, empfehle ich meinen Babynamensvorschlag: Dean Norman.

Alice Brücher-Herpel

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
10.12.2023 Kassel, Bali-Kino/Kulturbahnhof Gerhard Henschel
10.12.2023 Frankfurt, Elfer Ella Carina Werner
11.12.2023 Frankfurt, Stalburg-Theater Pit Knorr & Die Eiligen Drei Könige
12.12.2023 Frankfurt, Stalburg-Theater Pit Knorr & Die Eiligen Drei Könige