Inhalt der Printausgabe

Mai 2005


Johannes Paul II. - Chronik eines angekündigten Todes
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1920 Klageschreie im Kreißsaal, Schluchzen auf den Straßen von Wadowice (Polen): Das langsame Sterben des Karol Wojtyla hat begonnen. Sein Schicksal scheint vorgezeichnet - der hilflose Junge kann nicht stehen, nicht laufen und sich nur mühsam artikulieren. Überall auf der Welt versammeln sich Menschen zum Trauergebet.

1926 Der kleine Karol kann immer noch nicht laufen. Zur Schule läßt er sich im Bollerwagen ziehen, tyrannisiert seine Mitschüler mit endlosen Predigten über die richtige Geschwindigkeit. Da der Erstklässler von seiner Unfehlbarkeit überzeugt ist ("1+1=3"), hagelt es Sechser aufs Zeugnis und Kopfnüsse. Aua!

1929 Das Martyrium geht weiter: Die geliebte Mutter stirbt. Von nun an hat Karol eine Schraube locker bzw. macht sich auf die lange, verzweifelte Suche nach einer Ersatzmutter, die ihn von Mutter Gaia über Mutter Theresa schließlich in den Schoß von Mutter Kirche führt.

1938 Karol besteht das Abitur. Er beginnt eine Irrlehre zum Ketzer, die er aber wegen sündigem Verlangen und gleichzeitigem Kopfweh nach drei Tagen abbricht. Beides wird gewaltsam unterdrückt, anschließend Studienbeginn in Krakau (Literatur, Philosophie).

1940 Karol ringt wochenlang mit dem Tod, und zwar dem "Tod in Venedig" von Thomas Mann, über den er eine Seminararbeit verfassen muß. Die Novelle erscheint ihm jedoch "schwul und krank" - Karol findet, ihr Autor hieße besser Thomas Frau.

1942 Eintritt ins Krakauer Priesterseminar. Am Vorabend läßt es Karol noch einmal richtig krachen (Auto, Leitplanke), dann beginnt mit einiger Verspätung ein langes unerfülltes Geschlechtsleben samt dazugehöriger Kreuzschmerzen.

1946 1946 Zuviel Meßwein, zuviel Weihrauch: Karol erleidet bei der Priesterweihe einen Kreislaufkollaps, durchschaut den Schwindel jedoch als Marienerscheinung. In seiner neuen Gemeinde nimmt er rapide ab, nämlich bis zu vierzig Beichten am Tag, und empfiehlt sich so für höhere Aufgaben (Glöckner, Stellvertreter Gottes).

1958 Bischofsweihe, Bad in eiskaltem Weihwasser, böser Schnupfen.

1964 Karol Wojtyla wird zum Erzbischof von Krakau berufen. Mit einem Ausflug ins Metzgerhandwerk begründet er nebenher das polnische Wirtschaftswunder: Sein "Krakauer Würstchen" ist bald in aller Munde.

1967 Mit der Verleihung des Kardinalstitels hat es Wojtyla in den Kreis der höchsten katholischen Würdenträger geschafft. Ob es sein brennender Ehrgeiz, sein inquisitorischer Jähzorn oder lediglich die berüchtigten epileptischen Anfälle sind - kurze Zeit später wird er bereits zum Furienkardinal befördert.

1978 Ein Wunder! Wojtyla wird zum ersten nichtitalienischen Papst seit 1522 gewählt. Damit man ihn im Konklave nicht gleich auf die Schliche kommt, hat er seinen Namen vorher heimlich übersetzen lassen: Auf italienisch bedeutet Johannes Paul II. nämlich nichts anderes als Karol Wojtyla auf polnisch, also nichts.


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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Dear Weltgeist,

das hast Du hübsch und humorvoll eingerichtet, wie Du an der Uni Jena Deiner dortigen Erfindung gedenkst! Und auch des Verhältnisses von Herr und Knecht, über das Hegel ebenfalls ungefähr zur Zeit Deiner Entstehung sinnierte. Denn was machst Du um die 200 Jahre später, lieber Weltgeist? Richtest an Deiner Alma Mater ein Master-Service-Zentrum ein. Coole Socke!

Meisterhafte Grüße von Deiner Titanic

 Mmmmh, Thomas de Maizière,

Mmmmh, Thomas de Maizière,

über den Beschluss der CDU vom Dezember 2018, nicht mit der Linkspartei oder der AfD zusammenzuarbeiten, an dem Sie selbst mitgewirkt hatten, sagten Sie bei Caren Miosga: »Mit einem Abgrenzungsbeschluss gegen zwei Parteien ist keine Gleichsetzung verbunden! Wenn ich Eisbein nicht mag und Kohlroulade nicht mag, dann sind doch nicht Eisbein und Kohlroulade dasselbe!«

Danke für diese Veranschaulichung, de Maizière, ohne die wir die vorausgegangene Aussage sicher nicht verstanden hätten! Aber wenn Sie schon Parteien mit Essen vergleichen, welches der beiden deutschen Traditionsgerichte ist dann die AfD und welches die Linke? Sollte Letztere nicht eher – zumindest in den urbanen Zentren – ein Sellerieschnitzel oder eine »Beyond Kohlroulade«-Kohlroulade sein? Und wenn das die Alternative zu einem deftigen Eisbein ist – was speist man bei Ihnen in der vermeintlichen Mitte dann wohl lieber?

Guten Appo!

Wünscht Titanic

 Ciao, Luisa Neubauer!

»Massendemonstrationen sind kein Pizza-Lieferant«, lasen wir in Ihrem Gastartikel auf Zeit online. »Man wird nicht einmal laut und bekommt alles, was man will.«

Was bei uns massenhaft Fragen aufwirft. Etwa die, wie Sie eigentlich Pizza bestellen. Oder was Sie von einem Pizzalieferanten noch »alles« wollen außer – nun ja – Pizza. Ganz zu schweigen von der Frage, wer in Ihrem Bild denn nun eigentlich etwas bestellt und wer etwas liefert bzw. eben gerade nicht. Sicher, in der Masse kann man schon mal den Überblick verlieren. Aber kann es sein, dass Ihre Aussage einfach mindestens vierfacher Käse ist?

Fragt hungrig: Titanic

 Du, »Deutsche Welle«,

betiteltest einen Beitrag mit den Worten: »Europäer arbeiten immer weniger – muss das sein?« Nun, wir haben es uns wirklich nicht leicht gemacht, ewig und drei Tage überlegt, langjährige Vertraute um Rat gebeten und nach einem durchgearbeiteten Wochenende schließlich die einzig plausible Antwort gefunden. Sie lautet: ja.

Dass Du jetzt bitte nicht zu enttäuscht bist, hoffen die Workaholics auf

Deiner Titanic

 Sie, Victoria Beckham,

Sie, Victoria Beckham,

behaupteten in der Netflix-Doku »Beckham«, Sie seien »working class« aufgewachsen. Auf die Frage Ihres Ehemanns, mit welchem Auto Sie zur Schule gefahren worden seien, gaben Sie nach einigem Herumdrucksen zu, es habe sich um einen Rolls-Royce gehandelt. Nun verkaufen Sie T-Shirts mit dem Aufdruck »My Dad had a Rolls-Royce« für um die 130 Euro und werden für Ihre Selbstironie gelobt. Wir persönlich fänden es sogar noch mutiger und erfrischender, wenn Sie augenzwinkernd Shirts mit der Aufschrift »My Husband was the Ambassador for the World Cup in Qatar« anbieten würden, um den Kritiker/innen so richtig den Wind aus den Segeln zu nehmen.

In der Selbstkritik ausschließlich ironisch: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
28.03.2024 Nürnberg, Tafelhalle Max Goldt
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt