Inhalt der Printausgabe
Dezember 2005
Jerofejew vs. Erofeev Humorkritik-Spezial (Seite 3 von 3) |
Im Gegenzug ist Urban hypergenau, sobald er russischen Jargon und sowjetisches Fachvokabular anbringen kann. Wo Spitz klar und leserfreundlich von einem »Trunkenbold«, einem »Lager des Kaufhauses« oder einem »Bezirksfürsorgeamt« schreibt, benutzt Urban Begriffe wie »Alka«, »Selpo-Lager« oder »Rajsobés«, weshalb sein Text in der Tat ohne Kommentar nicht leicht zu verstehen ist. |
Nicht so gute Übersetzung mit einer Zeichnung von Bernd Pfarr |
Das erklärt sich dem nicht voll-ends verbildeten Leser zum Glück weitgehend von selbst. In einer grandiosen Nonsenspassage erklärt der ahnungslose Erzähler seinen noch ahnungsloseren Mitreisenden die Welt, etwa so: »In Sibirien lebt überhaupt niemand, dort leben nur Neger. Man schafft keine Lebensmittel dorthin, sie haben nichts zu trinken, vom Essen zu schweigen. Nur einmal im Jahr schickt man ihnen aus itomir gestickte Handtücher – und an denen hängen sich die Neger auf.« Welchen Reim macht sich Urban auf diese Zeilen? Diesen: »nur Neger – wohl im Sinne v. Arbeitssklaven des GULag.« Ach, es ist hoffnungslos. Der Mann kapiert einfach keinen einzigen Witz. Ich resümiere: Wir besitzen eine vorzügliche Übersetzung von Jerof-ejews Chef d’œuvre, nämlich die von Natascha Spitz. Peter Urbans Konkurrenzprodukt kann nicht mithalten. Seine Übersetzung ist weniger stimmig, sein Kommentar weitgehend für die Katz, sein -Nachwort ein einziges Ärgernis. Die kurze biographische Notiz allerdings – ich muß schon sagen: alle Achtung. Die ist echt spitze. Klaus Cäsar Zehrer
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