Inhalt der Printausgabe
Oktober 2004
Dröge Politik? Droge Politik! DIE PARTEI informiert (Seite 2 von 3) |
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Straßenkampf um jede Stimme Das indes ist gar nicht so leicht. Die Leute sind schneller weg, als man braucht, um "PARTEI" zu sagen. Das geht so: "Entschuldigen Sie, wir sind von der PAR-", und weg sind sie. Typisch Parteienverdrossenheit! Uns schwant: Die Men-schen verwechseln uns in gesundem Mißtrauen mit einer der abgewrackten Altparteien. Für charmante Überzeugungsgespräche und das Ausfüllen unserer Fragebögen bleiben deshalb nur kontaktarme Sonderlinge und Studierende mit ausgeprägter Ich-Schwäche übrig. Nun gut, als Volkspartei nimmt man halt, was kommt. Das sind dann Leute, die auf unsere leicht suggestive Türöffner-Frage "Sind Sie für Freiheit, Wohlstand, Aufschwung ODER für soziale Einschnitte, Hartz IV und Altersarmut?" antworten: "Kann man so klar nicht beantworten" oder "gemeine Frage, be-antworte ich nicht". Und auf unsere zweite "Sind wir - Ost und West - wirklich ein Volk?" mit "ja" bzw. "nein". Es sind Menschen, die in völliger Verkennung der Realität die Zahl der seit 1990 nach Ostdeutschland überwiesenen Milliarden mit "weiß nicht", "ungefähr", "viele" oder "100" angeben statt der tatsächlichen 1250. Und die also, derart unaufgeklärt, unserem Plan, die Mauer wieder aufzubauen, zu etwa vier Fünfteln mit Skepsis begegnen. | |
Deutschland - ein Jammertal Was sind das aber auch für Menschen! Sie sind niedergeschlagen wie die 68jährige Rentnerin, die unser zentrales Parteivorhaben mit den Worten kommentiert: "Nein, das ist Unsinn. Es ist halt passiert, und jetzt ist es so." Resignation pur! Jede Hoffnung auf ein besseres Morgen ist hier dank der von den Altparteien ständig behaupteten Alternativlosigkeit ihrer Politik zerstoben. Sie sind aber auch aggressiv wie die 55jährige Musikpädagogin, die uns anschreit: "Finde ich scheiße, superscheiße! Wenn man die Mauer wieder aufbauen würde, können sich die Leute nicht mehr besuchen. Das ist ja wohl total reaktionär!" Vierzig Jahre Hetze haben Verheerungen auch in den Seelen der Wessis hinterlassen. Überhaupt, dieser jammernde Tonfall der totalen Verweigerung - immer wieder heißt es: "Scheiße", "bin dagegen", "Quatsch", "nicht mit mir" und "interessant". Wenn mal einer der Passanten in den Diskurs einsteigt, artet es gleich wieder in Schwarzmalerei aus. Wie bei dem 22jährigen Studenten, der an einem Wiederaufbau der Mauer nur die Nachteile sehen will: "Isolation", "Einschränkung der Freiheit", die halbe Wirtschaft werde zusammenbrechen, weil doch alles auf Investitionen in den neuen Bundesländern ausgerichtet sei. Oder bei der 25jährigen Studentin, die in kleinstkarierter Weise die "Baukosten" als Argument gegen die Wiedererrichtung der Mauer ins Feld führt. Typisch - so werden in Deutschland begeisternde Visionen gleich wieder kaputtgeredet! | |
Wandlung durch Handlung! Nach ein paar Stunden sind wir kurzzeitig ernüchtert: Ist Politik also doch, wie Max Weber schrieb, nur das langsame, geduldige Bohren der dicken Bretter, die sich vor den Köpfen der Menschen befinden? Wir wollen die Hoffnungsschimmer nicht verschweigen. Wir begegnen schließlich auch dem 19jährigen türkischstämmigen Deutschen, der auf die Frage, ob Ost und West nach der spektakulären Wiedervereinigung jetzt ein Volk seien, antwortet: "Äh, ich hab nichts mitbekommen, ich war jetzt sechs Wochen weggewesen." Wir sehen das Leuchten in den Augen des 53jährigen Bürokaufmanns, der zunächst vehement gegen den Wiederaufbau argumentiert - es sei denn, daß dieser dem wirtschaftlichen Aufschwung und den sozialen Sicherungssystemen nütze. Als wir dies frohen Herzens bestätigen können, ist er selbstverständlich ebenfalls dafür. Wir erleben die Wandlung der junggebliebenen Rentnerin (60), die die Maßnahme eigentlich "zu kraß" findet, aber durch die beharrliche Überzeugungsarbeit des Parteigenossen Gärtner ins Nachdenken kommt. Eigentlich nämlich hält sie die Bewohner der ehemaligen DDR für "überheblich" und "integrationsunwillig"; es täte ihnen gut, "zufrieden zu sein". Deshalb schließt sich die Dame endlich unserer visionären Forderung an und macht sich mit einem stolz an die Brust gepreßten Aufnahmeantrag juchzend von dannen. |
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