Inhalt der Printausgabe
Juni 2002
Humorkritik
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Nicht zustande gekommen |
Seit langen Jahren ist es mein Wunsch, mir einmal das Versepos "Nibelungen im Frack" von Anastasius Grün (eigentlich Anton Alexander Graf von Auersperg) zu besorgen und, insofern es möglich wäre, auch durchzuackern. Grün beschreibt darin nämlich, wie ich in der "Deutschen Literaturgeschichte" (1888) von Robert König las, ausführlich die überaus große, aber ganz lächerliche Leidenschaft des Herzogs Moritz Wilhelm von Sachsen-Merseburg für die Baßgeige. Ähnlich geht es mir mit dem Werk des Dichters Mello Moraes Filho, von dem ich nur das schlecht übersetzte Gedicht "Monatsrosen" kenne, über das Hugo E. Luedecke, der Erforscher des Geschlechtslebens in Süd-Brasilien, 1913 sagte: "Eine graziösere poetische Verherrlichung der Menstruation ist mir aus der Weltliteratur nicht bekannt." Diese meine unerfüllten Verlangen erinnern mich wiederum an die Männersammelmatrone Alma Mahler-Werfel, die einmal einem Besucher die Wiese hinter ihrem Haus zeigte und bemerkte: "Auf dieser Wiese liege ich jeden Nachmittag und lese ein Buch. Ich komme nur nie dazu." Trotz alledem, in meinem Inneren ist der Wunsch lebendig geblieben, nicht vollends zu scheitern. Ein anderer Fall des Liegengebliebenseins wäre fast geworden die stark bebilderte Broschüre "Etliches über Mühlen-Bremsfahrstühle mit Beispielen aus dem Kreis Calw", herausgegeben vom Technischen Überwachungsverein Südwestdeutschland. Schon vor sechs Jahren wollte ich mich dafür stark machen. Ich weiß nicht, ob das überreich bebilderte Werk von Hans-Peter Koch, ehemals Sachverständiger beim TÜV Südwest, noch lieferbar ist. Es beschäftigt sich mit einer leider untergebutterten Technik: "Der Göpelaufzug ist Geschichte. Die Schachtgerüstbauaufzüge entsprechend der Vorschrift von 1926 existieren nicht mehr." So heißt es voller Wehmut im Vorwort. In langen Jahren seiner Tätigkeit baute Koch eine persönliche Beziehung zu den Mühlenbremsfahrstühlen im Kreis Calw auf, die er alle penibel dokumentierte. Nicht nur das, der Autor wagt auch einen "Blick über die Kreisgrenze in den Altkreis Leonberg", um dort besonders einen "Bremsfahrstuhl mit Keilrädervorgelege, einem Tragseil auf der Trommel und Schleuderbremse" einer entsprechenden Würdigung zu unterziehen. Am 31. Dezember 1994 mußten sie alle auf gesetzliche Weisung hin ihren Dienst einstellen. Leider. Ich wünsche der ausführlichen Darbietung der Mühlen-Bremsfahrstühle im Kreis Calw jedenfalls nachträglich die breite Anerkennung, die sie verdient. |
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