Inhalt der Printausgabe

März 2001


Die besten Yahoo-Clubs im Test -
Fetische, die nicht jeder kennt

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http://de.clubs.yahoo.com/clubs/faltenroeckesindschoen
"Gerade in der Empfindlichkeit liegt der besondere Reiz"

Tief ins Dunkel der menschlichen Begierde führt uns bereits das erste Ziel des Abends. "Faltenröcke sind schön" heißt nämlich die "Community für alle, die gern Falten- und Plisseeröcke tragen und sich am Anblick dieser Kleidungsstücke erfreuen" - offenbar ein perverser Sauhaufen, der seine sexuellen Kicks aus merkwürdigen Ritualen wie Bügeln, Plätten und Stärken zieht und mittlerweile 114 Mitglieder hat.
Entsprechend aufgedreht begrüßt uns die 31jährige lackdoerthe im Forum des Clubs: "Ich finde es schön, daß es noch Männer gibt, die bei einer Dame nicht auf die Kürze des Minirocks stehen, sondern klassisch-elegante Kleidung bevorzugen." Wir sind geschockt - gibt es solche Männer wirklich? Clubgründer rainbu bestätigt das kaum Vorstellbare: "Ich trage selbst, wann immer es möglich bzw. angebracht ist, gern Hosen mit korrekter Bügelfalte oder Anzüge, in gewollt schöner Abstimmung mit Hemd und Krawatte." Erst die bizarre Verkleidung ermöglicht ihm anscheinend, sich auf die subtile Kraft des Fetischs am konkreten Partner einzulassen und ihn einer intensiven Betrachtung zu unterziehen.
"Dazu zählen viele kleine Signale, die es, sozusagen aus der Erfahrung heraus, zu erkennen gilt", erläutert rainbu stolz. Neben Faltenwurf, Material und Länge des Rockes spiele hier vor allem die Persönlichkeit der Trägerin eine Rolle: "Der Betrachter muß die Stimmigkeit fühlen, damit dieses positive Gefühl von ihm wieder reflektiert wird, mit dem die Dame sich in dem Moment schon fast selbst belohnt." Aha - der Rock muß also nicht nur zum Gesicht der Dame passen, sondern weist am besten sogar einen ähnlichen Faltenwurf auf!
Wo allerdings das Damenhafte samt Hardcore-Accessoires wie "Seidenblusen mit Schleifen" oder "Stretchgürteln" derart hochgehalten wird, herrscht auch ein entsprechender Umgangston. Als ein Neuling hübsche Fotos junger Japanerinnen in die Club-Galerie stellen will, rügt ihn der Clubleiter: "…ich denke, eher Geschmacksache - und sicher auf Deiner Festplatte gut aufgehoben", und der Kollege qayx696 sekundiert empört: "Damen sind das nicht…"
Dauerbrenner unter den "Faro-Fans" bleibt deshalb die leidenschaftliche Diskussion über die richtige Rocklänge: "Ein Faltenrock darf für meinen Geschmack kurz oder lang sein, aber niemals ordinär wirken", stellt Clubmitglied rainer_webster klar. Zwar seien Wollröcke leider nicht ganz pflegeleicht, aber das störe ihn nicht: "Gerade in der Empfindlichkeit liegt der besondere Reiz." Der hat allerdings seinen Preis: Da sich um den Faltenrock wegen ausgewiesener Perversität bislang weder eine kommerzielle Szene noch zeigefreudige Amateure scharen mögen, zeigen die Foto-Galerien des Clubs lediglich eingescannte Faltenrock-Bilder aus Versandhauskatalogen.

Resümee: Der Name des Clubs ist Programm. Wer Lederkorsagen, Strapse und im Schritt offene Höschen wegen ihrer Häßlichkeit verabscheut, sollte hier auf jeden Fall mal vorbeischauen. Ein auf den ersten Blick zwar etwas steifer Club, in dem allerdings bemerkenswert deutliche Sätze fallen: "Ich favorisiere reine Schurwolle. Irgendeinen ›Fummel‹, in den auch irgendwie und -wann mal Falten ›eingepreßt‹ waren, lehne ich ab."

Mark-Stefan Tietze


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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Hello, Grant Shapps (britischer Verteidigungsminister)!

Eine düstere Zukunft haben Sie in einem Gastbeitrag für den Telegraph zum 75jährigen Bestehen der Nato skizziert. Sie sehen eine neue Vorkriegszeit gekommen, da sich derzeit Mächte wie China, Russland, Iran und Nordkorea verbündeten, um die westlichen Demokratien zu schwächen. Dagegen hülfen lediglich eine Stärkung des Militärbündnisses, die weitere Unterstützung der Ukraine und Investitionen in Rüstungsgüter und Munition. Eindringlich mahnten Sie: »Wir können uns nicht erlauben, Russisch Roulette mit unserer Zukunft zu spielen.«

Wir möchten aber zu bedenken geben, dass es beim Russisch Roulette umso besser fürs eigene Wohlergehen ist, je weniger Munition im Spiel ist und Patronen sich in der Trommel befinden.

Den Revolver überhaupt vom eigenen Kopf fernhalten, empfehlen Ihre Croupiers von der Titanic

 Hallihallo, Michael Maar!

In unserem Märzheft 2010 mahnte ein »Brief an die Leser«: »Spannend ist ein Krimi oder ein Sportwettkampf.« Alles andere sei eben nicht »spannend«, der schlimmen dummen Sprachpraxis zum Trotz.

Der Literatur- ist ja immer auch Sprachkritiker, und 14 Jahre später haben Sie im SZ-Feuilleton eine »Warnung vor dem S-Wort« veröffentlicht und per Gastbeitrag »zur inflationären Verwendung eines Wörtchens« Stellung bezogen: »Nein, liebe Radiosprecher und Moderatorinnen. Es ist nicht S, wenn eine Regisseurin ein Bachmann-Stück mit drei Schauspielerinnen besetzt. Eine Diskussionsrunde über postmoderne Lyrik ist nicht S. Ein neu eingespieltes Oboenkonzert aus dem Barock ist nicht S.«

Super-S wird dagegen Ihr nächster fresher Beitrag im Jahr 2038: Das M-Wort ist ja man auch ganz schön dumm!

Massiv grüßt Sie Titanic

 Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Im andalusischen Sevilla hast Du eine Kontroverse ausgelöst, der Grund: Auf dem Plakat für das Spektakel »Semana Santa« (Karwoche) habest Du zu freizügig ausgesehen, zu erotisch, ja zu hot!

Tja, und wie wir das besagte Motiv anschauen, verschlägt es uns glatt die Sprache. Dieser sehnsüchtige Blick, der kaum bedeckte anmutige Körper! Da können wir nur flehentlich bitten: Jesus, führe uns nicht in Versuchung!

Deine Dir nur schwer widerstehenden Ungläubigen von der Titanic

 Du, »Hörzu Wissen«,

weißt, wie Werbung geht! Mit »Die Sucht zu töten« machtest Du so richtig Lust auf Deine aktuelle Ausgabe, um erläuternd nachzulegen: »Bestialisch, sadistisch, rätselhaft: Was Menschen zu mordenden Monstern macht – acht Täter und die Geschichten ihrer grausamen Verbrechen.«

Wer kann sich da der Faszination der »dunklen Welt der Serienkiller« noch entziehen? Aber am Ende, liebe Hörzu Wissen, ist in diesem Zusammenhang doch die Implikation Deines Slogans »Hörzu Wissen – das Magazin, das schlauer macht!« das Allergruseligste!

Da erschauert sogar

Die True-Crime-resistente Redaktion der Titanic

 Hej, Gifflar!

Du bist das Zimtgebäck eines schwedischen Backwarenherstellers und möchtest mit einer Plakatkampagne den deutschen Markt aufrollen. Doch so sehr wir es begrüßen, wenn nicht mehr allein Köttbullar, Surströmming und Ikeas Hotdogs die schwedische Küche repräsentieren, so tief bedauern wir, dass Du mit Deinem Slogan alte Klischees reproduzierst: »Eine Schnecke voll Glück«? Willst Du denn für alle Ewigkeiten dem Stereotyp der schwedischen Langsamkeit hinterherkriechen? Als regierten dort immer noch Sozialdemokraten, Volvo und Schwedenpornos?

Damit wirst Du nie der Lieblingssnack der Metropolenjugend!

Sagen Dir Deine Zimt- und Zuckerschnecken von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Gute Nachricht:

Letzte Woche in der Therapie einen riesigen Durchbruch gehabt. Schlechte Nachricht: Blinddarm.

Laura Brinkmann

 Spielregeln

Am Ende einer Mensch-ärgere-dich-nicht-Partie fragt der demente Herr, ob er erst eine Sechs würfeln muss, wenn er zum Klo will.

Miriam Wurster

 Dual Use

Seit ich meine In-Ear-Kopfhörer zugleich zum Musikhören und als Wattestäbchen verwende, stört es mich gar nicht mehr, wenn beim Herausnehmen der Ohrstöpsel in der Bahn getrocknete Schmalzbröckelchen rauspurzeln.

Ingo Krämer

 Im Institut für Virologie

Jeder Gang macht krank.

Daniel Sibbe

 Vom Feeling her

Es hat keinen Sinn, vor seinen Gefühlen wegzulaufen. Man muss sich schon auch mal hinter einem Baum verstecken und warten, dass die das nicht merken und an einem vorbeiziehen, sonst bringt das ja alles nichts.

Loreen Bauer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg