Inhalt der Printausgabe

März 2001


Die besten Yahoo-Clubs im Test -
Fetische, die nicht jeder kennt

(Seite 4 von 4)

http://de.clubs.yahoo.com/clubs/friesennerzeundregenkleidung
"Zur Krönung setze ich mir manchmal einen Südwester auf"

Immerhin 403 Mitglieder tummeln sich im "Friesennerze und Regenkleidung"-Club, wo die "Freunde dieser ›eigentlich normalen Kleidung‹" unverblümt zur Sache kommen: "Berichtet Eure Gefühle beim Tragen, Eure Erlebnisse und stellt ein paar Bilder in die Galerie…" So intensiv, wie die Gefühle beim Tragen von Regenmänteln normalerweise sind, so rege und aktiv ist hier auch das Clubleben. Die Mitglieder tauschen unablässig Adressen von Bezugsquellen aus, z.B. für Regenmäntel in angesagten Farben, die man nach übereinstimmender Meinung am besten unter www.friesenkaufhaus.de bezieht. Doch sie erkundigen sich auch nach Terminen für Fetisch-Partys ("Am liebsten eine im Freien, damit ich unter meinem Friesennerz mit Gummimaske nicht so schwitze") und berichten von frappierenden Glückseinkäufen ("Habe vor 3 Wochen einen weißen Nerz bei Sport-Karstadt in Kiel erstanden"), wenn sie nicht gerade versuchen, einander bei der Suche zu helfen ("Für schweres Ölzeug habe ich aber auch keinen Tip").
In der Friesennerz-Szene ist man deutlich anspruchsvoller als bei den Faltenröcken und gibt sich mit Katalogbildern nicht mehr zufrieden: "Endlich mal ein normales Mädel, das Spaß an erotischer Kleidung hat, und nicht so ein Model, das eh nichts mit unserem Fetisch am Hut hat…", freut sich Clubleiter Chris über neue Fotobeiträge. Doch bei den Friesennerz-Liebhabern werden nicht nur Bilder von Szene-Göttinnen wie "Kapuzengirl (20)" getauscht, man wagt auch den Schritt hin zu wirklichen Kontakten! "Welches nette Girl oder Frau hätte Lust, mit mir (34, m, Rhein-Main-Gebiet) in Nylon gehüllt durch den Regen zu spazieren?" fragt beispielsweise knebel_2000, während sich axel_oil erst einmal ordnungsgemäß vorstellt: "Am liebsten trage ich eine gelbe Latzhose und ziehe eine Regenjacke drüber (z.Z. blau-gelber Friesennerz). Zur Krönung setze ich mir noch manchmal einen Südwester auf, aber der ist doof, weil er zu groß ist."
Berührungsängste kennt man hier jedenfalls nicht. Weder gegenüber "Haushaltshandschuhen" oder der Lack- und Latex-Szene, noch gegenüber wirklich schmutzigen Wünschen wie diesem: "Hallo, ich bin Mitte 30 und würde gerne mal im gelben Friesennerz eine Schlammschlacht machen."
Die Hoffnung nämlich, auch mit den kauzigsten Ansinnen fündig zu werden, beflügelt hier offensichtlich alle Mitglieder. Kein Wunder, wenn einem hier so was widerfahren kann: "Wahnsinn, was ich entdeckt habe: Es gibt ein wirklich nettes und vor allem ehrliches Mädel, das auch gerne unsere Klamotten trägt und sich sogar gerne darin fotografieren läßt." Freilich für fünf Mark pro Foto, aber was soll's: "Ich habe Fotos von ihr in einem süßen Friesennerz bekommen und war super zufrieden…"

Resümee: Ein partnerschaftlicher Club, der seine Mitglieder nicht im Regen stehen läßt. Erste Anzeichen der Professionalisierung sind unverkennbar: Amateurmodels und Versandhandel treten auf den Plan und ergänzen die auf Selbstversorgung basierenden Clubstrukturen. Der Campingplatz unter den Fetischclubs.

Mark-Stefan Tietze


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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

als Ihr eine Folge Eures Pärchenpodcasts »Feel the News« mit »Das Geld reicht nicht!« betiteltet. Da fragten wir uns, was Ihr wohl noch haben wollt: mehr Talkshowauftritte? Eine Homestory in der InTouch? Doch dann hörten wir die ersten zwei Minuten und erfuhren, dass es ausnahmsweise nicht um Euch ging. Ganz im Sinne Eures Formats wolltet Ihr erfühlen, wie es ist, Geldsorgen zu haben, und über diese Gefühle dann diskutieren. Im Disclaimer hieß es dann noch, dass Ihr ganz bewusst über ein Thema sprechen wolltet, das Euch nicht selbst betrifft, um dem eine Bühne zu bieten.

Ihr als Besserverdienerpärchen mit Loft in Prenzlauer Berg könnt ja auch viel neutraler und besser beurteilen, ob diese Armutsängste der jammernden Low Performer wirklich angebracht sind. Leider haben wir dann nicht mehr mitbekommen, ob unser Gefühl, Geldnöte zu haben, berechtigt ist, da wir gleichzeitig Regungen der Wohlstandsverwahrlosung und Realitätsflucht wahrnahmen, die wir nur durch das Abschalten Eures Podcasts loswerden konnten.

Beweint deshalb munter weiter den eigenen Kontostand: Titanic

 Wussten wir’s doch, »Heute-Journal«!

Deinen Bericht über die Ausstellung »Kunst und Fälschung« im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg beendetest Du so: »Es gibt keine perfekte Fälschung. Die hängen weiterhin als Originale in den Museen.«

Haben Originale auch schon immer für die besseren Fälschungen gehalten:

Deine Kunsthistoriker/innen von der Titanic

 Erwischt, Bischofskonferenz!

In Spanien haben sich Kriminelle als hochrangige Geistliche ausgegeben und mithilfe künstlicher Intelligenz die Stimmen bekannter Bischöfe, Generalvikare und Priester nachgeahmt. Einige Ordensfrauen fielen auf den Trick herein und überwiesen auf Bitten der Betrüger/innen hohe Geldbeträge.

In einer Mitteilung an alle kirchlichen Institutionen warntest Du nun vor dieser Variante des Enkeltricks: »Äußerste Vorsicht ist geboten. Die Diözesen verlangen kein Geld – oder zumindest tun sie es nicht auf diese Weise.« Bon, Bischofskonferenz, aber weißt Du, wie der Enkeltrick weitergeht? Genau: Betrüger/innen geben sich als Bischofskonferenz aus, raten zur Vorsicht und fordern kurz darauf selbst zur Geldüberweisung auf!

Hat Dich sofort durchschaut: Titanic

 Boah ey, Natur!

»Mit der Anpflanzung von Bäumen im großen Stil soll das Klima geschützt werden«, schreibt der Spiegel. »Jetzt zeigen drei Wissenschaftlerinnen in einer Studie: Die Projekte können unter Umständen mehr schaden als nützen.« Konkret sei das Ökosystem Savanne von der Aufforstung bedroht. Mal ganz unverblümt gefragt: Kann es sein, liebe Natur, dass man es Dir einfach nicht recht machen kann? Wir Menschen bemühen uns hier wirklich um Dich, Du Diva, und am Ende ist es doch wieder falsch!

Wird mit Dir einfach nicht grün: Titanic

 Hallo, faz.net!

»Seit dem Rückzug von Manfred Lamy«, behauptest Du, »zeigt der Trend bei dem Unternehmen aus Heidelberg nach unten. Jetzt verkaufen seine Kinder die Traditionsmarke für Füller und andere Schreibutensilien.« Aber, faz.net: Haben die Lamy-Kinder nicht gerade davon schon mehr als genug?

Schreibt dazu lieber nichts mehr: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
28.03.2024 Nürnberg, Tafelhalle Max Goldt
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt