Inhalt der Printausgabe

Januar 2001


Humor Kritik

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Der unsterbliche Bumiller
Das schwäbische Nest Jungingen im Killertal wird kein einziger unter meinen Lesern kennen. Ich kenne es ja selber nicht. Fragt sich bloß, warum? Denn "die Killertäler sind bekannt für ihre lustigen Redensarten und Geschichten, denen oft ein Stück Galgenhumor anhaftet - Humor derjenigen, die nie genau wissen, wie der Tag verläuft und wie sich die Dinge entwickeln. Das Tal ist eng, die Möglichkeiten landwirtschaftlicher Produktion waren immer sehr beschränkt - so sind Frauen und Männer viel gereist, mit Rechen, Wäscheklammern, Peitschenstecken und anderer Ware, die sie auf dem halben Kontinent vertrieben, wobei sie sich untereinander in ihrer dem Rotwelsch nahestehenden Geheimsprache verständigten." In diesem Flecken wurde im Jahre 1895 Casimir Bumiller geboren. Auch der war mir unbekannt. Na klar, denn nur ein einziges seiner Werke wurde - vor mehr als siebzig Jahren - zwischen zwei Buchdeckeln verewigt: "APOKALYPSE. Ein Mysterium von Casimir Bumiller." Dabei handelt es sich um den Versuch eines "umfassenden Menschheitsdramas", da wollte einer "auf 150 Seiten alles sagen". Heute gibt es kaum noch ein Exemplar dieses Buches. Schade. Mutter Bumiller hat insgesamt 14 Kinder geboren und wurde, wie ihr Casimir erzählt, dafür nur ein einziges Mal gelobt, nämlich im Beichtstuhl. Der Kaiser hingegen lehnte ab, weil unter den 14 Kindern sieben Mädchen waren. Vater Bumiller hatte eine Gaststätte unter sich und erfand nebenher hölzerne Maschinen zur Produktion von Wäscheklammern. Diese Wirtschaft hat später der "Case" Bumiller betrieben und sein Leben damit verbracht, mit den Gästen Gott und die Welt durchzusprechen. Geschrieben hat er auch noch etliches. Einiges davon kann man in dem Aufsatz "Mehr als ein komischer Kauz" nachlesen, der sich wiederum in einem durchaus ansprechend gestalteten Buch findet, in dem man auch vergnüglichen Unterricht erhält über Johann Osianders Perücke, den "Erzpoeten Karl Borromäus Weitzmann" oder "die Gefährlichkeit von Beerdigungen". Diese Sammlung "schwäbischer Profile" trägt den Titel "Ein bißchen unsterblich" (Verlag Schwäbisches Tagblatt, Tübingen). Und wer hat den unsterblichen Bumiller beschrieben? Ein Professor aus Tübingen vom Institut für Empirische Kulturwissenschaften war es. Nicht erschrecken, dorten kriegt man zwar viel Zeug eingelernt, was früher zur Allgemeinbildung zählte, trotzdem: wer den Professor je erlebt hat, der versteht, wenn ich sage: Es gibt tausende Sternsinger, es gibt I. B. Singer, es gibt sogar Singer-Nähmaschinen, aber es gibt nur einen Bausinger. Nämlich diesen Professor Hermann Bausinger. Man darf es mir glauben, wenn man nur will.

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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Apropos: ¡Hola bzw. holla, spanischer Priester!

Du hast Dir die Worte aus dem Matthäusevangelium »Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach« zu sehr zu Herzen genommen und in Deiner Gemeinde in der Kleinstadt Don Benito einen regen Handel mit Potenzmitteln betrieben. Für diesen nach weltlichem Ermessen offensichtlichen Sündenfall musst Du Dich nun vor einem irdischen Gericht verantworten.

Uns ist zwar nicht bekannt, ob Du Dich gegenüber Polizei und Justiz bereits bußfertig gegeben hast oder weiterhin auf das Beichtgeheimnis berufst. Angesichts der laut Zeugenaussagen freudigen Erregung Deiner überalterten Gemeindemitglieder beim Geläut der Glocken sowie ihres Durchhaltevermögens bei den nicht enden wollenden Eucharistiefeiern inklusive Rumgeorgel, Stoßgebeten und orgiastischer Gottesanrufungen sprechen alle Indizien aber ohnehin gegen Dich!

Bleibt auch ganz ohne künstliche Stimulanzien weiter standfest im Nichtglauben: Titanic

 Wussten wir’s doch, »Heute-Journal«!

Deinen Bericht über die Ausstellung »Kunst und Fälschung« im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg beendetest Du so: »Es gibt keine perfekte Fälschung. Die hängen weiterhin als Originale in den Museen.«

Haben Originale auch schon immer für die besseren Fälschungen gehalten:

Deine Kunsthistoriker/innen von der Titanic

 Waidmannsheil, »Spiegel«!

»Europas verzweifelte Jagd nach Munition«, titeltest Du, und doch könnte es deutlich schlimmer sein. Jagd auf Munition – das wäre, so ganz ohne diese Munition, deutlich schwieriger!

Nimmt Dich gerne aufs Korn: Titanic

 Gude, Fregatte »Hessen«!

Du verteidigst Deutschlands Demokratie zur Zeit im Roten Meer, indem Du Handelsrouten vor der Huthi-Miliz schützt. Und hast schon ganz heldenhaft zwei Huthi-Drohnen besiegt.

Allerdings hast Du auch aus Versehen auf eine US-Drohne geschossen, und nur einem technischen Fehler ist es zu verdanken, dass Du nicht getroffen hast. Vielleicht ein guter Grund für die USA, doch nicht auf der Erfüllung des Zwei-Prozent-Ziels zu beharren!

Doppelwumms von Titanic

 Du, »Deutsche Welle«,

betiteltest einen Beitrag mit den Worten: »Europäer arbeiten immer weniger – muss das sein?« Nun, wir haben es uns wirklich nicht leicht gemacht, ewig und drei Tage überlegt, langjährige Vertraute um Rat gebeten und nach einem durchgearbeiteten Wochenende schließlich die einzig plausible Antwort gefunden. Sie lautet: ja.

Dass Du jetzt bitte nicht zu enttäuscht bist, hoffen die Workaholics auf

Deiner Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg