Inhalt der Printausgabe

Gerettete Heiligtümer

Gottes Reich wird alle Zeiten überdauern und diejenigen, die er aus Liebe zu sich in den Himmel holt, werden unsterblich, das weiß jedes Kind. Leider gilt das nicht für Heiligenbilder und all den heiligen Krempel auf Erden, der dem schnöden weltlichen Schicksal des Verfalls unterworfen ist. Dem Himmel sei Dank gibt es Menschen, die die göttliche Gabe des Restaurations- handwerks erhalten haben und auszuhelfen wissen in der Not, so wie unlängst im spanischen Valencia.

Wie sah er denn nun aus, der Heiland? Das fragen sich Theologen und Jesusfans seit jeher. Der Restauration eines Kruzifix-Bildchens in der ZDF-Kantine durch einen Unbekannten nach, könnte er jedenfalls so ausgesehen haben. Wahrscheinlich ist das aber nicht. Einer Rückrestauration stimmten alle bis auf einen Mitarbeiter zu.

Diesen Kupferstich zum brennenden Dornbusch unterzog ein Wissenschaftlerteam der Universität Wimbledon kürzlich einer Laseruntersuchung und anschließenden Neugestaltung, um möglichst nah an den Urzustand des Bildes zu gelangen. Mit Erfolg: Das Resultat brennt sich förmlich in die Netzhaut ein.

Diese Restauration eines Marienbildes in Norwegen entfernt sich sehr weit vom Stil des Originals, gilt aber nach Aussage von Experten für Restaurationsstudien der Kunsthochschule Oslo als wesentlich authentischer. »Ein Kind von einem Unsichtbaren austragen zu müssen, das kann schon mal zu einem langen Gesicht ­führen«, so Dr. Janne R.

Im bayerischen Deggendorf kratzte Rentnerin Elisabeth P. mit dem Fingernagel an den Bildern der lokalen Kapelle herum, wie sie es eben ab und an tut, und staunte nicht schlecht, als sie dabei die wahre Identität des Beelzebubs freilegte. Die Fratze des Bösen verfolgte sie allerdings seither mit wirren Worten im Schlaf und rät ihr nächtens u.a., sich für Friedrich Merz stark zu machen und der Witwe Kohl zu huldigen.

Fail in der Sixtinischen Kapelle: Eigentlich sollte bei Michelangelos angestaubtem Deckenfresko nur mal wieder ein wenig an der Kontrastschraube gedreht werden. Dazu heuerte der Kunstbeauftragte (B.A.) Pater Mario Maria Montepulciano III aus Vatikanstadt eigens einen scheinbar in Glaubensfragen standfesten, mehrfachbegabten Künstler aus Deutschland namens »Gzuz« an. Doch da hatte der 103jährige Pater sich im Branchenbuch wohl etwas verguckt. Das Ergebnis, so der jungegebliebene Montepulciano, sei trotzdem cool.

Wer im Jahr 2020 den Restaurationsgedanken nicht damit verbindet, sein Produkt zu pushen, hat gar nichts verstanden. Mit dem neu colorierten Krippenbild »Starlink« in einer Brandenburger Kirche verbindet Geldgeber Elon Musk alte Storys mit Werbung für neueste Satellitentechnik. Galaktisch geil!

Auch der Stellvertreter Gottes geht den Weg alles Irdischen, wenn man nicht dann und wann nachhilft. Unlängst klopfte der Restaurator allerdings ein wenig zu fest. Was dann geschah, überforderte selbst die wahnwitzigsten Verschwörungsblogs. Aber irgendwas wird’s schon bedeuten!

Auch bei den vom Bilderverbot geschlagenen und für alles Göttliche bekanntermaßen blinden Heiden Protestanten gibt es natürlich »lustig-kuriose« Unfälle zu vermelden. Diese Wand einer evangelischen Kirche in Mannheim etwa war für die dortige Gemeinde »sehr wichtig«, »beinahe heilig«, giggelt Pfarrer Feger. Bis ein übermütiger, Sozialstunden ableistender Jugendlicher sie einfach übermalte. Na ja.

Lichter / Riegel

ausgewähltes Heft

Aktuelle Cartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Hej, Gifflar!

Du bist das Zimtgebäck eines schwedischen Backwarenherstellers und möchtest mit einer Plakatkampagne den deutschen Markt aufrollen. Doch so sehr wir es begrüßen, wenn nicht mehr allein Köttbullar, Surströmming und Ikeas Hotdogs die schwedische Küche repräsentieren, so tief bedauern wir, dass Du mit Deinem Slogan alte Klischees reproduzierst: »Eine Schnecke voll Glück«? Willst Du denn für alle Ewigkeiten dem Stereotyp der schwedischen Langsamkeit hinterherkriechen? Als regierten dort immer noch Sozialdemokraten, Volvo und Schwedenpornos?

Damit wirst Du nie der Lieblingssnack der Metropolenjugend!

Sagen Dir Deine Zimt- und Zuckerschnecken von Titanic

 Hoppla, Berliner Gefängnischefs!

Drei von Euch haben laut Tagesspiegel wegen eines Fehlers der schwarz-roten Regierungskoalition statt einer Gehaltserhöhung weniger Geld bekommen. Aber der Ausbruch von Geldnöten soll durch einen Nachtragshaushalt verhindert werden. Da ja die Freundschaft bekanntlich beim Geld endet: Habt Ihr drei beim Blick auf Eure Kontoauszüge mal kurz über eine Ersatzfreiheitsstrafe für die nachgedacht, die das verbrochen haben?

Wollte diese Idee nur mal in den Raum stellen: Titanic

 Warum, Internet?

Täglich ermöglichst Du Meldungen wie diese: »›Problematisch‹: Autofahrern droht Spritpreis-Hammer – ADAC beobachtet Teuer-Trend« (infranken.de).

Warum greifst Du da nicht ein? Du kennst doch jene Unsichtbar-Hand, die alles zum Kapitalismus-Besten regelt? Du weißt doch selbst davon zu berichten, dass Millionen Auto-Süchtige mit Dauer-Brummbrumm in ihren Monster-Karren Städte und Länder terrorisieren und zum Klima-Garaus beitragen? Und eine Lobby-Organisation für Immer-Mehr-Verbrauch Höher-Preise erst verursacht?

Wo genau ist eigentlich das Verständlich-Problem?

Rätselt Deine alte Skeptisch-Tante Titanic

 Hallihallo, Michael Maar!

In unserem Märzheft 2010 mahnte ein »Brief an die Leser«: »Spannend ist ein Krimi oder ein Sportwettkampf.« Alles andere sei eben nicht »spannend«, der schlimmen dummen Sprachpraxis zum Trotz.

Der Literatur- ist ja immer auch Sprachkritiker, und 14 Jahre später haben Sie im SZ-Feuilleton eine »Warnung vor dem S-Wort« veröffentlicht und per Gastbeitrag »zur inflationären Verwendung eines Wörtchens« Stellung bezogen: »Nein, liebe Radiosprecher und Moderatorinnen. Es ist nicht S, wenn eine Regisseurin ein Bachmann-Stück mit drei Schauspielerinnen besetzt. Eine Diskussionsrunde über postmoderne Lyrik ist nicht S. Ein neu eingespieltes Oboenkonzert aus dem Barock ist nicht S.«

Super-S wird dagegen Ihr nächster fresher Beitrag im Jahr 2038: Das M-Wort ist ja man auch ganz schön dumm!

Massiv grüßt Sie Titanic

 Bild.de!

»Springer hatte im Januar bundesweit für Entsetzen gesorgt«, zwischentiteltest Du mit einem Mal überraschend selbstreferenziell. Und schriebst weiter: »Nach der Enthüllung des Potsdamer ›Remigrations‹-Treffens von AfD-Politikern und Rechtsextremisten postete Springer: ›Wir werden Ausländer zurückführen. Millionenfach. Das ist kein Geheimnis. Das ist ein Versprechen.‹« Und: »In Jüterbog wetterte Springer jetzt gegen ›dahergelaufene Messermänner‹ und ›Geld für Radwege in Peru‹«.

Dass es in dem Artikel gar nicht um Dich bzw. den hinter Dir stehenden Arschverlag geht, sondern lediglich der Brandenburger AfD-Vorsitzende René Springer zitiert wird, fällt da kaum auf!

Zumindest nicht Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Gute Nachricht:

Letzte Woche in der Therapie einen riesigen Durchbruch gehabt. Schlechte Nachricht: Blinddarm.

Laura Brinkmann

 Gebt ihnen einen Lebenszyklus!

Künstliche Pflanzen täuschen mir immer gekonnter Natürlichkeit vor. Was ihnen da aber noch fehlt, ist die Fähigkeit zu verwelken. Mein Vorschlag: Plastikpflanzen in verschiedenen Welkstadien, damit man sich das Naserümpfen der Gäste erspart und weiterhin nur dafür belächelt wird, dass man alle seine Zöglinge sterben lässt.

Michael Höfler

 Spielregeln

Am Ende einer Mensch-ärgere-dich-nicht-Partie fragt der demente Herr, ob er erst eine Sechs würfeln muss, wenn er zum Klo will.

Miriam Wurster

 Vom Feeling her

Es hat keinen Sinn, vor seinen Gefühlen wegzulaufen. Man muss sich schon auch mal hinter einem Baum verstecken und warten, dass die das nicht merken und an einem vorbeiziehen, sonst bringt das ja alles nichts.

Loreen Bauer

 In Würde altern

Früher hätte mich der riesige Pickel mitten auf meinem Hals stark gestört. Heute trage ich den wohl niedlichsten ausgeprägten Adamsapfel, den die Welt je gesehen hat, mit großem Stolz ein paar Tage vor mir her.

Ronnie Zumbühl

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg