Inhalt der Printausgabe

Titanic SPEZIAL - minigolf porträt

 

Der Platzhirsch

 

 

Tobias "Tobi" Schülert (44) ist der ungekrönte Herrscher des Minigolfplatzes Frankfurt-Heddernheim. Seine Spiele sind legendär, sein Speiseeiskonsum ebenso (Langnese Prolomiti). Beliebter als bei den weiblichen Gästen ist der hochgewachsene Langzeitarbeitslose nur bei Kioskwirtin Erna ("Wurst-Erna"). Eine Spurensuche

 

"Noch ’ne Runde?" Auf diese Frage muß Tobi Schülert nicht lange nach einer Antwort suchen: "Klar! Aber danach spielen wir wieder Minigolf, was? Hups!" Routiniert winkt der sonnenverbrannte Bielefelder zwei attraktiven jungen Minigolferinnen an der Doppelwippe zu, die sich peinlich berührt auf ihr Spiel konzentrieren. "Minigolf ist mehr als ein Sport", sagt er, und seine Stimme zittert nur leicht, "Minigolf ist eine Lebenseinstellung – wo ich das mit der Lebensanstellung doch schon vergessen kann!" Schülert ist ausgebildeter Käfigtänzer und verbrachte seine Lehrjahre im Frankfurter Cocoon Club, mit einem Auslandssemester in der mallorquinischen Großraumdisco "Titus". Doch als er in die Jahre kam, wollte ihn keiner als Barmann oder wenigstens Käfigreiniger übernehmen. Da machte er sein Hobby zum "Beruf": Er wurde Pornofilmstar. Aber auch diese Karriere scheiterte an Schülerts mäßiger Kondition: "Ein halber Kasten Bier, schon geht da unten nix mehr!"

 

Dank des großzügigen deutschen Wohlfahrtsstaats kann Schülert sein Gnadenbrot nun auf dem Heddernheimer Minigolfplatz verzehren, manchmal verdient er sich noch was dazu mit Fegen oder Regenschirmverleih. Auf den ersten Blick könnte man ihn für eine verkrachte Existenz halten; aber wenn er spielt, den Vierfachlooping oder die Geringelte Grützwurst, dann schimmert die Klasse durch, die sich der Mann, den alle nur Tobias nennen, in den letzten 15 Jahren erspielt hat.

 

Konzentriert legt Schülert den kleinen gelben Ball auf den Abschlagpunkt. Die Sprungschanze ist seine Lieblingsbahn. Geübt angelt er die Jägermeisterflasche aus der Gesäßtasche, nimmt noch einen Schluck "Zielwasser", wie er es ganz ohne Selbstironie formuliert. Dann nimmt er den Schläger und prügelt wie von Sinnen auf einen Ameisenhügel ein. "Diese Mistviecher, wie ich sie hasse! Wozu sind die überhaupt gut? Nicht mal essen kann man die!" Souverän schmeißt er den Schläger ins Netz und notiert auf seiner Score Card eine Eins.

 

Schülerts Ruf auf dem kleinen, aber gepflegten Minigolfplatz in Heddernheim ist legendär. Bei der letzten Lokalmeisterschaft trank er zwölf Maß auf ex und schaffte es trotzdem noch, einem zufällig anwesenden Porschefahrer zu zeigen, wofür eine Zahnarztzusatzversicherung doch gut ist. "Die Sau hat mich prozuviert", so Schülert zerknirscht, "aber soziale Symmetrie geht mir einfach über alles!"

 

Extrem langsam fällt die Abendsonne in die vorbeifließende Nidda. Schülert bricht zu einer letzten Runde auf. Heranschwappendes Kinderweinen läßt keinen Zweifel: Hier hat einer zwar keinen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz, aber doch seinen Frieden gefunden.

 

Gärtner/Nagel, Hintner

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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Hey, »Dyn Sports«!

Bitte für zukünftige Moderationen unbedingt merken: Die Lage eines Basketballers, der nach einem Sturz »alle Viere von sich streckt«, ist alles Mögliche, aber bestimmt nicht »kafkaesk«. Sagst Du das bitte nie wieder?

Fleht Titanic

 Hä, »Spiegel«?

»Aber gesund machen wird diese Legalisierung niemanden!« schreibst Du in einem Kommentar zum neuen Cannabisgesetz. »Ach, echt nicht?« fragen wir uns da verblüfft. Wir waren bisher fest vom Gegenteil überzeugt. Immerhin haben Kiffer/innen oft sehr gute feinmotorische Fähigkeiten, einen gesunden Appetit und ärgern sich selten. Hinzu kommen die unzähligen Reggaesongs, in denen das Kiffgras als »Healing of the Nation« bezeichnet wird. All dies willst Du nun tatsächlich infrage stellen? Da lieber noch mal ganz in Ruhe drüber nachdenken!

Empfehlen Deine Blättchenfreund/innen von Titanic

 Ganz schön kontrovers, James Smith,

was Du als Mitglied der britischen Band Yard Act da im Interview mit laut.de vom Stapel gelassen hast. Das zu Werbezwecken geteilte Zitat »Ich feiere nicht jedes Cure-Album« hat uns jedenfalls so aufgewühlt, dass wir gar nicht erst weitergelesen haben.

Wir mögen uns nicht ausmalen, zu was für heftigen Aussagen Du Dich noch hast hinreißen lassen!

Findet, dass Provokation auch ihre Grenzen haben muss: Titanic

 Helen Fares, c/o »SWR« (bitte nachsenden)!

Sie waren Moderatorin des Digital-Formats MixTalk und sind es nun nicht mehr, nachdem Sie ein launiges kleines Video veröffentlicht haben, in dem Sie zum Boykott israelischer Produkte aufriefen, mit Hilfe einer eigens dafür programmierten App, die zielsicher anzeigt, wo es in deutschen Supermärkten noch immer verjudet zugeht (Eigenwerbung: »Hier kannst Du sehen, ob das Produkt in Deiner Hand das Töten von Kindern in Palästina unterstützt oder nicht«).

Nach Ihrem Rauswurf verteidigten Sie sich in einem weiteren Video auf Instagram: »Wir sind nicht antisemitisch, weil wir es boykottieren, Produkte von Unternehmen zu kaufen, die Israel unterstützen. Ein Land, das sich vor dem Internationalen Gerichtshof wegen Genozid verantworten muss, weil es Zehntausende von Menschen abgeschlachtet hat.« Da sich aber auch Deutschland vor dem Internationalen Gerichtshof wegen Beihilfe zum Genozid verantworten muss, war Ihre Kündigung beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk ja ohnehin einvernehmlich, oder?

Kann es sich nicht anders vorstellen: Titanic

 Hello, Grant Shapps (britischer Verteidigungsminister)!

Eine düstere Zukunft haben Sie in einem Gastbeitrag für den Telegraph zum 75jährigen Bestehen der Nato skizziert. Sie sehen eine neue Vorkriegszeit gekommen, da sich derzeit Mächte wie China, Russland, Iran und Nordkorea verbündeten, um die westlichen Demokratien zu schwächen. Dagegen hülfen lediglich eine Stärkung des Militärbündnisses, die weitere Unterstützung der Ukraine und Investitionen in Rüstungsgüter und Munition. Eindringlich mahnten Sie: »Wir können uns nicht erlauben, Russisch Roulette mit unserer Zukunft zu spielen.«

Wir möchten aber zu bedenken geben, dass es beim Russisch Roulette umso besser fürs eigene Wohlergehen ist, je weniger Munition im Spiel ist und Patronen sich in der Trommel befinden.

Den Revolver überhaupt vom eigenen Kopf fernhalten, empfehlen Ihre Croupiers von der Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Dual Use

Seit ich meine In-Ear-Kopfhörer zugleich zum Musikhören und als Wattestäbchen verwende, stört es mich gar nicht mehr, wenn beim Herausnehmen der Ohrstöpsel in der Bahn getrocknete Schmalzbröckelchen rauspurzeln.

Ingo Krämer

 Gute Nachricht:

Letzte Woche in der Therapie einen riesigen Durchbruch gehabt. Schlechte Nachricht: Blinddarm.

Laura Brinkmann

 Konsequent

Die Welt steckt in der Spermakrise. Anzahl und Qualität der wuseligen Eileiter-Flitzer nehmen rapide ab. Schon in wenigen Jahren könnten Männer ihre Zeugungsfähigkeit vollständig verlieren. Grund hierfür sind die Verkaufsschlager aus den Laboren westlicher Großkonzerne. Diese Produkte machen den Schädling platt, das Plastik weich und das Braterlebnis fettfrei und wundersam. Erfunden wurden diese chemischen Erfolgsverbindungen von – Überraschung – Y-Chromosom-Trägern. Toll, dass sich Männer am Ende doch an der Empfängnisverhütung beteiligen.

Teresa Habild

 Immerhin

Für mich das einzig Tröstliche an komplexen und schwer zugänglichen Themen wie etwa Quantenmechanik, Theodizee oder den Hilbertschen Problemen: Letztlich ist das alles keine Raketenwissenschaft.

Michael Ziegelwagner

 Im Institut für Virologie

Jeder Gang macht krank.

Daniel Sibbe

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg