Inhalt der Printausgabe

Teil 9/9

»Nicht gegen Abtreibung sprechen!«

Es stimmt ja nicht, daß im Osten keiner mehr an was glaubt. Auf »Gott«, »Jesus« und »Heiliger Geist« (in exakt dieser Reihenfolge!) können sich fast alle einigen, die unseren Fragebogen ausfüllen. Das ist kein Wunder bzw. ein sehr großes – begegnet Gott den meisten doch »jeden Tag« oder »immer«, »vielleicht jetzt sogar durch die Kabarett(chr)isten«, wie einer hofft. Ratlos ist einzig Susanne aus Jena: »Ich bin wahrscheinlich zu blöd, zu erkennen, wenn er mir begegnet.« Genau!
Trotzdem wäre die Verwirrung groß, käme Jesus heute in Erfurt auf die Welt. Dann »würde er schreien vor Ungerechtigkeit«, »würde es keiner merken«, »wäre vielleicht einiges besser« oder »das Ende der Welt nahe«. Erst den vorgegebenen Satz »Jesus hat den längsten...« ergänzen die Befragten wieder einmütig und korrekt mit »Atem« bzw. »Leidensweg«, und nur ein einziger Scherzbold mit »Arm (metaphysisch gesehen)«. Wenig hat man deshalb auch gegen Atheisten. Einzelne mögen sie nicht, weil »sie das Christentum total runtermachen«, und hassen »ihre Intoleranz« wie übrigens auch »Satan« und »Nazis«.

Daß Gott »viel Humor hat«, glaubt eine satte Mehrheit. Die Ansicht, er habe höchstens »mittel«, »keinen Funken« oder gar »seinen eigenen« Humor, wird nur von wenigen Außenseitern geteilt, wahrscheinlich Nazis oder Satanisten. Gut die Hälfte gibt an, über frauen- bzw. tierverachtende Witze nicht lachen zu können. Die andere Hälfte findet, es kommt auf den Witz an. Sie lacht eventuell »neutral« oder »aus Höflichkeit« mit.
Wir machen die Probe aufs Exempel: »Kommt Jesus zum Arzt und sagt: Herr Doktor, ich habe immer so Seitenstechen. Sagt der Arzt: Verarschen kann ich mich selbst!« Überraschendes Ergebnis: Ungefähr die Hälfte der Probanden findet den Witz nicht lustig, die andere Hälfte versteht ihn nicht bzw. »vom Witzgehalt schon, vom Inhalt nicht«.
Weiß die »Partei bibeltreuer Christen« eigentlich, welche Chancen sie im Osten hätte? Auf die Frage, welche Parteimitgliedschaft am ehesten mit dem Christentum vereinbar sei, kommt es zu einem Erdrutschsieg der PBC. Alle anderen Parteien (PDS, DVU, FDP) scheitern kläglich an der Fünf-Prozent-Hürde. Bibeltreu aber auch die Ergebnisse des kleinen Malwettbewerbs. Unter Hinweis auf den Dekalog versagen uns viele Probanden ihr Bild von Gott.

Wären sie Papst, würden die (überwiegend evangelischen) Befragten in ihrer Mehrheit »das Amt abschaffen« bzw. »das Zölibat«. Andere würden sich »auch so ein Aquarium auf Rädern kaufen«, »den Reichtum den Armen geben«, »alle Drogen erlauben« – und vor allem »nicht gegen Abtreibung sprechen!«
Ähnlich schillernd schließlich auch die Resonanz auf das Programm der Kabarett(chr)isten: Von »sehr gut« und »etwas derb« bis »ganz toll«, »ziemlich provokativ« und »amüsant« reichen die Meinungen. Auch harte Kritik bleibt konstruktiv: »Ich fand es schrecklich. Es wäre gegangen, wenn sie ›richtig‹ singen würden (nicht so schief!).« Und die Denkanstöße waren auch nicht umsonst: »Schön, daß es sowas gibt. Allerdings hatte ich Mühe, den Humor zu verstehen. Vielleicht bin ich ja zu ostdeutsch...«
Schön, wenn solche Selbsterkenntnis Schule machte!

 

Mark-Stefan Tietze

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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ah, »Galileo«!

Über die Arbeit von Türsteher/innen berichtest Du: »Viele Frauen arbeiten sogar als Türsteherinnen«. Wir setzen noch einen drauf und behaupten: In dieser Branche sogar alle!

Schmeißen diese Erkenntnis einfach mal raus:

Deine Pointen-Bouncer von Titanic

 Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Im andalusischen Sevilla hast Du eine Kontroverse ausgelöst, der Grund: Auf dem Plakat für das Spektakel »Semana Santa« (Karwoche) habest Du zu freizügig ausgesehen, zu erotisch, ja zu hot!

Tja, und wie wir das besagte Motiv anschauen, verschlägt es uns glatt die Sprache. Dieser sehnsüchtige Blick, der kaum bedeckte anmutige Körper! Da können wir nur flehentlich bitten: Jesus, führe uns nicht in Versuchung!

Deine Dir nur schwer widerstehenden Ungläubigen von der Titanic

 Könnte es sein, »ARD-Deutschlandtrend«,

dass Dein Umfrageergebnis »Mehrheit sieht den Frieden in Europa bedroht« damit zusammenhängt, dass seit über zwei Jahren ein Krieg in Europa stattfindet?

Nur so eine Vermutung von Titanic

 Recht haben Sie, Uli Wickert (81)!

Recht haben Sie, Uli Wickert (81)!

Die Frage, weshalb Joe Biden in seinem hohen Alter noch mal für das Präsidentenamt kandidiert, anstatt sich zur Ruhe zu setzen, kommentieren Sie so: »Warum muss man eigentlich loslassen? Wenn man etwas gerne macht, wenn man für etwas lebt, dann macht man halt weiter, soweit man kann. Ich schreibe meine Bücher, weil es mir Spaß macht und weil ich nicht Golf spielen kann. Und irgendwie muss ich mich ja beschäftigen.«

Daran haben wir, Wickert, natürlich nicht gedacht, dass der sogenannte mächtigste Mann der Welt womöglich einfach keine Lust hat, aufzuhören, auch wenn er vielleicht nicht mehr ganz auf der Höhe ist. Dass ihn das Regieren schlicht bockt und ihm obendrein ein Hobby fehlt. Ja, warum sollte man einem alten Mann diese kleine Freude nehmen wollen!

Greifen Sie hin und wieder doch lieber zum Golfschläger statt zum Mikrofon, rät Titanic

 Helen Fares, c/o »SWR« (bitte nachsenden)!

Sie waren Moderatorin des Digital-Formats MixTalk und sind es nun nicht mehr, nachdem Sie ein launiges kleines Video veröffentlicht haben, in dem Sie zum Boykott israelischer Produkte aufriefen, mit Hilfe einer eigens dafür programmierten App, die zielsicher anzeigt, wo es in deutschen Supermärkten noch immer verjudet zugeht (Eigenwerbung: »Hier kannst Du sehen, ob das Produkt in Deiner Hand das Töten von Kindern in Palästina unterstützt oder nicht«).

Nach Ihrem Rauswurf verteidigten Sie sich in einem weiteren Video auf Instagram: »Wir sind nicht antisemitisch, weil wir es boykottieren, Produkte von Unternehmen zu kaufen, die Israel unterstützen. Ein Land, das sich vor dem Internationalen Gerichtshof wegen Genozid verantworten muss, weil es Zehntausende von Menschen abgeschlachtet hat.« Da sich aber auch Deutschland vor dem Internationalen Gerichtshof wegen Beihilfe zum Genozid verantworten muss, war Ihre Kündigung beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk ja ohnehin einvernehmlich, oder?

Kann es sich nicht anders vorstellen: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Mitgehört im Zug

»Prostitution ist das älteste Gewerbe der Welt!« – »Ja, aber das muss es ja nicht bleiben.«

Karl Franz

 Gebt ihnen einen Lebenszyklus!

Künstliche Pflanzen täuschen mir immer gekonnter Natürlichkeit vor. Was ihnen da aber noch fehlt, ist die Fähigkeit zu verwelken. Mein Vorschlag: Plastikpflanzen in verschiedenen Welkstadien, damit man sich das Naserümpfen der Gäste erspart und weiterhin nur dafür belächelt wird, dass man alle seine Zöglinge sterben lässt.

Michael Höfler

 Finanz-Blues

Wenn ich bei meiner langjährigen Hausbank anrufe, meldet sich immer und ausnahmslos eine Raiffeisenstimme.

Theobald Fuchs

 Tödliche Pilzgerichte (1/1)

Gefühlte Champignons.

Lukas Haberland

 Spielregeln

Am Ende einer Mensch-ärgere-dich-nicht-Partie fragt der demente Herr, ob er erst eine Sechs würfeln muss, wenn er zum Klo will.

Miriam Wurster

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg