Vom Fachmann für Kenner | Februar 2024


Zu viele blinde Bauern

stürzen säend in den Abgrund.

Sebastian Maschuw

Taktvoll

Über Musik zu schreiben sei so wie über Architektur zu tanzen, behauptet ein beliebtes Aperçu, das wohl die geistige Auseinandersetzung mit der Tonkunst herabwürdigen will. Mich aber erinnert es an die unzähligen Male, bei denen es auf der Tanzfläche um nichts Geringeres ging als um nachkriegsmoderne Mietskasernen, den DDR-Plattenbau und die öffentlichen Zweckbauten der Nullerjahre!

Mark-Stefan Tietze

Supernerviger Berufsstand

»Dä Staatsanwalt mag noch so dränge –
für Mundraub lass isch disch net hänge.
Isch richte lieber unverfänglisch
und verpass dir lebenslänglisch.«

Schlimmer noch als Mundartdichter: der Mundart-Richter.

Norbert Behr

Zwangsstörung trifft Weltschmerz

Beim Betreten meines Zuhauses kommt immer die quälende Frage auf, ob die Krisenherde da draußen wirklich aus sind.

Ronnie Zumbühl

Fragen an die Leser (42)

Findet ihr es auch so demütigend, wenn die Kassiererin im Supermarkt kurz in euren Eierkarton schaut, bevor sie ihn über den Scanner zieht?

Uwe Becker

Gedanken in meiner Studierstube

In meiner Brust, da wohnen sieben Seelen.
Vier von ihnen dürfen noch nicht wählen.
Zwei weitere sind schon total dement,
sprich: altersblöd und meistens ungekämmt.
Nur die siebte ist erwachsen und bei Sinnen,
nur leider immer unterwegs, nie in mir drinnen.

Ella Carina Werner

Dem Volksmund entsprechend

Aber als Prädikat für Discounter-Eigenmarken.

Karl Franz

Paddy goes to Lonelyland

Beim Sichten alter Irland-Fotos kamen mir neulich meine legendären Irish-Folk-Sausen aus den 90ern in den Sinn. Um die Magie der Grünen Insel abseits der Ferien auch daheim zu spüren, veranstaltete ich kleine Wohnzimmerkonzerte, bei denen ich geladene Gäste mit leidenschaftlich auf der Gitarre performten Rebel & Drinking-Songs zu begeistern hoffte. Auch wenn mein Faible für »Dirty Old town« und »Whisky in the Jar« niemand wirklich verstand und sich der letzte Zuhörer bereits nach zehn Minuten heimlich vom Klo Richtung Techno-Mühle verdrückt hatte, war meine amateurhafte Hingabe nicht umsonst: Das Gefühl, auf einem schroffen Eiland an der irischen Westküste in völliger Isolation zu leben, transportierten die kultigen Solo-Gigs nämlich erstaunlich gut.

Patric Hemgesberg

Beim Blick in den Spiegel während eines Mundhygienevorgangs

Das sind keine Lachfalten, das sind Mundhygienefalten.

paulaner

Positivismus

»Und du bist Lehrer?«
»Eigentlich nicht. Eigentlich bin ich Philosoph.«
»Und da kannst du auch Lehrer?«
»Eigentlich nicht.«
»Und was kann so ein Philosoph?«
»Eigentlich nichts.«
»Und das reicht, um Philosophie zu unterrichten?«
»Eigentlich nicht.«
»Aber du unterrichtest Ethik.«
»Leider ja.«
»Und die Schüler lernen da was.«
»Eigentlich nicht.«

Es ist immer wieder erfrischend, mit einem dermaßen positiv eingestellten Menschen zu sprechen.

Ludger Fischer

Bilden Sie mal einen Satz mit Arthrose

Es sticht und schmerzt das Blümelein.
Das wird so ’ne Arthrose sein.

Patrick Fischer

Vegetarische Alternative

Ich bin über die Fleischersatzprodukte zum Vegetarismus gekommen – ich bin ein Seitaneinsteiger.

Lukas Haberland

Der vermutlich osteuropäische Bettler,

der Anfang Dezember in einer Mainzer Einkaufsstraße auf dem Boden sitzt und vermittels seiner zehenlosen Fußballen vorzeigt, was er nicht hat, ist offenbar ein Meister des Paradoxons.

Frank Jakubzik

Orthopädische Mythologie

Als Ischias an diesem Morgen erwachte, entschied er spontan, sich von nun an voll dahinterzuklemmen.

Loreen Bauer

Die Volokralle

Flugtaxis sind nur der Anfang! Mir kam eine weitaus bessere Idee für ein Transportmittel, das bisher noch nicht existiert: Die Stadt wird von einem massiven Traggerüst durchzogen, ähnlich dem der Wuppertaler Schwebebahn. An seiner Schiene fährt ein übergroßer Greifarm entlang. Kennen Sie diese Spielautomaten mit den Plüschtieren? Die mechanische Hand angelt sich die einzelnen Passagiere, indem sie sie sanft am Kragen hochhebt, und befördert sie ans andere Ende der Stadt. Einziges Manko des Pilotprojekts: Für jeden der zahlreichen Versuche, die die Kralle benötigt, um den Passagier zu erwischen, muss dieser eine Ein-Euro-Münze in den Fahrkartenautomaten werfen.

Leo Riegel

Wertschätzung für alle

Auch für Exhibitionisten in der Fußgängerzone ist es wichtig, gesehen zu werden.

Julia Mateus

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Wie Ihr Euch als Gäste verhaltet, liebe »Zeit online«-Redaktion,

ist uns wirklich schleierhaft. Immerhin empfehlt Ihr allen guten Besucher/innen, beim Verlassen des Gästezimmers »mehr als eine Unterhose« anzuziehen. Da drängen sich uns einige Fragen auf: Ist Euch im Höschen öfters kalt? Ist das wieder so ein Modetrend, den wir verpasst haben? Gibt es bei Eurem Gastgeber keine Toilette und Ihr müsst vorbeugen?

Und wie trägt man überhaupt mehr als eine Unterhose? Muss man sich Buxen in aufsteigenden Größen kaufen oder reicht ein erhöhter Elastan-Anteil? Wie viele Schlüpferlagen empfiehlt der Knigge?

Denkbar wäre etwa, bei engen Freund/innen zu zwei, bei Geschäftskolleg/innen jedoch zu mindestens fünf Slips zu greifen. Aber wie sieht es aus bei der nahen, aber unliebsamen Verwandtschaft?

Trägt zur Sicherheit immer mindestens drei Stringtangas: Titanic

 Adieu, Hvaldimir!

Adieu, Hvaldimir!

Als Belugawal hast Du Dich jahrelang vor der norwegischen Küste herumgetrieben und Dich mit Kameraausrüstung am Leib angeblich als russischer Spion betätigt, was Dir viel mediale Aufmerksamkeit und Deinen Decknamen, Hvaldimir, beschert hat. Jetzt bist Du leider tot in der Risavika-Bucht gefunden worden, und da fragen wir uns, Hvaldimir: Hast Du nicht rechtzeitig die Flossen hochbekommen, oder warst Du einfach nicht geübt in der Kunst des Untertauchens?

Mit einem Gläschen Blubberwasser gedenkt Deiner heute: Titanic

 Bitte schön, Annika Stechemesser!

Sie sind Klimaforscherin in Potsdam, wurden in der Frankfurter Rundschau am Tag nach den brisanten Landtagswahlen zum Thema »effektiver Klimaschutz« interviewt, und da wir heute auf keinen Fall Witze mit Namen machen wollen, lassen wir das einfach mal so stechen, äh, stehen!

Ganz lieb grüßt Ihre Titanic

 Hmmm, Aurelie von Blazekovic (»SZ«)!

Am Abend der Wahlen in Thüringen und Sachsen hatte die ZDF-Chefredakteurin Schausten dem 1. September 2024 den 1. September 1939 an die Seite gestellt, und dazu fiel Ihnen dies ein: »Das Dämonisieren von Rechtspopulisten hatte bisher keinen Erfolg. Egal, wie richtig es ist, dass die AfD gefährlich, radikal, extrem ist. Politiker, Journalisten, Demokratieverteidiger können das immer noch lauter und lauter rufen – aber es bringt nichts. Die berechtigten Warnungen sind inzwischen leere Formeln. Die Wahlergebnisse der AfD sind immer besser geworden, der Trotz immer erheblicher. Die Tatsache, dass sie sich beständig als Opfer von Medien inszenieren kann, hat der Partei genutzt. Es ist nicht die Aufgabe von Bettina Schausten, die AfD kleinzukriegen, sondern die der anderen Parteien. Sie sollten mal über den Tim-Walz-Weg nachdenken. Ist Björn Höcke etwa nicht weird

Ist er. Hitler war es auch, und ihn als »Anstreicher« (Brecht) oder inexistenten Krachmacher (Tucholsky) zu entdämonisieren, hat bekanntlich so viel gebracht, dass diese Sätze nie haben fallen müssen: »Man hat mich immer als Propheten ausgelacht. Von denen, die damals lachten, lachen heute Unzählige nicht mehr, und die jetzt noch lachen, werden in einiger Zeit vielleicht auch nicht mehr lachen.«

Wegweisend winkt Titanic

 Keine Frage, DHT Speditionsgesellschaft,

steht da auf Deinen Lkw, sondern eine Aussage: »Lust auf Last«.

Als Du damit auf der Autobahn an uns vorbeirauschtest, waren wir erst mal verwirrt: Kann man wirklich Lust auf etwas haben, was laut Duden »durch sein Gewicht als drückend empfunden wird«? Erst dachten wir noch, dass Du vielleicht was anderes damit meinst. »Last Christmas, I gave you my heart«, »Last uns froh und munter sein«, »I last my heart in San Francisco« – irgendwie so was.

Aber offenbar behauptest Du tatsächlich einfach, dass Du Spaß an der monotonen und zermürbenden Aufgabe hättest, dem Kapitalismus seine Waren über die stinkenden Autobahnen zu fahren, dabei Sonntage auf zugepissten Autohöfen zu verbringen und Dich beim Überholmanöver von Teslas und Audi A-Sonstwas anhupen zu lassen. Diese »Lust« wünschen wir Dir von ganzem Herzen, aber vermuten doch ganz stark, dass Dir der Spruch von jemandem auf den Lkw diktiert wurde, der bei der Berufswahl »Lust auf Marketing« hatte und seine Mittagspausen nicht in der Fahrerkabine, sondern beim Bagel-Laden in der Innenstadt verbringt.

Fahren an der nächsten Ausfahrt ab: Deine Leichtgewichte von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Reality-TV

Bei der Fernsehserie »Die Nanny« gibt es diese eine Szene, in der die Mutter der Nanny, Sylvia Fine, in einem Pariser Restaurant mit dem Kellner kommunizieren will. Da sie kein Französisch spricht, nutzt sie zum Austausch ausschließlich den Text des französischen Kinderliedes »Frère Jacques«: Mit »Frère Jacques« ruft sie den Kellner, mit »Ding-ding-dong« fordert sie einen neuen Kaffee und so weiter. In der Serie klappte das sehr gut, und als Kind fand ich es auch ausgesprochen lustig, war mir allerdings sicher, dass das in der Realität nie funktionieren würde – bis es mir selbst gelang. Das kam so: Im Fitnessstudio wartete ein junger Mann am Tresen vergeblich auf einen Trainer. Vergeblich, weil er die im Tresen eingelassene Klingel nicht betätigt hatte. Nun hatte ich ihn während des Trainings Französisch sprechen hören, sprach allerdings selbst keines. Da ich aber der Einzige war, der sein vergebliches Warten bemerkte, ging ich schließlich hin, zeigte auf die Klingel und sagte »Sonnez les matines! Sonnez les matines!« Er verstand sofort und klingelte ausgiebig. Kurz darauf erschien der Trainer und ließ ihn hinaus. Da soll noch mal einer sagen, Fernsehen würde im Leben nicht helfen.

Karl Franz

 Mitläuferin? Ganz im Gegenteil!

Meine Oma fuhr im Widerstand Motorrad.

Andreas Maria Lugauer

 Alle meine Aversionen

Was ich überhaupt nicht schätze:
»Mädchen, ich erklär dir ...«-Sätze.

Was ich nicht so super finde:
Bluten ohne Monatsbinde.

Was ich gar nicht leiden kann:
Sex mit einem Staatstyrann.

Den Rest, auch Alkoholkonzerne,
mag ich eigentlich ganz gerne.

Ella Carina Werner

 Unangenehm

Auch im Darkroom gilt: Der Letzte macht das Licht aus.

Sebastian Maschuw

 Kurzzeitgenossen

Bei der Meldung zu Anton Bruckners 200. Geburtsjubiläum (4. September) und dem tags darauf sich jährenden Geburtstag Heimito von Doderers (5. September) mit Interesse bemerkt, dass beide Herren im Jahr 1896 kurz gleichzeitig am Leben waren: nämlich fünf Wochen und einen Tag lang, von Klein-Heimitos Entbindung bis zu Bruckners Tod am 11. Oktober. Solche ganz knapp verpassten Möglichkeiten der Seelenwanderung faszinieren mich. Was wäre gewesen, hätte man Doderer etwas später zur Welt gebracht, wäre Bruckners Geist schon ein paar Wochen früher »frei« gewesen? Hätte Wien / Ansfelden ein reinkarniertes Doppeltalent Heimtoni von Brucknerer überhaupt ausgehalten, hätte die literarisch-musikalische Welt unter dem Eindruck der »Strudlhofsinfonie«, des »Rondo in c-Moll für Streichquartett und einen Merowinger« (Alternativtitel: »Die tonale Familie«) oder der kurzen vierstimmigen Motette »Die Peinigung der Orgelpfeifelchen« vor Entzücken und Überwältigung alle viere von sich gestreckt, aufgegeben und ihren Kulturbeutel auf immerdar zusammengepackt? – Dass das Spekulieren über solche vergeigten Leider-nicht-Seelenwanderungen nur sehr ausnahmsweise Sinn ergibt, dämmerte mir aber, als ich ad notam nahm, mit welchen Gruselgestalten und potentiellen Reinkarnationsgefäßen seinerseits Doderer seine allerletzten Tage im Herbst 1966 verbringen musste: Stefan Raab (*20.10.66), David Cameron (*9.10.66), Caroline Beil (*3.11.66) und sogar noch haarscharf David Safier (*13.12.66, »Miss Merkel – Mord am Friedhof«; »Der kleine Ritter Kackebart«). Dann schon lieber die Seele mit in die Hölle nehmen.

Michael Ziegelwagner

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Das schreiben die anderen

  • 03.10.: Der MDR kramt bei der Debatte, ob Ostdeutschland in den Medien schlechtgeredet wird, die Zonen-Gaby wieder hervor.
  • 26.09.:

    Noch-Grünenchefin Ricarda Lang retweetet "ihren" Onlinecartoon vom 25.09.

  • 18.09.: TITANIC-Zeichnerin Hilke Raddatz ("Briefe an die Leser") ist mit dem Wilhelm-Busch-Preis geehrt worden. Die SZLZ und der NDR berichten.
  • 12.09.:

    "Heute detoxe ich im Manager-Retreat im Taunus": TITANIC-Chefredakteurin Julia Mateus im Interview mit dem Medieninsider.

  • 29.08.:

    Die FR erwähnt den "Björnout"-Startcartoon vom 28.08.

Titanic unterwegs
12.10.2024 Bad Lauchstädt, Goethe Theater Max Goldt
12.10.2024 Freiburg, Vorderhaus Thomas Gsella
12.10.2024 Magdeburg, Moritzhof Hauck & Bauer
14.10.2024 Augsburg, Parktheater im Kurhaus Göggingen Hauck & Bauer und Thomas Gsella