Vom Fachmann für Kenner | Oktober 2023


Irgendwie entlastend

Habe neulich lang und intensiv darüber nachgedacht, dass die von mir erdachte Frage für ein ebenso erdachtes Therapiegespräch mit mir in der Rolle des Gastgebers: »Sehen Sie sich eher als Nagel (also schnell in der Wand, aber nicht allzu tragfähig) oder als Schraube (langsam in die Wand gedreht, im Vergleich sehr tragfähig)?« durch technischen Fortschritt (Stichwort: Akkuschrauber) ohnehin obsolet wäre.

Martin Weidauer

Call-to-Action

Zusammen mit dem Team einer der führenden deutschen Werbeagenturen arbeite ich derzeit an einer Pro-bono-Kampagne zum Thema Suizidprävention. Gemeinsam haben wir auch schon richtig viele gute Ideen entwickelt. Was uns bislang aber leider noch fehlt, ist ein Aufhänger.

Andreas Maria Lugauer

Vorschlag

Beinpresse als anderer Ausdruck für Fußballzeitschriften.

Karl Franz

Lifehack

Nach einigen Selbstversuchen mit Pferdesalbe und Wärmepflastern zur Behandlung kleinerer Sportverletzungen bin ich überzeugt: Mit diesen beiden Produkten werde ich die nächste Heizkrise elegant meistern.

Katharina Greve

After-Life-Hack

Auf meinem Organspendeausweis ist vermerkt, dass ich posthum nur ausgeschlachtet werden darf, wenn mein Ableben, egal wie mysteriös, blutrünstig, effektvoll, erheiternd, generationenkonfliktelösend, krebsheilend oder die messianische Zeit einläutend es auch stattgefunden haben werden mag, niemals in einem True-Crime-Podcast vorkommen darf.

Sebastian Maschuw

Präzision

Fine-Dining-Restaurants schließen nicht, sie fermétieren.

Ronnie Zumbühl

Verödungsalarm

Deutliches Zeichen dafür, dass ein Ort langsam stirbt: Wenn im kommunalen Veranstaltungskalender eine Blutspende-Aktion unter »Events« angekündigt wird.

Jürgen Miedl

Bleib ruhig, Honni Bunny!

Wolfgang Stumph als Auftragskiller, der seine Lieblingsstelle aus dem »Kapital« zitiert, bevor er kaltblütig junge Dissidenten abknallt, tiefgründige Diskussionen im Trabi, dass »die da drüben« zum Jägerschnitzel ja nicht »Jägerschnitzel« sagen, sondern »panierte Jagdwurst, uähh«, und eine packend inszenierte Tanzszene mit Manfred Krug und Katharina Thalbach – so ähnlich malte ich mir als Jugendlicher den sonderbaren Film aus, dessen Soundtrack ich gerade bei Napster runtergeladen hatte: »Pulp Fiction OST«.

Alexander Grupe

In between lifestyles

Silberner BMW, quer über die Heckscheibe der Schriftzug »Moskovskaya«, vorn auf der Ablage: Anwohner-Parkausweis Nr. 05.

Frank Jakubzik

Rentner mit Humor

Ich bin im Bus für einen deutlich Jüngeren aufgestanden.

Uwe Becker

Wälzer am Fließband

Als ich vor etlichen Jahren zum ersten Mal von dem Gerücht hörte, Stephen King verfasse seine Romane nicht selbst, sondern hätte einen kompletten Stab von findigen Schreiberlingen, die den ganzen Tag nichts anderes täten, als zu tippen und des Meisters Besitzstand zu mehren, habe ich vor lauter Empörung sofort mein Verhalten als Konsument geändert. Bis heute lasse ich jede Neuerscheinung des King of Horror von Ghostreadern durchschmökern und mir gegen ein lächerliches Honorar eine detaillierte Zusammenfassung schicken, die ich auswendig lerne, um anschließend belesen zu wirken. Eines muss ich King bei aller Schummelei aber dennoch lassen. Seine Geschichten um tollwütige Autos und Feuer legende Bernhardiner sind wirklich fesselnd.

Patric Hemgesbgerg

Perspektive

Ein Schuh ist eigentlich auch nur ein Stück Boden zum Anziehen und Mitnehmen.

Max Osswald

Adorno Revisited

Flohmarkt. Nur Festpreise? Wäre ja gelacht! Nach einer Stunde beseelten Rumbummelns die Erkenntnis: »Es gibt ein richtiges Leben im Feilschen.«

Norbert Behr

Meta-Verpackung

Heute kann man sich ja in Onlinetutorials von geduldigen Menschen in idiotensicheren Einzelschritten erklären lassen, wie man perfekte Origamikolibris herstellt und ähnlichen Quatsch. Derartige Anleitungen fehlten meiner Freundin Gabi in den 90er Jahren, als sie für die Hochzeit ihrer verwöhnten Nichte einen nicht ganz unerheblichen Geldbetrag in Form von mehreren 100-DM-Scheinen schöner als in einem schnöden Umschlag präsentieren wollte. Sie erstand am Tag des Festes ein Buch mit dem Titel »Geldgeschenke originell verpackt« mit schwierigen Zeichnungen von fortgeschrittenen Falttechniken. Leider mangelte es Gabi sowohl an Zeit als auch an jedweder Bastelfertigkeit, weshalb sie nach einigen Fehlversuchen völlig entnervt einfach die knitterigen Geldscheine zwischen die Seiten des Buches stopfte und dieses auf den Gabentisch legte. Das Brautpaar hat sich übrigens nie für das Geld bedankt – wir vermuten stark, dass die ignoranten Schweine das billige Buch vor Wut ungelesen verbrannt haben.

Kerstin Richter

Tierische Youtuber

Und wenn es euch gefallen hat, dann abonniert meinen Kanal!

Die Ratte

Dorthe Landschulz

Trauriges Liedlein

Im Harz gibt’s keine Bäume mehr,
im Allgäu keinen Schnee,

im Landkreis Bayreuth keinen Gott
und keinen Sex. O weh!

Selbst an der wunderschönen Schlei
ist’s mit der Lebenslust vorbei.

Nur eins gibt’s immer auf der Welt:
in Hamburg-Blankenese Geld.

Ella Carina Werner

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ach, Scheuer-Andi,

wie der Spiegel meldet, wird niemand für Sie in den Bundestag nachrücken. Da scheinen die Fußstapfen wohl einfach zu groß zu sein.

Die Besten gehen immer zu früh …

Weiß Titanic

 Hey, »Dyn Sports«!

Bitte für zukünftige Moderationen unbedingt merken: Die Lage eines Basketballers, der nach einem Sturz »alle Viere von sich streckt«, ist alles Mögliche, aber bestimmt nicht »kafkaesk«. Sagst Du das bitte nie wieder?

Fleht Titanic

 Hallihallo, Michael Maar!

In unserem Märzheft 2010 mahnte ein »Brief an die Leser«: »Spannend ist ein Krimi oder ein Sportwettkampf.« Alles andere sei eben nicht »spannend«, der schlimmen dummen Sprachpraxis zum Trotz.

Der Literatur- ist ja immer auch Sprachkritiker, und 14 Jahre später haben Sie im SZ-Feuilleton eine »Warnung vor dem S-Wort« veröffentlicht und per Gastbeitrag »zur inflationären Verwendung eines Wörtchens« Stellung bezogen: »Nein, liebe Radiosprecher und Moderatorinnen. Es ist nicht S, wenn eine Regisseurin ein Bachmann-Stück mit drei Schauspielerinnen besetzt. Eine Diskussionsrunde über postmoderne Lyrik ist nicht S. Ein neu eingespieltes Oboenkonzert aus dem Barock ist nicht S.«

Super-S wird dagegen Ihr nächster fresher Beitrag im Jahr 2038: Das M-Wort ist ja man auch ganz schön dumm!

Massiv grüßt Sie Titanic

 Hello, Grant Shapps (britischer Verteidigungsminister)!

Eine düstere Zukunft haben Sie in einem Gastbeitrag für den Telegraph zum 75jährigen Bestehen der Nato skizziert. Sie sehen eine neue Vorkriegszeit gekommen, da sich derzeit Mächte wie China, Russland, Iran und Nordkorea verbündeten, um die westlichen Demokratien zu schwächen. Dagegen hülfen lediglich eine Stärkung des Militärbündnisses, die weitere Unterstützung der Ukraine und Investitionen in Rüstungsgüter und Munition. Eindringlich mahnten Sie: »Wir können uns nicht erlauben, Russisch Roulette mit unserer Zukunft zu spielen.«

Wir möchten aber zu bedenken geben, dass es beim Russisch Roulette umso besser fürs eigene Wohlergehen ist, je weniger Munition im Spiel ist und Patronen sich in der Trommel befinden.

Den Revolver überhaupt vom eigenen Kopf fernhalten, empfehlen Ihre Croupiers von der Titanic

 Hej, Gifflar!

Du bist das Zimtgebäck eines schwedischen Backwarenherstellers und möchtest mit einer Plakatkampagne den deutschen Markt aufrollen. Doch so sehr wir es begrüßen, wenn nicht mehr allein Köttbullar, Surströmming und Ikeas Hotdogs die schwedische Küche repräsentieren, so tief bedauern wir, dass Du mit Deinem Slogan alte Klischees reproduzierst: »Eine Schnecke voll Glück«? Willst Du denn für alle Ewigkeiten dem Stereotyp der schwedischen Langsamkeit hinterherkriechen? Als regierten dort immer noch Sozialdemokraten, Volvo und Schwedenpornos?

Damit wirst Du nie der Lieblingssnack der Metropolenjugend!

Sagen Dir Deine Zimt- und Zuckerschnecken von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Citation needed

Neulich musste ich im Traum etwas bei Wikipedia nachschlagen. So ähnlich, wie unter »Trivia« oft Pub-Quiz-Wissen gesammelt wird, gab es da auf jeder Seite einen Abschnitt namens »Calia«, voll mit albernen und offensichtlich ausgedachten Zusatzinformationen. Dank Traum-Latinum wusste ich sofort: Na klar, »Calia« kommt von »Kohl«, das sind alles Verkohl-Facts! Ich wunderte mich noch, wo so ein Quatsch nun wieder herkommt, wusste beim Aufwachen aber gleich, unter welcher Kategorie ich das alles ins Traumtagebuch schreiben konnte.

Alexander Grupe

 Gebt ihnen einen Lebenszyklus!

Künstliche Pflanzen täuschen mir immer gekonnter Natürlichkeit vor. Was ihnen da aber noch fehlt, ist die Fähigkeit zu verwelken. Mein Vorschlag: Plastikpflanzen in verschiedenen Welkstadien, damit man sich das Naserümpfen der Gäste erspart und weiterhin nur dafür belächelt wird, dass man alle seine Zöglinge sterben lässt.

Michael Höfler

 100 % Maxx Dad Pow(d)er

Als leidenschaftlicher Kraftsportler wünsche ich mir, dass meine Asche eines Tages in einer dieser riesigen Proteinpulverdosen aufbewahrt wird. Auf dem Kaminsims stehend, soll sie an mich erinnern. Und meinen Nachkommen irgendwann einen köstlichen Shake bieten.

Leo Riegel

 Finanz-Blues

Wenn ich bei meiner langjährigen Hausbank anrufe, meldet sich immer und ausnahmslos eine Raiffeisenstimme.

Theobald Fuchs

 Dual Use

Seit ich meine In-Ear-Kopfhörer zugleich zum Musikhören und als Wattestäbchen verwende, stört es mich gar nicht mehr, wenn beim Herausnehmen der Ohrstöpsel in der Bahn getrocknete Schmalzbröckelchen rauspurzeln.

Ingo Krämer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
23.05.2024 Bielefeld, Theaterlabor Max Goldt
24.05.2024 Dresden, Buchladen Tante Leuk Thomas Gsella
30.05.2024 Frankfurt, Museum für Komische Kunst »POLO«
30.05.2024 Frankfurt, Museum für Komische Kunst Hans Traxler: »Die Dünen der Dänen«