Vom Fachmann für Kenner | März 2023


Post vom Mediator

Beigelegt: ein Streit.

Andreas Maier

Die Mitte finden

Zwischen meinem intellektuellen Anspruch und der Bewahrung der Bodenständigkeit habe ich zumindest bei meinem Kaffeekonsum einen guten Kompromiss gefunden und sage jetzt im Café immer, dass ich »Expressi« möchte.

Karl Franz

Medienkritik

Ich kann diese Parfum-Influencer auf Youtube einfach nicht riechen.

Fabian Lichter

Verkaufsschlager

Mir ist bewusst, dass mein Musikgeschmack vielleicht nicht das ist, was das Feuilleton als gehoben beschreiben würde. Aber dass mein »Mix der Woche« bei einem großen Streaminganbieter neuerdings von Aldi präsentiert wird, sehe ich dann doch als subtile Beleidigung an.

Conor Körber

Beim mittelmäßigen Zahnarzt

»Bitte weit aufmachen! Nicht erschrecken, meine Mundhöhlentaschenlampe ist mir vorhin ins Klo gefallen, ich muss eine Wunderkerze benutzen.«

Torsten Gaitzsch

Merke:

Vergesslichkeit trainieren, damit die Überraschung gelingt.

Marcel Pfeiffer

Daneben

Es gab eine Einladung zur Faschings-Geburtstagsparty, Motto: Kunst. Mein Begleiter und ich sichteten die Verkleidekiste und wir entschieden uns für zwei Rollen aus der Kunst-Halbwelt, für einen zwielichtigen Kunsthändler mit Perücke, aufgeknöpftem Hemd und Kettchen und für eine hochtoupierte Galeristin mit großem Ausschnitt. Der Partyraum war schon gut gefüllt, als wir eintraten, und 90 Prozent der Gäste waren als Bilder verkleidet, also mit um das Gesicht montierten Holzrahmen und drangebastelten kubistischen Formen. Man musterte uns teils erstaunt, teils missbilligend. Im Laufe des Abends wurden wir immer wieder gefragt, was wir denn darstellen wollten. Die Bild-Darsteller und -Darstellerinnen mussten umständlich mit dem Strohhalm trinken und wurden durch die Holzlatten beim Tanzen behindert. Selten hatte es sich mal so gut angefühlt, ein Thema verfehlt zu haben.

Miriam Wurster

Hot Deal

Kurz entschlossen haben wir am Black Friday eine Heißluftfritteuse erstanden und können uns noch immer daran airfryen.

Lukas Haberland

It’s not a Bug

Als Gregor Samsa, Programmierer, eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett erfreulicherweise zu einem ungeheueren Feature verwandelt.

Christian Kroll

Ich denke …

Mit zunehmendem Alter leide ich immer häufiger an logischer Inkonsistenz. Ob mir da eine Ergo-Therapie helfen kann?

Theobald Fuchs

Eselsbrücke

Auch bei denen, die vertraut sind mit der schwarzen Milch der Frühe, die ihn kennen, den Meister aus Deutschland, beobachte ich immer wieder mal eine leichte Unsicherheit, wie der Nachname des Dichters der »Todesfuge« denn nun richtig zu betonen sei, iambisch oder trochäisch? Für all jene hier nun die ziemlich profane, dafür äußerst stabile Eselsbrücke: Reimt sich auf Wlan.

Steffen Brück

Trotz der leckeren Dips!

Wer gerne Witze über abstinent lebende Nichtraucher macht, die in Truckerbars vegane Burger bestellen und während langer Chopperfahrten auf der Autobahn auch gerne mal für eine Darmsanierung runterfahren, sollte im Interesse der eigenen Gesundheit Veranstaltungen der »Health Angels« lieber meiden.

Patric Hemgesberg

Bilden Sie mal einen Satz mit Zucchini

Das nüchterne Leben, das hatten sie satt,
drum zogen’s im Karnevalszucch ini Stadt.

Jürgen Miedl

Notiert mit Fieber

Ist es nicht ein Wunder der Natur, wenn nicht schierer Gottesbeweis, dass zwar womöglich nicht auf jeden Topf ein Deckel passt, jedoch derselbe Topf, in den ihr heute heißes Wasser kippt und beim grippebedingten Inhalieren ätherischer Öle sämtliche Reste aus eurer schleimig triefenden Rotznase reinschnoddert, schon morgen wieder Behältnis eurer gierig verzehrten Pasta gewesen sein wird?

Cornelius W. M. Oettle

Selbstwertsteigerung

Ein Glück: Mein Therapeut hat mir pünktlich zur anstehenden Münz-Börse eine seltene Fehlprägung attestiert.

Sebastian Maschuw

Was denn nun?

Eigentlich träume ich ja regelmäßig, dass ich mehr schlecht als recht in der Schule rumkrebse und ständig den Unterricht versäume. Irgendwann stelle ich dann erleichtert fest, dass ich mein Abitur längst schon habe. Kürzlich war ich im Traum bereits an der Uni – um dann zu merken, dass mir mein Abi fehlt! Was folgt in den nächsten Nächten? Eine Anzeige wegen Betrugs? Gerichtsverfahren vor meinem alten Chemielehrer? Isohaft im Keller des Frankfurter AfE-Uniturms kurz vor der Sprengung? Muss unbedingt träumen, Chemie nach der 10. abzuwählen.

Katja Thorwarth

George Santayana für Köche

Wer sich seiner Gerichte nicht erinnert, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen.

Uwe Geishendorf

Marktregeln

Leuten, denen es in der Supermarktschlange nicht schnell genug geht und die deshalb eine unschuldige Mitarbeiterin ankeifen, fehlt das nötige Kassenbewusstsein.

Viola Müter

Nonscriptum

Dass sich an Klostermauern nur selten Schmierereien von Jugendlichen finden, erstaunt schon ein wenig, bieten solche Sakralbauten für gewöhnlich doch genügend Raum für Novizen.

Daniel Sibbe

Spanner’s High

Wem es aufgrund der Kapitalismussozialisierung zu langweilig ist, einfach herumzusitzen und Leute zu beobachten, dem sei folgende Info eine Hilfe: Der rauschähnliche Begeisterungsschub stellt sich bei dieser Tätigkeit erst nach einer Stunde ein!

Martin Weidauer

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Boah ey, Natur!

»Mit der Anpflanzung von Bäumen im großen Stil soll das Klima geschützt werden«, schreibt der Spiegel. »Jetzt zeigen drei Wissenschaftlerinnen in einer Studie: Die Projekte können unter Umständen mehr schaden als nützen.« Konkret sei das Ökosystem Savanne von der Aufforstung bedroht. Mal ganz unverblümt gefragt: Kann es sein, liebe Natur, dass man es Dir einfach nicht recht machen kann? Wir Menschen bemühen uns hier wirklich um Dich, Du Diva, und am Ende ist es doch wieder falsch!

Wird mit Dir einfach nicht grün: Titanic

 Grunz, Pigcasso,

malendes Schwein aus Südafrika! Du warst die erfolgreichste nicht-menschliche Künstlerin der Welt, nun bist Du verendet. Aber tröste Dich: Aus Dir wird neue Kunst entstehen. Oder was glaubst Du, was mit Deinen Borsten geschieht?

Grüße auch an Francis Bacon: Titanic

 Sie, Victoria Beckham,

Sie, Victoria Beckham,

behaupteten in der Netflix-Doku »Beckham«, Sie seien »working class« aufgewachsen. Auf die Frage Ihres Ehemanns, mit welchem Auto Sie zur Schule gefahren worden seien, gaben Sie nach einigem Herumdrucksen zu, es habe sich um einen Rolls-Royce gehandelt. Nun verkaufen Sie T-Shirts mit dem Aufdruck »My Dad had a Rolls-Royce« für um die 130 Euro und werden für Ihre Selbstironie gelobt. Wir persönlich fänden es sogar noch mutiger und erfrischender, wenn Sie augenzwinkernd Shirts mit der Aufschrift »My Husband was the Ambassador for the World Cup in Qatar« anbieten würden, um den Kritiker/innen so richtig den Wind aus den Segeln zu nehmen.

In der Selbstkritik ausschließlich ironisch: Titanic

 Waidmannsheil, »Spiegel«!

»Europas verzweifelte Jagd nach Munition«, titeltest Du, und doch könnte es deutlich schlimmer sein. Jagd auf Munition – das wäre, so ganz ohne diese Munition, deutlich schwieriger!

Nimmt Dich gerne aufs Korn: Titanic

 Hey, »Zeit«,

Deine Überschrift »Mit 50 kann man noch genauso fit sein wie mit 20«, die stimmt vor allem, wenn man mit 20 bemerkenswert unfit ist, oder?

Schaut jetzt gelassener in die Zukunft:

Deine Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg