Vom Fachmann für Kenner | Januar 2023
Arme-Ritter-Schlag
Seit Lebensmittel auf Kunstwerke geschmissen werden, nehme ich die ganzen Tomaten und Bierflaschen, die man mir während Auftritten entgegenwirft, weitaus weniger persönlich.
Max Osswald
Eine Naturburschin
Ich liebe die Flora und Fauna, und damit meine ich meine 3,99€-Zimmerpflanzen von Aldi und eine inzwischen nicht zu vernachlässigende Anzahl an Trauermücken in meiner Wohnung.
Melanie Manthey
Wahrscheinlich
Neulich traf ich mich mit einem Studienfreund, der, ebenso kauzig wie ich, sich im Gegensatz zu mir für das Mathematikstudium entschieden hat (ich mich hingegen für Psychologie). Bei einem Bier erläuterte er mir, dass sich für ihn Sexualität nur als Frage der Kombinatorik darstelle, nämlich wer wem welches bzw. wie viele Körperteile in welche Körperöffnung/en einführt, wobei sich bei mehreren beteiligten Personen die Anzahl der Möglichkeiten entsprechend verändert (n über k, Fuckultät?). In meinem benebelten Kopf tauchte zum Thema Stochastik nur die eine bei allen Aufgaben von allen immer und immer wieder gestellte Frage auf: »Ist das mit zurücklegen?«
Wolfgang Beck
Stoppt den Schönheitswahn!
Warum können US-amerikanische Eltern ihre Kinder niemals ohne das Adjektiv beautiful beschreiben? Dieses Attribut scheint dort drüben denselben Stellenwert zu haben wie »gesund«, »kognitiv rege«, »nicht über die Maßen nässend« oder ähnlich ungleich wünschenswertere Eigenschaften. Klar, die Mütter und Väter bekommen die ästhetische Überlegenheit ihres Nachwuchses ja direkt nach der Entbindung eingepflanzt, wenn die Hebamme strahlt: »Congratulations, it's a beautiful baby girl!«
Eignet beautiful in diesen Kontexten womöglich eine breitere Bedeutung – weil halt alle Menschen schön sind, einfach weil es sie gibt –, und müsste das Wort anders ins Deutsche übertragen werden als mit »wunderschön«, wie es in Synchronisationen amerikanischer Serien und Filme stets getan wird? Alternativ-Übersetzungen zu »wunderschön« gibt es in deutschen Fassungen so gut wie nie, dabei würde ich die abgedroschene Vokabel in einem Satz wie »Seit letztem Jahr haben wir einen wunderschönen Sohn« gerne mal durch »ansehnlich«, »pittoresk« oder »sexy« ersetzt hören. Aber das traut sich kein Synchronstudio. So wenig wie sich jemand trauen würde, die Aussage »I'm a proud father of two beautiful kids« mit »Well, how many kids do you have?« zu erwidern.
Torsten Gaitzsch
Hochzeitsverplaner
Ein gut gemeinter Rat, wenn Sie noch nach einem schönen Spruch für das Gästebuch bei einer Hochzeit suchen: »Super Party, gerne wieder« kommt nicht so gut an.
Loreen Bauer
Spur des Erfolgs
Ramengenähte Schuhe sind unter Neureichen sehr angesagt; ich hatte mir kürzlich in einem erstaunlichen Anfall von Luxuslaune welche zugelegt. Aber ich warne euch, Leute: Da suppt es ganz schön raus, und sie sind letztlich die ganze Brühe nicht wert.
Mark-Stefan Tietze
Lief richtig gut
Mein erstes Natursekt-Erlebnis war so überwältigend – ich hatte Pipi in den Augen!
Andreas Maier
Der Rest ist Schweigen
Als ich letztens mit dem Fahrrad auf dem Nachhauseweg in eine ruhigere Seitenstraße bog, dachte ich kurz, ich hätte einen Hörsturz erlitten. Zu groß war die mich plötzlich umgebende Stille. In Wirklichkeit fuhr vor mir lediglich ein Elektroauto.
Laura Brinkmann
In Frankreich gelernt:
Die große Kunst im Marketing lokal produzierter Kulinarik ist, frische Butter-Croissants so zu fotografieren, dass sie nicht wie Stielwarzen aussehen.
Theobald Fuchs
Maut Everest
Den völlig aus dem Ruder gelaufenen Bergtourismus kann man nur noch mit einem sehr hoch angesetzten Wegezoll wieder einfangen.
Martin Weidauer
2 in 1
Auch wenn viele Leute in Pflegeprodukten für Männer einen Wachstumsmarkt erkennen wollen, bin ich da eher skeptisch. Schließlich benutze ich seit zwanzig Jahren dieselbe Flasche Aftershave – und zwar in erster Linie zum Reinigen meines Bildschirms.
Ronnie Zumbühl
Schwarzkopf
Manche werfen dem Existenzialismus vor, er sei viel zu verkopft. Eine ignorante Unterstellung. Dass zum Beispiel ich mich in jüngerer Zeit so existenzialistisch fühle, hat im engsten Freundeskreis gleich zu unmittelbar lebenspraktischen Konsequenzen geführt: Ich werde neuerdings als »Noirbert« angesprochen.
Noirbert Behr
Eskalierte Entspannungspolitik
Neulich mit der Ex Karten gespielt. Dass ich es war, die in der ersten Saugrunde des Spiels – es gab zu wenige Stiche für alle – rauskommen musste, hätte mir Warnung sein können. Stattdessen bevorzugte ich es, sie in meinem letzten Zug zu trumpfen und das auch noch mit »Deinen Stich nehm ich doch gern« zu kommentieren. Das aber, bemerkte sie gespielt trocken, sei ja wohl »ein klarer Fall von ›Glück im Spiel, Pech in der Semantik‹«. Ich beschloss, zukünftig auf andere Freizeitaktivitäten zur Wiederannäherung zu setzen.
Jeja Klein
Kurz zusammengefasst
Leider passiert es mir immer wieder – und das ist sicherlich nicht eine der Eigenschaften an mir, die ich bewusst gelernt, genährt und auf lange Sicht hin zu festigen versucht hätte –, dass ich bei den einfachsten Feststellungen, die sich durch ihre Augenscheinlichkeit ohnehin sofort von selbst offenbaren und deshalb eigentlich gar keiner expliziten Erwähnung bedürfen, anstatt mich kurz und bündig und knapp und klar zu äußern und damit auch nicht zuletzt die unter Umständen bereits strapazierte Geduld des Gegenübers zu schonen, in einen nutzlosen, überflüssigen, unsinnigen, verzichtbaren, entbehrlichen, unnötigen, geradezu schmerzhaft redundanten Redeschwall verfalle. Oder, mit einem Wort: Ich schwafle.
Jürgen Miedl
Class Wars
Auf meiner ersten Star-Trek-Convention habe ich hautnah miterlebt, was für eine schlimme Zweiklassengesellschaft dort herrscht. Die Captain-Kirk-Doubles kriegen Einzelzimmer, alle anderen müssen mit Doppel-Spock-Betten vorlieb nehmen.
Wieland Schwanebeck