Vom Fachmann für Kenner | August 2023
Drama pur
Ich sehe dem Ende meiner Bindehautentzündung mit einem lachenden und einem weinenden Auge entgegen.
Sebastian Maschuw
Es sind die leisen Töne
Für mich als lärmempfindlicher Mensch sind technische Errungenschaften ein Segen, ganz besonders meine neuen In-Ear-Kopfhörer mit Geräuschunterdrückung. Neulich hörte ich über diese meine Lieblingsmusik und blendete die Umgebung komplett aus, während ich gutgelaunt die gesamte Wohnung mit dem Staubsauger reinigte. So dachte ich zumindest! Denn im Nachhinein stellte sich heraus, dass der Staubsauger gar nicht eingeschaltet gewesen war und ich somit nur den Dreck von einer Ecke in die andere geschoben hatte. Doch auch für dieses Kuriosum bietet der Kapitalismus eine praktikable Lösung: Im Baumarkt besorgte ich mir einen riesigen Industriestaubsauger, welcher im Volllastbetrieb genau so laut ist, dass ich ihn trotz Noise-Cancelling minimal höre.
Martin Weidauer
Geniale Erkenntnis
Nach dem Schauen zahlreicher Crime-Serien ist in mir eine Überzeugung gereift: Drogenbarone pendeln zwischen Chemie und Wahnsinn.
Ingo Krämer
Tiefe Einsicht
Die Flussreise, die ich vor einigen Wochen mit drei Göttinger Philosophinnen unternahm, verlief weitgehend überraschungsfrei. Wir unterhielten uns angeregt über den Krieg der Aller gegen alle, waren uns einig, dass Smutje Knutzens Theorie von der Welt als Welle und Vorstellung nicht haltbar ist, und träumten auf unserem bescheidenen Schiffchen natürlich auch viel von dem berüchtigten Willen zur Yacht. Als wir am letzten Abend der Reise, mitten in der niedersächsischen Provinz, über die umstrittene Unterscheidung zwischen Schein und Weser sprachen, wurden wir dann aber doch noch von einer wirklich revolutionären Erkenntnis ergriffen: Es gibt gar kein Sein, sondern nur Verden.
Andreas Maier
Aufgeschoben ist nicht aufgehoben
Neulich habe ich erfreulicherweise jemanden kennengelernt, der – genau wie ich – kein Problem damit hatte, sich als leidenschaftlicher Phlegmatiker zu outen. Schnell waren wir uns einig, dass es dringend an der Zeit sei, den Begriff »Phlegma« von seiner negativen Konnotation zu befreien. Und zwar schleunigst, bzw. baldmöglichst, demnächst, in absehbarer Zeit, also eines Tages irgendwann …
Tom Breitenfeldt
Wurstwerbung
Der Darm: das unterschätzte Organ (als Nahrungsmittel)
Ronnie Zumbühl
Transparenzvorschlag
Man sollte nicht nur in Berichten über Politiker die Parteimitgliedschaft nennen. In der Zeitung steht das ja immer so: »Beim Kindergeld gehen die Meinungen auseinander: ›Die armen Kinder können mich alle am Arsch lecken‹, so Julia Klöckner (CDU).« Auch bei Alltagserzählungen sollten wir das machen. Exempli gratia: »Meine Hausärztin (FDP) hat mir neulich mal wieder Blut abgenommen«; »Der Mann (SPD) der Lehrerin (CSU) unserer Tochter (parteilos) hat Selbstmord begangen«; »Er hilft mir beim Reifenwechseln, gießt meine Pflanzen, wenn ich auf Reisen bin, und lädt mich nach Feierabend immer wieder gerne zu einem kühlen Bier auf seiner Terrasse ein. Es gibt wirklich keinen netteren Menschen als meinen Nachbarn (III. Weg)«.
Cornelius W.M. Oettle
Und noch mal
Ein alter Mensch, der immer wieder erklärt, was früher alles besser war, betreibt der eigentlich Demenzplaining?
Karl Franz
Lifehack
Das Geheimnis aller guten Ehen:
Sonntags Obsttörtchen mit Schlehen.
Das Rezept für ein Beziehungsglück zu zweit:
Nusskuchen im Schokoladenkleid.
Die Zauberformel für die Liebe bis zum Tod:
Niemals Zwiebelschmalz zum Abendbrot.
Ella Carina Werner
Optimist
Für mich ist der ältere Herr im Park nicht halbnackt, sondern halb angezogen.
Fabio Kühnemuth
Zufriedenheitsgarantie
Dass meine letzte Reise mit der Deutschen Bahn von Zugausfällen, überfüllten Ersatzwaggons, defekten Bordtoiletten und verpassten Anschlussverbindungen geprägt war, fand ich angemessen. Schließlich hatte ich »Keine einfache Fahrt« gebucht.
Daniel Sibbe
Feature
Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen neben seinem Smartphone erwachte, fand er sich inmitten eines fröhlichen Reigens aus Elon Musk, Donald Trump, Ron DeSantis, Wladimir Putin und Jewgeni Prigoschin in den Insassen einer Gummizelle verwandelt.
Jeja Klein
Alt ausgesehen
Ich stand friedlich am Ostseestrand und blickte gedankenverloren aufs Meer, als ein etwa dreijähriges Mädchen von der Seebrücke auf mich herunterdeutete und begeistert »Opa! Opa!« rief. Erst dachte ich, sie wollte ihrem mitgereisten Großvater zeigen, dass ich mit meinem smarten, dynamischen Erscheinungsbild wie der »Pur Plus«-Typ aus dem Kinderfernsehen aussah. Als ihre Eltern und ihre große Schwester dazukamen, um mich anzuschauen, und sie das verhängnisvolle Wort mehrmals wiederholte, wurde mir klar, worauf sie hinauswollte. Anscheinend hatte ich als blendend aussehender Endvierziger in ihren Augen bereits große Ähnlichkeit mit einem im Schaukelstuhl wippenden Tattergreis. Während sie meine gebleckten Zähne und das warnende Knurren ignorierte und glücklich von dannen tappte, wurden mir zwei Dinge klar. Erstens: Der völlig antiquierte Schnäuzer, von dem meine Frau immer sagte, er mache mich alt, durfte den heutigen Tag nicht überleben. Und zweitens: Weiße Tennissocken in Sandalen gehen tatsächlich gar nicht.
Patric Hemgesberg
Abwasch
Ein Film von Steven Spülberg
Loreen Bauer
Bestseller-Sakrileg
Pfarrer Bernd Wittersbacher war außer sich vor Freude, als sein Ratgeber für Priester plötzlich ganz oben auf der Bestsellerliste stand. Etwas seltsam fand er aber, dass das Buch in der Kategorie »Ernährung« gelistet war. Und da erkannte er, dass die meisten wohl den Untertitel seines Werkes »Einfach und schnell abnehmen« übersehen hatten: »Praktische Tipps zur Beichte«.
Jürgen Miedl