Vom Fachmann für Kenner | Februar 2022


Liderlige næsebor

Dass es nicht nur so ein olles kulturelles Stereotyp ist, sondern der »Riechkuss« unter traditionellen Grönländern wirklich existiert, habe ich inzwischen nachgelesen. Ob die Nase damit in ganz Grönland als das erotische Sinnesorgan schlechthin gilt – einschlägige Erotikclubs »Hot Nose«, »Sweet Nostril« oder, da Dänisch Verkehrssprache ist, »Sexet næse« heißen, auf dem Türschild umspielt von einem lasziven, grell leuchtenden Riechkolben; ob Frauen auf der Straße belästigt werden, weil Männer im Vorbeigehen lüstern die Nasenlöcher aufblähen, oder Rolling-Stones-Epigonen gar auf signalrote, aufreizende Gesichtserker im Band-Logo setzen, muss ich noch recherchieren.

Ella Carina Werner

In Rauch aufgelöst

Heute wird in Filmen und Serien seltener als früher geraucht, wohl auch um Zigarettenkonsum nicht als positiv und nachahmenswert darzustellen. Möglicherweise wird deshalb das bekannte Motiv vom Mal-kurz-Zigaretten-holen-Gehen, um dann nie wieder aufzutauchen, irgendwann ersetzt durch gesundheitlich Wünschenswerteres: »Ich geh mal schnell zur Vorsorgeuntersuchung« oder »Ich hol kurz frisches Gemüse vom Biomarkt«. Vielleicht bleibt aber gerade in diesem Fall das filmische Rauchen erhalten, da das Verlassen der Familie die Nikotinsüchtigen diskreditiert und eine abschreckende Wirkung entfaltet. So gesehen könnte das »Schnell-Zigaretten-kaufen«-Motiv zum Paradoxon werden: Rauchen verlängert seine Lebenszeit.

Jürgen Miedl

Décadence oblige

Dem Autor ein in Büffelleder gebundenes, mit Goldschnitt und drei seidenen Lesebändchen prunkendes Exemplar seines Hauptwerkes nebst einem Montblanc-Füller mit Platinfeder zu reichen und um eine Widmung für »eine befreundete Gräfin« zu bitten – das macht beim »Schwarzbuch Kapitalismus« mindestens doppelte Freude.

Theobald Fuchs

Making-of-Gedicht

Wenn ich Linguine esse,
Fällt mir sofort Lyrik ein,
Linguine, meine Fresse,
Linguine, die sind fein.
Vielleicht weil in Linguine —
Da steckt ja die lingua drin,
Leider ist das Italienisch,
Reime krieg ich da nicht fatto.

Gunnar Homann

Gescheiterter Coup

Meinen Plan, den großen Einbruch mit ein paar bis dato völlig unbescholtenen Rentnern durchzuziehen, halte ich nach wie vor für brillant. Und die Jungs und Mädels aus der Seniorenresidenz Elisabeth schienen anfangs auch zu allem bereit. Aber an dem Tag, an dem das Ding dann steigen sollte, bekamen sie doch alte Füße.

Andreas Maier

Nach zwei veranstaltungsfreien Jahren

fange ich doch an, unsere kleinen Dorf- und Vereinsfeste zu vermissen. Vor allem wegen der Dialoge. An der Essensausgabe-Theke. »Eine Bratwurst mit Kartoffelsalat, bitte.« »Unser Kartoffelsalat ist sehr beliebt. Nach einem Rezept von Oma Lisbeth, der besten Köchin im Verein.« »Klingt toll.« »Leider ist sie vor drei Jahren gestorben, die Lisbeth.« »Oh, das tut mir leid.« »Ach, schon gut. Sie lebt ja in ihrem Kartoffelsalat weiter.« Ich hab dann doch lieber eine Brezel genommen.

Melanie Schweinfurth

Neujahrsbeobachtung

Joggen im Januar erinnert an das erste Semester an der Universität. Es fehlt nur der Dozent mit den Worten: »Schauen Sie sich die Personen links und rechts von sich gut an, am Ende des Jahres werden beide nicht mehr hier sein.«

Cornelius W.M. Oettle

Gilt auch andersrum

Warum heißt es eigentlich Exhibitionismus und nicht Vorzeigeprojekt?

Mark-Stefan Tietze

Extrem leben

Wenn ich im Alltag einen Kick suche, setze ich mich ins Wartezimmer meiner Hausärztin, frage, wie lange es wohl dauert, rechne auf die genannte Zeit den Heimweg von zehn Minuten drauf und bestelle auf diese Zeit dann was zu essen.

Karl Franz

Bachblüten selbst mischen – Kurzeinführung

  • Walnuss: für Holzköpfe
  • Zitterpappel: für Angsthasen
  • Stechpalme: für Kratzbürsten
  • Schottische Kiefer: für Geizhälse
  • Bleiwurz: für Faulpelze
  • Drüsentragendes Springkraut: für Choleriker
  • Sumpfwasserfeder: für Ungustl und Sumpfnelken

Ab hier können Sie die Liste selber fortsetzen …

Miriam Wurster

Wer will mich richten?

Ich komme ja keineswegs aus reichem Hause, nicht mal aus bürgerlichem, aber eine verschwenderische Luxus-Angewohnheit gibt es in meiner Familie schon lange, und ich führe sie heute als Erwachsener auch gerne fort: Wenn es einmal – was heutzutage gar nicht mehr so oft vorkommt – stark regnet, dann laufe ich mit dem Regenschirm vom Wohnhaus zum Auto, öffne die Fahrertür, steige unterm Schirm mit trockenen Haaren ein, und schmeiße das klatschnasse Scheißding einfach auf den Bürgersteig, bevor ich davonbrause. So muss ich nicht überlegen, wohin mit dem tropfenden Teil, die Fußmatten bleiben schön trocken – und im Handschuhfach wartet schon ein neuer »happy rain Taschenschirm« von dm (3,45 Euro).

Moritz Hürtgen

Digitale Fans

»Ich habe alle Ihre Streams zuhause.«

Daniel Benkert

Auch wieder wahr

Nachdem ich mich bei meinem Lieblingsitaliener in all den Jahren wiederholt und erfolglos über nicht entsteinte Oliven auf der Pizza beschwert habe, entgegnete mir der Kellner neulich: »Immer noch besser, als auf Granit zu beißen!«

Martin Weidauer

Sicherheitsfrage

Wenn die Summe meines Einkaufs und die Geheimzahl meiner Bankkarte, mit der ich die Lebensmittel bezahlen will, identisch sind, wurde dann eigentlich mein Einkaufswagen oder mein Konto gehackt?

Sarah Schmidt

Unhappy Meal

Als wir jetzt im Schnellrestaurant daran scheiterten, den Inhalt des leicht kegelförmigen Bechers in zwei gleichgroße Portionen aufzuteilen, war die Diagnose schnell gestellt: konische Gefäßkrankheit.

Lukas Haberland

Für Wuteltern (mit Kleinkind)

Die da unten machen doch, was sie wollen!

Stefan Gärtner

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Im andalusischen Sevilla hast Du eine Kontroverse ausgelöst, der Grund: Auf dem Plakat für das Spektakel »Semana Santa« (Karwoche) habest Du zu freizügig ausgesehen, zu erotisch, ja zu hot!

Tja, und wie wir das besagte Motiv anschauen, verschlägt es uns glatt die Sprache. Dieser sehnsüchtige Blick, der kaum bedeckte anmutige Körper! Da können wir nur flehentlich bitten: Jesus, führe uns nicht in Versuchung!

Deine Dir nur schwer widerstehenden Ungläubigen von der Titanic

 Ganz schön kontrovers, James Smith,

was Du als Mitglied der britischen Band Yard Act da im Interview mit laut.de vom Stapel gelassen hast. Das zu Werbezwecken geteilte Zitat »Ich feiere nicht jedes Cure-Album« hat uns jedenfalls so aufgewühlt, dass wir gar nicht erst weitergelesen haben.

Wir mögen uns nicht ausmalen, zu was für heftigen Aussagen Du Dich noch hast hinreißen lassen!

Findet, dass Provokation auch ihre Grenzen haben muss: Titanic

 Kurze Anmerkung, Benedikt Becker (»Stern«)!

»Wer trägt heute noch gerne Krawatte?« fragten Sie rhetorisch und machten den Rollkragenpullover als neues It-Piece der Liberalen aus, v. a. von Justizminister Marco Buschmann und Finanzminister Christian Lindner, »Was daran liegen mag, dass der Hals auf die Ampelkoalition besonders dick ist. Da hilft so eine Halsbedeckung natürlich, den ganzen Frust zu verbergen.«

Schon. Aber wäre es angesichts des Ärgers der beiden Freien Demokraten über SPD und Grüne nicht passender, wenn sie mal wieder so eine Krawatte hätten?

Ebenso stilistisch versiert wie stets aus der Mode: Titanic

 Warum, Internet?

Täglich ermöglichst Du Meldungen wie diese: »›Problematisch‹: Autofahrern droht Spritpreis-Hammer – ADAC beobachtet Teuer-Trend« (infranken.de).

Warum greifst Du da nicht ein? Du kennst doch jene Unsichtbar-Hand, die alles zum Kapitalismus-Besten regelt? Du weißt doch selbst davon zu berichten, dass Millionen Auto-Süchtige mit Dauer-Brummbrumm in ihren Monster-Karren Städte und Länder terrorisieren und zum Klima-Garaus beitragen? Und eine Lobby-Organisation für Immer-Mehr-Verbrauch Höher-Preise erst verursacht?

Wo genau ist eigentlich das Verständlich-Problem?

Rätselt Deine alte Skeptisch-Tante Titanic

 Weiter so, uruguayischer Künstler Pablo Atchugarry!

Eine angeblich von Ihnen geschaffene Bronzeskulptur im englischen Cambridge soll an Prinz Philip erinnern, der dort von 1977 bis 2011 Kanzler der Universität war. Allerdings wird das Kunstwerk, das im Auftrag eines reichen Bauträgers angefertigt wurde, von vielen als verunglückt empfunden und zieht seit nunmehr zehn Jahren Spott auf sich.

Dass Sie mittlerweile die Urheberschaft leugnen, um Ihr Renommee als Künstler zu schützen, ist zwar verständlich, aber aus unserer Sicht völlig unnötig. Wenn sich das Konzept durchsetzt, lästige Promis, die uns über Jahrzehnte viel Zeit, Geld und Nerven gekostet haben, mit langlebigen Schrott-Monumenten zu schmähen, werden Sie sich vor Aufträgen bald kaum noch retten können. Und das Beste: Weil andere Großkopferte sich mit ihren Eskapaden zurückhalten würden, um nicht von Ihnen verewigt zu werden, sorgten Sie auch noch für Ruhe und gesellschaftlichen Frieden.

Hofft, dass dieser Vorschlag einen Stein ins Rollen bringt: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Gebt ihnen einen Lebenszyklus!

Künstliche Pflanzen täuschen mir immer gekonnter Natürlichkeit vor. Was ihnen da aber noch fehlt, ist die Fähigkeit zu verwelken. Mein Vorschlag: Plastikpflanzen in verschiedenen Welkstadien, damit man sich das Naserümpfen der Gäste erspart und weiterhin nur dafür belächelt wird, dass man alle seine Zöglinge sterben lässt.

Michael Höfler

 Citation needed

Neulich musste ich im Traum etwas bei Wikipedia nachschlagen. So ähnlich, wie unter »Trivia« oft Pub-Quiz-Wissen gesammelt wird, gab es da auf jeder Seite einen Abschnitt namens »Calia«, voll mit albernen und offensichtlich ausgedachten Zusatzinformationen. Dank Traum-Latinum wusste ich sofort: Na klar, »Calia« kommt von »Kohl«, das sind alles Verkohl-Facts! Ich wunderte mich noch, wo so ein Quatsch nun wieder herkommt, wusste beim Aufwachen aber gleich, unter welcher Kategorie ich das alles ins Traumtagebuch schreiben konnte.

Alexander Grupe

 In Würde altern

Früher hätte mich der riesige Pickel mitten auf meinem Hals stark gestört. Heute trage ich den wohl niedlichsten ausgeprägten Adamsapfel, den die Welt je gesehen hat, mit großem Stolz ein paar Tage vor mir her.

Ronnie Zumbühl

 Finanz-Blues

Wenn ich bei meiner langjährigen Hausbank anrufe, meldet sich immer und ausnahmslos eine Raiffeisenstimme.

Theobald Fuchs

 Vom Feeling her

Es hat keinen Sinn, vor seinen Gefühlen wegzulaufen. Man muss sich schon auch mal hinter einem Baum verstecken und warten, dass die das nicht merken und an einem vorbeiziehen, sonst bringt das ja alles nichts.

Loreen Bauer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hannover, TAK Ella Carina Werner
01.05.2024 Berlin, 1.-Mai-Fest der PARTEI Martin Sonneborn mit Sibylle Berg