Vom Fachmann für Kenner | Dezember 2022


Entwarnung

Immer wieder liest man, dass man die Innenseite von Joghurtdeckeln aufgrund der ungesunden Eigenschaften der Alufolie nicht ablecken solle. Die Information beruhigt mich jedes Mal, da von der Außenseite anscheinend keine Gefahr ausgeht und diese sowieso viel besser schmeckt.

Martin Weidauer

Ganz feine Tröpfchen

Vor kurzem wurde ich im Rahmen eines Weinberg-Besuches dazu aufgerufen, Wein im Bottich vor den Augen aller Teilnehmer ganz klassisch mit den Füßen zu stampfen. Fröhlich stapfte ich minutenlang zusammen mit Rentnern und jungen Pärchen im Traubensaft, bis mir die Beine wehtaten. Ein unvergessliches Ereignis, und positiv ist auch festzuhalten, dass der nässende Hautpilz zwischen meinen Zehen fast gänzlich verschwunden ist.

Sebastian Maschuw

Auf dem Markt

– Oh, Ihr Doldenblütler verkauft sich aber gut!
– Ja, das ist unser Bestsellerie!

Cornelius W.M. Oettle

Motivation

Superreiche wie Jeff Bezos und Elon Musk sind für mich in erster Linie Inspiration und erinnern mich daran, stets an meinem Traum festzuhalten: der Enteignung aller Superreichen.

Fabian Lichter

Schwimmbäder

Eine chlorreiche Erfindung.

Alice Brücher-Herpel

Alte Sorgen neu aufgelegt

Statt Angst davor zu haben, nach ihrem Tod von ihren Katzen angefressen zu werden, fürchten moderne Großstadtsingles nichts mehr als die Vorstellung, dass ihre Angehörigen sie Tage oder Wochen nach ihrem Ableben von den eigenen, dann schlecht gepflegten Zimmerpflanzen umrankt in der Wohnung finden.

Laura Brinkmann

Unterschätzt

Mein Umfeld wünscht sich immer wieder, dass ich mich sportlich mehr betätige. Dabei muss ihm wohl entgangen sein, dass ich regelmäßig am Weltlauf teilnehme – und der war auch schon weniger anstrengend.

Ronnie Zumbühl

Sprichwörter im Zoonosen-Zeitalter

Wer nichts wird, wird Fehlwirt.

Julia Mateus

Kopfpflanze

Lieber ’ne Orchidee auf dem Schreibtisch als gar keinen Einfall.

Patrick Fischer

Das Laster der Lebenden

Ich habe mich immer über den inneren Antrieb von Menschen gewundert, die aus purem Trotz Kette quarzend über den Friedhof schlendern und in diesem morbiden Zeitvertreib anscheinend Frieden und Erfüllung finden. Ist es die schlichte Ignoranz gegenüber einem risikobehafteten Lebenswandel, die Huldigung vorangegangener Raucherclubfreunde nach Art des Ehrensaluts oder eher eine besonders subtile Form der Todesverachtung?

Genaueres erfuhr ich, als ich neulich einen breit lächelnden Mittfünfziger zwischen zwei Filterlosen und einem Hustenkrampf zu einer Urnengrabreihe reden hörte: »Ihr Loser da unten hättet jetzt wohl auch gern eine, stimmt’s?«

Patric Hemgesberg

Rückwärts nimmer

Wenn man als Angstpatient auf dem Zahnarztstuhl die dritte Runde Spritzen überstanden hat (»Ach, das spüren Sie noch? Haha«), droht Langeweile. Zum Glück ist der Kopf dann frei für neue Sorgen! Damit der Stresslevel auf angenehm hohem Niveau bleibt, hilft diese Überlegung vielleicht: Was, wenn der Spuckesauger, der mir die ganze Zeit fleißig den Speichel aus dem Mund pumpt, einen Rückwärtsgang hat? Einmal falsch gezuckt, schon stößt der Absauge-Assistent mit dem Knie an den Knopf für die Schubumkehr, und schwups! sprüht mir die Absauganlage den Sabber und das Blut von hundert Vorgängerpatienten in den Rachen und die offenen Wurzelkanäle. Vor Schreck würde ich mich dabei garantiert noch verschlucken! Bonusgrübelei: Werden die Sabberstutzen eigentlich ausgetauscht zwischen den Behandlungen …? Viel Spaß bei der nächsten Sitzung!

Alexander Grupe

Gespür für Interpunktion

Wie mir eine Sprachwissenschaftlerin verriet, steht in dem Satz »Selbst wer in der Duden-Redaktion arbeitet, macht gelegentlich Kommafehler« deshalb kein Komma zwischen »Selbst« und »wer«, weil »Selbst« in diesem Zusammenhang als Modalpartikel fungiert. Ich empfand das nicht nur als sehr gute Erklärung, sondern auch als Bestätigung meines Selbst-wer-Gefühls.

Andreas Maier

Mittelalterliche Wettkampfweisheit

Ist beim Turnier des Ritters Lanze zu kurz, dann hat er keine Chance.

Jürgen Miedl

Kindliche Neugierde

Ob der Kinderladen Arche Noah, bei dem ich ein Geschenk für meine Cousine kaufen wollte, nur zufällig oder mit voller Absicht »Nimm 2« am Ausgang verschenkt, muss ich beim nächsten Besuch mal erfragen.

Karl Franz

Vom Kunstfreund

Erst neulich war es, als ich, anlässlich des Besuchs einer Vernissage zeitgenössischer Kunst, während der Eröffnungsrede den Sinn des alten Sprichworts erfasste: Ein paar tausend Worte sagen eben doch mehr als nur ein Bild.

Theobald Fuchs

Heimatgrüße

Neulich hatte ich einen Flyer im Briefkasten: »Neu: Dezember Special! Alle Champions-League-Spiele auf 15 Flatscreens!!!« Traurig, zu welchen Methoden Mutter greift, damit ich öfter zu Besuch komme.

Leo Riegel

Synonym

Kann es sein, dass »Nussiges Aroma« in der Sprache der Lebensmittelhersteller »strenger Beigeschmack« heißt?

Miriam Wurster

Love-Scamming mal anders

Auch ich wurde Opfer der Europol-Masche. Nach mehreren Fake-Anrufen von angeblichen Polizisten entschied ich mich, die vermeintlich echte Nummer zurückzurufen. Es meldete sich ein 68jähriger Herbert aus Hamburg. Was soll ich sagen? Seitdem ist Phone-Spoofing für mich nicht mehr nur eine Betrugsmasche, sondern vor allem modernes Blind Dating.

Viola Müter

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Wow, Instagram-Kanal der »ZDF«-Mediathek!

In Deinem gepfefferten Beitrag »5 spicy Fakten über Kim Kardashian« erfahren wir zum Beispiel: »Die 43-Jährige verdient Schätzungen zufolge: Pro Tag über 190 300 US-Dollar« oder »Die 40-Jährige trinkt kaum Alkohol und nimmt keine Drogen«.

Weitergelesen haben wir dann nicht mehr, da wir uns die restlichen Beiträge selbst ausmalen wollten: »Die 35-Jährige wohnt nicht zur Miete, sondern besitzt ein Eigenheim«, »Die 20-Jährige verzichtet bewusst auf Gluten, Laktose und Pfälzer Saumagen« und »Die 3-Jährige nimmt Schätzungen zufolge gerne das Hollandrad, um von der Gartenterrasse zum Poolhaus zu gelangen«.

Stimmt so?

Fragen Dich Deine Low-Society-Reporter/innen von Titanic

 Boah ey, Natur!

»Mit der Anpflanzung von Bäumen im großen Stil soll das Klima geschützt werden«, schreibt der Spiegel. »Jetzt zeigen drei Wissenschaftlerinnen in einer Studie: Die Projekte können unter Umständen mehr schaden als nützen.« Konkret sei das Ökosystem Savanne von der Aufforstung bedroht. Mal ganz unverblümt gefragt: Kann es sein, liebe Natur, dass man es Dir einfach nicht recht machen kann? Wir Menschen bemühen uns hier wirklich um Dich, Du Diva, und am Ende ist es doch wieder falsch!

Wird mit Dir einfach nicht grün: Titanic

 Ziemlich beunruhigt, Benjamin Jendro,

lässt uns Ihr vielzitiertes Statement zur Verhaftung des ehemaligen RAF-Mitglieds Daniela Klette zurück. Zu dem beeindruckenden Ermittlungserfolg erklärten Sie als Sprecher der Gewerkschaft der Polizei: »Dass sich die Gesuchte in Kreuzberg aufhielt, ist ein weiterer Beleg dafür, dass Berlin nach wie vor eine Hochburg für eine gut vernetzte, bundesweit und global agierende linksextreme Szene ist.«

Auch wir, Jendro, erkennen die Zeichen der Zeit. Spätestens seit die linken Schreihälse zu Hunderttausenden auf die Straße gehen, ist klar: Die bolschewistische Weltrevolution steht im Grunde kurz bevor. Umso wichtiger also, dass Ihre Kolleg/innen dagegenhalten und sich ihrerseits fleißig in Chatgruppen mit Gleichgesinnten vernetzen.

Bei diesem Gedanken schon zuversichtlicher: Titanic

 Also wirklich, »Spiegel«!

Bei kleinen Rechtschreibfehlern drücken wir ja ein Auge zu, aber wenn Du schreibst: »Der selbst ernannte Anarchokapitalist Javier Milei übt eine seltsame Faszination auf deutsche Liberale aus. Dabei macht der Rechtspopulist keinen Hehl daraus, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, obwohl es korrekt heißen müsste: »Weil der Rechtspopulist keinen Hehl daraus macht, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, müssen wir es doch anmerken.

Fasziniert von so viel Naivität gegenüber deutschen Liberalen zeigt sich

Deine Titanic

 Aaaaah, Bestsellerautor Maxim Leo!

In Ihrem neuen Roman »Wir werden jung sein« beschäftigen Sie sich mit der These, dass es in nicht allzu ferner Zukunft möglich sein wird, das maximale Lebensalter von Menschen mittels neuer Medikamente auf 120, 150 oder sogar 200 Jahre zu verlängern. Grundlage sind die Erkenntnisse aus der sogenannten Longevity-Forschung, mit denen modernen Frankensteins bereits das Kunststück gelang, das Leben von Versuchsmäusen beträchtlich zu verlängern.

So verlockend der Gedanke auch ist, das Finale der Fußballweltmeisterschaft 2086 bei bester Gesundheit von der heimischen Couch aus zu verfolgen und sich danach im Schaukelstuhl gemütlich das 196. Studioalbum der Rolling Stones anzuhören – wer möchte denn bitte in einer Welt leben, in der das Gerangel zwischen Joe Biden und Donald Trump noch ein ganzes Jahrhundert so weitergeht, der Papst bis zum Jüngsten Gericht durchregiert und Wladimir Putin bei seiner Kolonisierung auf andere Planeten zurückgreifen muss? Eines will man angesichts Ihrer Prognose, dass es bis zum medizinischen Durchbruch »im besten Fall noch 10 und im schlimmsten 50 Jahre dauert«, ganz bestimmt nicht: Ihren dystopischen Horrorschinken lesen!

Brennt dann doch lieber an beiden Enden und erlischt mit Stil: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt
08.04.2024 Oldenburg, Theater Laboratorium Bernd Eilert mit Klaus Modick