Vom Fachmann für Kenner | April 2021


Klar getrennt

Anlässlich einer kulinarischen Facebook-Debatte über sog. »Weiße Nieren« bzw. »Prairie Oysters« bemerkt: Stierhoden, die es auf den Teller geschafft haben, sind nicht nur keineswegs »Innereien« – denk mal nach, Wikipedia! –, der Begriff ist insgesamt irreführend. »Ochsenhoden« muss es heißen. Ausnahme: Es hängt beim Essen noch der Stier dran.

Michael Ziegelwagner

Twit – Twit – Sit – Tsirr

Kleiber machen Laute.

Rolf Karez

Es war nicht alles gut

Als kleine Gruppe Enddreißiger mit DDR-Hintergrund diskutierten wir über die im Vergleich zu heute wahnwitzig scheinende Sorglosigkeit, mit der Eltern in dem untergegangenen Staat ihre Kinder großzogen. Beispielsweise sei es völlig normal gewesen, dass unsere Mütter, wenn sie kurz in die Fleischerei gingen, uns Babys samt Kinderwagen unbeaufsichtigt vor dem Laden stehen ließen – und hat’s uns geschadet?! Nun gut, wandte jemand in der Runde ein, er erinnere sich an die Geschichte eines bei solcher Gelegenheit gekidnappten Säuglings; worauf eine Freundin erzählte, dass auch sie und ihr Zwillingsbruder einmal Opfer einer versuchten Entführung geworden seien und die verwirrte Täterin erst Hunderte Meter vom Geschäft entfernt aufgegriffen wurde. Nach kurzem Schweigen waren wir uns dann aber doch einig, dass man es mit dem ständigen Behüten auch übertreiben könne!

Torsten Gaitzsch

Wie die Lasagne erfunden wurde

Eines Tages waren die Menschen zu erschöpft, um sich neue Formen und Namen für ihre Pastavariationen auszudenken. So ließen sie eines Abends den schon ausgerollten Teig einfach auf dem Tisch liegen, und als sie am nächsten Tag in die Küche zurückkehrten, sahen sie, dass dieser zwar getrocknet, aber durchaus noch verwertbar war. Der Rest ist geschichtet.

Katinka Buddenkotte

Uunumstössliche Wahrheit

Kennst du einen kritischen Rationalisten, kennst du alle.

Benedikt Fait

Momente pappigen Glücks

Wenn dich harzherzige Menschen an ihrer Klebensweisheit teilnehmen lassen.

Theobald Fuchs

Kärchern

Die Schwaben lieben ihre Putzgeräte noch mehr als ihre Autos. So wurde »kärchern« im Schwäbischen zum gebräuchlichen Verb, aber kein Schwabe sagt: Ich bin heute nach Ulm gedaimlert, oder: nach Böblingen geporscht.

Martin Herrmann

Gebongt

Mein Plan ist es, einen Roman zu schreiben, den man auch mit Kassenbons nachstellen könnte. Inspiriert wurde ich von meinem letzten Einkauf, und der Anfang steht auch schon:

Hass
DuDa
Gemüse-Auf
Dent
Ohren-?

Nun brüte ich zwischen Avocados und Ohrstöpseln nach Dusch-Das duftend bei einem Gemüse-Auflauf über dem zweiten Satz. Fortsetzung folgt nach dem Zähneputzen!

Tina (Arno Schmidt) Manske

Tipp gegen Langeweile

Schicken Sie sich selbst ein Paket mit DPD und lassen Sie sich überraschen, wo es angeliefert wird. Aktivieren Sie die Paketverfolgung und schauen Sie dem Paketboten bei seiner unglaublichen Reise in einem verrückten Sprinter zu. Freuen Sie sich, wenn Ihnen Ihr Paket nach acht Tagen mit dem Vermerk »Empfänger unbekannt« zurückgesendet wird.

Volker Surmann

Wacht auf!

Die Eco-Funktion bei Spülmaschinen ist doch das reinste Greenwashing.

Fabio Kühnemuth

Sicher im Netz

Tipp zur Verwischung digitaler Spuren eurer Online-Identität: E-Mails ausschließlich auf einem Android-Smartphone per GMX-Mailprogramm verschicken und immer untendrunter schreiben »Gesendet mit der WEB.DE iPhone App«.

Cornelius W.M. Oettle

Die Zukunft der Arbeit

In der Schlange beim Bäcker schweifen die Augen zum lauten Schild: »Unser Service! Wir schneiden Ihr Brot für Sie!« In der Trägheit der verwarteten Zeit zerstreute Anagrammarbeit: Wir schneiden Sie für Ihr Brot – albern. Allerdings: Ihr Service für uns! Sie schneiden unser Brot – das wird noch kommen, auf jeden Fall.

Nis Jasper Nicolaisen

Fear And Loathing In Mainhattan

Die von der Realwirtschaft entkoppelte Situation am Aktienmarkt ist mittlerweile so bunt, dass mancher deutscher Analyst »Asset-Klassen« bereits wie »Acid-Klassen« ausspricht.

Dominik Mauer

Aufgabe fürs Sabbatjahr

Sichtung aller im Suff gemachten Twitter-Screenshots.

Martin Weidauer

Gesunder Schmerz?

Zum ersten Mal denke ich darüber nach, ob mein vor Jahren bestellter, unverändert sitzfeindlicher Heimbürostuhl nicht vielleicht doch genau der richtige für mich ist. Denn neuesten Studien zufolge bleibt der Rücken ja gerade durch das Wechseln der Sitzposition in Schuss – ein Feature, das mein Stuhl dank seiner praktischen Unbequemlichkeit schon ab Werk mitgebracht hat.

Teja Fischer

Antikes Vorbild

Laut der Legende verfügte Achilleus, dass seine Asche vermischt mit der seines Geliebten Patroklus begraben werde. Zur Gewissensberuhigung stelle ich mir vor, dass eine ähnliche Abmachung auch das Rind und Schwein in meiner Frikadelle hatten.

Christian Luscher

Feine Gerüche

»Ich hab gehört, du bist jetzt mit Robert zusammen. Wie hast du das denn geschafft?« – »Ich habe ihn errobert.«

Dorthe Landschulz

Liebe

»Ich hab gehört, du bist jetzt mit Robert zusammen. Wie hast du das denn geschafft?« – »Ich habe ihn errobert.«

Dorthe Landschulz

Bleaching Lounge

Professionelle Zahnreinigung frischt nebenbei auch das Gehirn auf. Durchhängende lange Leitungen straffen sich durch die Vibrationen, Kratzgeräusche schleifen die Synapsen blank. Ich kann anschließend schwierige mathematische Aufgaben lösen, Quittungen den Kontoauszügen zuordnen etc. Deshalb erwäge ich, mir ein kleines Dentallabor mit verstellbarem Sessel und einigen Geräten anzuschaffen, inklusive automatischem Desinfektionmittelzerstäuber. Dorthin begebe ich mich morgens nach dem Kaffee etwa für fünfzehn Minuten und lasse die Geräte walten. Danach bewältige ich den Alltag mit Verve. Ich denke, nach einem Jahr dürfte ich die Investition wieder raushaben.

Miriam Wurster

Paradox

Ohne die berühmten Unvollständigkeitssätze von Kurt Gödel würde der modernen Mathematik echt was fehlen.

Andreas Maier

Brot ist Leben

Kürzlich las ich in einer Bäckerei folgenden verzierten Wandspruch: »Der Mutterteig für unser Sauerteigbrot existiert seit 1948« – »Tolle Werbung«, dachte ich und kaufte daraufhin gleich eins. Beim Bezahlen erzählte ich dem Verkäufer stolz, dass der Muttertalg für meine Pickel womöglich auch schon über 30 Jahre existiere und schon ganz viele Pickel daraus entstanden seien. Danach war es unangenehm still und ich ging.

Ronnie Zumbühl

Fushionrezept

Gefüllte Weinblätter vom ekligen Äußeren (Weinblätter) befreien und den zusammengeklebten öligen Reis mit Nori-Algen umwickeln und als eine Art »griechisches Sushi« genießen.

Elias Hauck

Wie ich einmal fast den Grafen von Unheilig getroffen hätte

Das muss so 2010 oder 2011 gewesen sein. Westfalenhalle Dortmund. Ich dank VIP-Ticket (Gewinn oder Geschenk?) ganz vorne mit dabei, inklusive Meet & Greet im Anschluss an die Show. Alle Getränke während des Konzertes komplett für lau. Und das wurde mir dann zum Verhängnis. Den Unheilig-Frontmann habe ich deswegen nämlich leider verpasst. Doch zu meiner Schmach vergisst das digitale Gedächtnis nichts. Auf YouTube existiert immer noch ein Video, auf dem zu sehen ist, wie der halbvolle Bierbecher, den ich unkoordiniert in Richtung Bühne schleudere, den Grafen knapp verfehlt.

Daniel Sibbe

Innenschaushow

»Diese Netflix-Dokureihe ›Headspace Guide‹ to Meditation zeigt total super, wie man durch Meditieren geduldiger, achtsamer und entschleunigter wird. Schon gesehen?« – »Ja, großartig! Hab ich sofort weggebinged!«

Jürgen Miedl

Tipp für Corona-Berichterstatter

Zur Veranschaulichung von Übersterblichkeit Totendiagramme nutzen.

Julia Mateus

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Wenn, Sepp Müller (CDU),

Bundeskanzler Olaf Scholz, wie Sie ihm vorwerfen, in einem »Paralleluniversum« lebt – wer hat dann seinen Platz in den Bundestagsdebatten, den Haushaltsstreitgesprächen der Ampelkoalition, beim ZDF-Sommerinterview usw. eingenommen?

Fragt die Fringe-Division der Titanic

 Lieber Fritz Merz,

im Podcast »Hotel Matze« sagst Du, dass Du in Deutschland große Chancen bekommen hättest und etwas zurückgeben wolltest. Jawollo! Wir haben da direkt mal ein bisschen für Dich gebrainstormt: Wie wär’s mit Deinem Privatjet, dem ausgeliehenen vierten Star-Wars-Film oder dem Parteivorsitz? Das wäre doch ein guter Anfang!

Wartet schon ganz ungeduldig: Titanic

 Hände hoch, Rheinmetall-Chef Armin Papperger!

Laut einem CNN-Bericht lagen deutschen und US-amerikanischen Geheimdiensten Hinweise zu russischen Plänen für einen Angriff auf Sie vor. So etwas nennt man dann wohl »jemanden mit seinen eigenen Waffen schlagen«!

Mörderpointe von Titanic

 Nachdem wir, »Spiegel«,

Deine Überschrift »Mann steckt sich bei Milchkühen mit Vogelgrippe an« gelesen hatten, müssen wir selbst kurz in ein Fieberdelirium verfallen sein. Auf einmal waberte da Schlagzeile nach Schlagzeile vor unseren Augen vorbei: »Affe steckt sich bei Vögeln mit Rinderwahnsinn an«, »Vogel steckt sich bei Mann mit Affenpocken an«, »Rind steckt sich bei Hund mit Katzenschnupfen an«, »Katze steckt sich bei Krebs mit Schweinepest an« und »Wasser steckt sich bei Feuer mit Windpocken an«.

Stecken sich auf den Schreck erst mal eine an:

Deine Tierfreund/innen von Titanic

 Du wiederum, »Spiegel«,

bleibst in der NBA, der Basketball-Profiliga der Männer in den USA, am Ball und berichtest über die Vertragsverlängerung des Superstars LeBron James. »Neuer Lakers-Vertrag – LeBron James verzichtet offenbar auf Spitzengehalt«, vermeldest Du aufgeregt.

Entsetzt, Spiegel, müssen wir feststellen, dass unsere Vorstellung von einem guten Einkommen offenbar um einiges weiter von der Deiner Redakteur/innen entfernt ist als bislang gedacht. Andere Angebote hin oder her: 93 Millionen Euro für zwei Jahre Bällewerfen hätten wir jetzt schon unter »Spitzengehalt« eingeordnet. Reichtum ist wohl tatsächlich eine Frage der Perspektive.

Arm, aber sexy: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Reifeprozess

Musste feststellen, dass ich zum einen langsam vergesslich werde und mir zum anderen Gedanken über die Endlichkeit allen Lebens mache. Vor meiner Abreise in den Urlaub vergaß ich zum Beispiel, dass noch Bananen in meiner Obstschale liegen, und dann dachte ich zwei Wochen darüber nach, wie lange es wohl dauert, bis die Nachbarn wegen des Geruchs und der Fliegen aus meiner Wohnung die Kripo alarmieren.

Loreen Bauer

 Liebesgedicht

Du bist das Ästchen,
ich bin der Stamm.
Du bist der Golo,
ich Thomas Mann.
Du bist Borkum,
ich bin Hawaii.
Du bist die Wolke,
ich bin gleich drei.
Du bist das Würmchen,
ich bin das Watt.
Du bist die Klinke,
ich bin die Stadt.
Du bist das Blättchen,
ich jetzt der Ast.
Sei still und freu dich,
dass du mich hast.

Ella Carina Werner

 Der kästnerlesende Kniebeuger

Es gibt nichts Gutes
Außer man Glutes.

Sebastian Maschuw

 Guesslighting

Um meine Seelenruhe ist es schlecht bestellt, seit mich ein erschütternder Bericht darüber informierte, dass in Hessen bei Kontrollen 70 Prozent der Gastronomiebetriebe widerlichste Hygienemängel aufweisen (s. Leo Riegel in TITANIC 07/2022). Neben allerhand Schimmel, Schleim und Schmodder herrscht allüberall ein ernsthaftes Schadnagerproblem, die Küchen sind mit Mäusekot nicht nur kontaminiert, sondern praktisch flächendeckend ausgekleidet. Vor lauter Ekel hab ich sofort Herpes bekommen. Nun gehe ich vorhin in meine Küche, und auf der Arbeitsplatte liegen grob geschätzt 30 kleine schwarze Kügelchen. Ich bin sofort komplett ausgerastet! Zehn hysterische Minuten hat es gedauert, bis mir klar wurde, dass der vermeintliche Kot die Samen eines dekorativen Zierlauchs waren, der einen Blumenstrauß krönte, den eine liebe Freundin mir geschenkt hat. Ich hätte ihn einfach nicht noch einmal anschneiden sollen … Hysterie off, Scham on.

Martina Werner

 Krasse Segregation

Wer bestimmten Gruppen zugehört, wird auf dem Wohnungsmarkt strukturell diskriminiert. Viele Alleinstehende suchen händeringend nach einer Drei- oder Vierzimmerwohnung, müssen aber feststellen: Für sie ist dieses Land ein gnadenloser Apartmentstaat, vor allem in den Großstädten!

Mark-Stefan Tietze

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
03.08.2024 Kassel, Caricatura-Galerie Miriam Wurster: »Schrei mich bitte nicht so an!«
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst Die Dünen der Dänen – Das Neueste von Hans Traxler
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst »F. W. Bernstein – Postkarten vom ICH«
09.08.2024 Bremen, Logbuch Miriam Wurster