Vom Fachmann für Kenner | September 2020


China

Vor einigen Jahren machte ich eine geführte Tour durch Peking. Verbotene Stadt, Mauer und Tempel, das war alles sehr eindrücklich, doch die Rückfahrt zum Hotel in dem kleinen Reisebus war mindestens ebenso einprägsam. Die Mitreisenden sahen interessiert oder abwesend aus dem Fenster, einige plauderten mit den Sitznachbarn, doch kaum jemand nahm Notiz von unserem Reiseführer, der auf dem Monitor seinen Lieblingsfilm »Kung Fu Panda« vorführte, simultan übersetzend, glücklich versunken, gestikulierend, in verschiedenen Stimmlagen und auch mit Gesang.

Miriam Wurster

Kommt ’ne Frau beim Arzt …

… macht etwas Smalltalk in beider heimatlichem Dialekt, wird korrekt behandelt und geht nach Hause.

Jasper Nicolaisen

Spiel für Kinder in erzkatholischen Familien

Ich sündige was, was du nicht siehst.

Jürgen Miedl

Saubere Sache

Bei meinem Kumpel kann man den gerade vorherrschenden Verschmutzungsgrad in seiner WG daran erkennen, dass er sich, wenn ich ihn morgens zur Uni abholen möchte, sein Nutellabrot in Ermangelung sauberen Bestecks seelenruhig mit der EC-Karte schmiert.

Matthias Stangel

Überfällige Frage

Warum wirbt Rudi Völler eigentlich nicht für All-you-can-eat-Restaurants?

Fabio Kühnemuth

Die Jugend von heute

weiß, mit ausgereifter Selbstreflexion zu überzeugen. So konnte ich heute Morgen beobachten, wie ein Halbstarker auf einen anderen, der schon am Boden lag, einschlug und rief: »Der Klügere gibt nach! Bin ich aber nicht.«

Nick Hertzberg

Religionskritik

Jesu Wiederauferstehung ist das Ergebnis typisch südländischer Schlamperei und Nachlässigkeit. Wäre er von Deutschen gekreuzigt worden, wäre das nicht passiert. Das wird man ja wohl noch sagen dürfen.

Katharina Greve

Neulich habe ich geträumt,

meine Oma hätte wieder mit dem Rauchen angefangen. Erst war ich besorgt, dachte aber dann: Ach, warum denn eigentlich nicht? Sie ist ja eh schon ein paar Jahre tot.

Cornelius W.M. Oettle

Bild von Richard

Eine Freundin hat mir neulich ihr Leid bezüglich Dating-Apps geklagt. Besonders Tinder sei schlimm, ständig bekomme sie von dort kennengelernten Männern dick pics, sobald sie von Tinder zum nutzerfreundlicheren Whatsapp gewechselt seien. Deswegen hat sie sich bei Elitepartner angemeldet. Hier bekomme sie zwar immer noch dick pics, die Männer auf den Bildern seien aber am restlichen Körper wenigstens besser angezogen.

Karl Franz

Namenskunde

Der bayerische Ortsname Froschkern wurde 1439 zum ersten Mal erwähnt, und zwar unter Alkoholeinfluss. Mehr ist nicht bekannt.

Tibor Rácskai

Krankheitsbild

Nachdem der Heimweg von der letzten Fahrradtour recht leicht fiel, ich allerdings zu Hause auf meinem Rücken unterhalb der linken Schulter juckende Pusteln entwickelte, frage ich mich, ob diese Erkrankung schon mit der ihr gebührenden Gründlichkeit erforscht wurde: die Rückenwindpocken.

Theobald Fuchs

Trinklustig,

ja durstig hatten wir die Hotelbar aufgesucht. Der Barkeeper allerdings kam hartnäckig nicht zu uns, um dann, nach endlich erfolgter Bestellung, für ziemlich lange Zeit spurlos zu verschwinden. Aber warum wunderten wir uns? Schließlich nannte sich die Wellnessabsteige, in der wir gelandet waren, nicht nur »Resort«, sondern eben auch »Hideaway«.

Irmtraud Hnilica

Tiefe Einsicht

Eine internationale Gruppe von Corona-Forschern hat untersucht, welche Menschengruppen am häufigsten gegen die Maskenpflicht verstoßen. Ganz vorn liegen Apnoe-Taucher.

Andreas Maier

Wohlfühlmusik

Gestern erstmals den Text zu »Wunderschön« von CJ Taylor bewusst gehört. Da war die Textpassage: »Komm, ich zeig’ dir die Sterne / Und bitte sei nicht voreingenommen.« Voreingenommenheit gegen Sterne! Das kenne ich gut. Spätestens seit dem Lied »Ein Stern (… der deinen Namen trägt)« von DJ Ötzi. Wie oft habe ich gedacht, das hätte nur ich, und ich wäre bestimmt ein Freak. Jetzt fühle ich mich viel besser.

Christian H. Lemke

Urlaubsgruß (73)

Wer Zwietracht sät,
Wird Zwietracht ernten.
Wer gar nichts kann,
Der fährt nach Kärnten.

Gunnar Homann

Frage in die Bubble

Wie lange kann man seine Posts eigentlich vordatieren? Wenn man also zum Beispiel weiß, dass man in der echten Welt bald das Zeitliche segnet, wie lange kann man seine Wenigkeit in Social Media dann noch weiterexistieren lassen? Genauso unbeschwert, genauso umtriebig und genauso repräsentativ wie bisher, mit täglichen Statusmeldungen und unterhaltsamen Spitzen zum persönlichen Befinden und Weltenlauf, vordatiert auf Tage, Wochen, Jahrhunderte? Es darf, es soll alles so weitergehen wie immer, so lange es eben geht, so lange man seine Posts eben vordatieren kann. So lange darf man in Gestalt seines Avatars noch ein wenig mitspielen, noch ein wenig im Äther nachklingen. Und der Avatar selbst? Bekommt gar nichts davon mit, dass er seine letzten Meter alleine geht. Dass er eigentlich schon Vergangenheit ist. Er ist einfach da, grinst in die Welt, bis er eines schönen Morgens plötzlich für immer einfriert. Wann genau das sein wird, hängt, wie bereits erwähnt, davon ab, wie lange man seine Posts vordatieren kann. Also?

Teja Fischer

Jugend ohne Internet

Wer die Filmrechte an meiner in den Neunzigern fulminant verkorksten späten Teenagerzeit kaufen möchte, kann sich gerne bei mir melden. Betreff: »How to Buy Drugs Offline (Slow)«.

Jan Guthmann

Pfeifen

Seit mein Freund Martin diesen Tinnitus hat, ist er richtig mies drauf und unausstehlich. Ein paar Freunde fangen schon an, ihn zu meiden. Das Ding ist aber auch laut!

Rolf Karez

Herrgott noch mal

Gottes Wege sind unergründlich? Pah! Regen ist zum Beispiel Gottes Weg, zu sagen: »Dusch endlich.«

Felix Scharlau

Ausgekocht

Leider gibt es bei unserer neuen, voll ausgestatteten Designerküche gleich massiven Grund zur Reklamation: Der Prospekt vom Lieferdienst rutscht immer hinten aus der Schublade.

Markus Berger

Das waren andere Zeiten

1978, 1912, 1848, 1680, 1524 (wird fortgesetzt)

Elias Hauck

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Hmmm, Aurelie von Blazekovic (»SZ«)!

Am Abend der Wahlen in Thüringen und Sachsen hatte die ZDF-Chefredakteurin Schausten dem 1. September 2024 den 1. September 1939 an die Seite gestellt, und dazu fiel Ihnen dies ein: »Das Dämonisieren von Rechtspopulisten hatte bisher keinen Erfolg. Egal, wie richtig es ist, dass die AfD gefährlich, radikal, extrem ist. Politiker, Journalisten, Demokratieverteidiger können das immer noch lauter und lauter rufen – aber es bringt nichts. Die berechtigten Warnungen sind inzwischen leere Formeln. Die Wahlergebnisse der AfD sind immer besser geworden, der Trotz immer erheblicher. Die Tatsache, dass sie sich beständig als Opfer von Medien inszenieren kann, hat der Partei genutzt. Es ist nicht die Aufgabe von Bettina Schausten, die AfD kleinzukriegen, sondern die der anderen Parteien. Sie sollten mal über den Tim-Walz-Weg nachdenken. Ist Björn Höcke etwa nicht weird

Ist er. Hitler war es auch, und ihn als »Anstreicher« (Brecht) oder inexistenten Krachmacher (Tucholsky) zu entdämonisieren, hat bekanntlich so viel gebracht, dass diese Sätze nie haben fallen müssen: »Man hat mich immer als Propheten ausgelacht. Von denen, die damals lachten, lachen heute Unzählige nicht mehr, und die jetzt noch lachen, werden in einiger Zeit vielleicht auch nicht mehr lachen.«

Wegweisend winkt Titanic

 Sie wiederum, André Berghegger,

haben als Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes nach dem Einsturz der Dresdner Carolabrücke eine »Investitionsoffensive für die Infrastruktur« gefordert, da viele Brücken in Deutschland marode seien. Diese Sanierung könnten jedoch Städte und Gemeinden »aus eigener Kraft kaum tragen«, ergänzten Sie. Mit anderen Worten: Es braucht eine Art Brückenfinanzierung?

Fragt Ihre Expertin für mehr oder weniger tragende Pointen Titanic

 Ex-VIVA-Moderator Mola Adebisi!

Im »Dschungelcamp« gaben Sie Ihre Meinung zum Thema Geschlechterrollen zum Besten: »Ich möchte nicht das tun, was eine Frau tut, das kann ich auch nicht. Und eine Frau soll auch nicht das tun, was ein Mann tut. Das geht auch nicht.« Männer sollten beispielsweise nicht als Hebammen arbeiten, denn eine Frau würde ein Kind anders lieben als ein Mann.

Und das wird von einer Hebamme ja schließlich gefordert, dass sie Kinder nicht einfach fachgerecht zur Welt bringt, sondern sie auch liebt.

Aber wenn Ihnen so viel daran liegt, die Tätigkeitsbereiche von Männern und Frauen zu trennen, warum haben Sie sich dann ein Metier gesucht, in dem sie gleichermaßen vertreten sind, Adebisi? Nämlich hauptberuflich im Dschungelcamp rumzusitzen?

Fragt sich, auch wenn sie das nicht tun soll: Titanic

 Grüß Gott, Söder!

Grüß Gott, Söder!

Wie schlossen Sie Ihr Statement vor dem israelischen Generalkonsulat in München, wenige Stunden, nachdem ein 18jähriger mit einem Gewehr mit aufgepflanztem Bajonett auf dieses geschossen hatte und daraufhin von der Polizei erschossen worden war? Sie sagten: »Nochmals vielen Dank an alle Beteiligten!« Der Hauptbeteiligte, das war freilich der Attentäter – Ihre Danksagung lässt also tief blicken! Denn was täten Sie ohne durchgeknallte Islamisten mit anachronistischer Bewaffnung, die vom Rückstoß eines historischen Repetiergewehrs beinahe umgeworfen werden und von Ihrer Polizei spielend leicht umgenietet werden können?

Aber Obacht! Nicht dass Sie sich beim nächsten Mal zu noch offenherzigeren Reaktionen hinreißen lassen und zum Abschluss »So ein Tag, so wunderschön wie heute« anstimmen. Könnte möglicherweise missverstanden werden!

Meint Titanic

 Philipp Bovermann (»SZ«)!

Früher hatten Sie Angst vor der Klimakatastrophe. Heute sind Sie Mitte dreißig und haben dazugelernt: »Ich kann heute nur noch darüber staunen, wie wenig tief mich die Tatsache bekümmert, dass der Planet überhitzt, dass Arten verschwinden, Ökosysteme kollabieren, Regenwälder brennen, Meeresböden sich in Wüsten verwandeln. Menschen werden sterben, Menschen sterben schon heute, das Leid der Tiere sprengt alle Vorstellungskraft – aber jetzt stehe ich auf meinem Balkon, habe mir ein Leben aufgebaut, mit einem tollen Job, einer tollen Frau, einer tollen Tochter, unten auf dem Teich schwimmt eine Entenfamilie vorbei, und geblieben ist nur die sanfte Sorge, dass ich mir zu wenig Sorgen mache. Ich grusele mich vor mir selbst. Aber nur ein winziges bisschen.« Denn »vielleicht ist es rational, wegen des Klimawandels ruhig zu bleiben und sich auf das Leid im Hier und Jetzt zu konzentrieren. Die Welt wird schon nicht gleich untergehen.«

Nein, Kollege Bovermann, wird sie nicht, jedenfalls Ihre nicht. An den Menschen in Südostasien oder Osteuropa, betroffen von einem exemplarischen Regen aus der neuen Klimagegenwart, schwimmen derweil keine Entenfamilien, sondern ihre toten Töchter vorbei, während Sie sich so arg auf das Leid im Hier und Jetzt konzentrieren, dass es alle Vorstellungskraft sprengt.

Vorm ewigen Jungspießer gruselt’s da ein bisschen: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Schrödingers Ruhebereich

Wenn es im Abteil so still ist, dass ein Fahrgast einschläft und dann übertrieben laut schnarcht.

Loreen Bauer

 Unangenehm

Auch im Darkroom gilt: Der Letzte macht das Licht aus.

Sebastian Maschuw

 Mitläuferin? Ganz im Gegenteil!

Meine Oma fuhr im Widerstand Motorrad.

Andreas Maria Lugauer

 Jeder kennt ihn

Die Romantrilogie auf der Geburtstagsfeier, das Raclettegerät auf der Taufe, die Gartenfräse zur Beerdigung: Ich bin der Typ in deinem Bekanntenkreis, der dir geliehene Sachen in den unmöglichsten Situationen zurückgibt.

Leo Riegel

 Reality-TV

Bei der Fernsehserie »Die Nanny« gibt es diese eine Szene, in der die Mutter der Nanny, Sylvia Fine, in einem Pariser Restaurant mit dem Kellner kommunizieren will. Da sie kein Französisch spricht, nutzt sie zum Austausch ausschließlich den Text des französischen Kinderliedes »Frère Jacques«: Mit »Frère Jacques« ruft sie den Kellner, mit »Ding-ding-dong« fordert sie einen neuen Kaffee und so weiter. In der Serie klappte das sehr gut, und als Kind fand ich es auch ausgesprochen lustig, war mir allerdings sicher, dass das in der Realität nie funktionieren würde – bis es mir selbst gelang. Das kam so: Im Fitnessstudio wartete ein junger Mann am Tresen vergeblich auf einen Trainer. Vergeblich, weil er die im Tresen eingelassene Klingel nicht betätigt hatte. Nun hatte ich ihn während des Trainings Französisch sprechen hören, sprach allerdings selbst keines. Da ich aber der Einzige war, der sein vergebliches Warten bemerkte, ging ich schließlich hin, zeigte auf die Klingel und sagte »Sonnez les matines! Sonnez les matines!« Er verstand sofort und klingelte ausgiebig. Kurz darauf erschien der Trainer und ließ ihn hinaus. Da soll noch mal einer sagen, Fernsehen würde im Leben nicht helfen.

Karl Franz

Vermischtes

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Das schreiben die anderen

  • 03.10.: Der MDR kramt bei der Debatte, ob Ostdeutschland in den Medien schlechtgeredet wird, die Zonen-Gaby wieder hervor.
  • 26.09.:

    Noch-Grünenchefin Ricarda Lang retweetet "ihren" Onlinecartoon vom 25.09.

  • 18.09.: TITANIC-Zeichnerin Hilke Raddatz ("Briefe an die Leser") ist mit dem Wilhelm-Busch-Preis geehrt worden. Die SZLZ und der NDR berichten.
  • 12.09.:

    "Heute detoxe ich im Manager-Retreat im Taunus": TITANIC-Chefredakteurin Julia Mateus im Interview mit dem Medieninsider.

  • 29.08.:

    Die FR erwähnt den "Björnout"-Startcartoon vom 28.08.

Titanic unterwegs
23.10.2024 Karlsruhe, Tollhaus Max Goldt
23.10.2024 Berlin, Walthers Buchladen Katharina Greve
24.10.2024 Stuttgart, Im Wizemann Max Goldt
25.10.2024 Potsdam, Waschhaus-Arena Thomas Gsella