Vom Fachmann für Kenner | Oktober 2020


Hoppla

Dass sich vieles mit dem Alter ändert, damit habe ich gerechnet. Aber wie vieles sich nicht ändert, das war eine Überraschung.

Teja Fischer

Gute Kurse, gute Besserung

Wenn man hört, dass es in den USA das psychische Krankheitsbild »Dow-Fieber« gibt – die Verfassung der Betroffenen ist dabei abhängig von den Schwankungen des Dow Jones –, fragt man sich natürlich schon, wie es so weit kommen kann, dass wohlhabende und sonst wohl sorgenlose Menschen ihr tägliches Leben von so etwas Abstraktem wie einem riesigen, undurchsichtigen Aktienindex dermaßen beeinträchtigen lassen. So enden möchte ich jedenfalls nie, da bleibe ich lieber bodenständig und mache mein Wohlbefinden weiterhin einzig und allein abhängig vom Kurs der Daimler-Aktie.

Cornelius W.M. Oettle

Dialektik der Anlage EÜR

Als freiberuflicher Autor habe ich in meiner letzten Steuererklärung auch Max Horkheimers Werk »Zur Kritik der instrumentellen Vernunft« abgesetzt. Ein ganz klarer Fall von instrumenteller Vernunft.

Andreas Maier

Das Beste kommt zum Schluss

Die gesamte Tragik der Endlichkeit des Lebens wurde wohl selten so schön zusammengefasst wie in diesem Satz, den ich zufällig bei einem Friedhofsbesuch aufschnappte: »Es ist so schade, dass Opa nicht erleben konnte, wie schön sein Grab geworden ist.«

Jürgen Miedl

Während des Besuchs

einer Freundin beging ich wieder einmal den Fehler, bei einer Diskussion unbedacht ein Fremdwort in den Raum zu werfen, über dessen genaue Bedeutung ich mir im Moment seines Gebrauchs nicht abschließend im klaren war. »Dass ein Mensch ohne Religion kein sinnerfülltes Leben führen kann, ist doch eine Schimäre«, sagte ich. »Eine was bitte?« entgegnete sie. Nun stand ich auf einmal dumm da, weil ich keine deutsche Entsprechung angeben konnte. Also sagte ich: »Ja, kennst du doch, so wie die Kneipe hier im Viertel, wo wir mal waren, die heißt doch so!« Gut, das half eigentlich auch nicht weiter. Nun versuchte ich einfach, die Aufgabe zu delegieren, sie saß ohnehin gerade am Computer, und meinte: »Dann googel es doch!« Woraufhin sie antwortete, dazu gerade keine Lust zu haben, weil sie Emails checke. Etwas später fuhr ich dann mit dem Rad in die Stadt und kam zufällig an besagter Kneipe namens »Chimäre« vorbei, dachte ich jedenfalls, doch sie hatte wohl vor kurzem dichtgemacht. Und da hatte ich die Lösung endlich, war ihre Existenz doch nur noch ein Trugbild, ein Hirngespinst in meinem Kopf gewesen!

Burkhard Niehues

Tipp für Tierfreunde

Merke: Wer ein Herz für Spinnen hat, sauge nach dem Achtbeiner auch noch einen Sechsbeiner als Proviant mit dem Staubsauger auf.

Katharina Greve

Fruchtsaft

Ich weiß, dass die Lebensmittelindustrie uns oft an der Nase herumführen möchte, aber wenn man genauer drüber nachdenkt, dann ist doch eigentlich jeder Fruchtsaft ein Multivitaminsaft, oder nicht?

Jona Drewes

Ein Gleichnis

Vier Blinde stehen um einen Elefanten herum und untersuchen ihn, um herauszufinden, worum es sich handelt. Derjenige, der den Rüssel zu greifen bekommt, erklärt: »Es muss ein lebendiger Gartenschlauch sein.« Ein anderer – er streicht über die Flanke des Dickhäuters – spricht: »Nee, das ist ein Elefant«, tastet sich nach oben und ergänzt: »Jepp, hier ist das charakteristische Ohr. Ganz klar, ein Elefant.« Der Dritte befühlt einen Stoßzahn und schlussfolgert: »Elfenbein. Der Fall ist gelöst. Man muss schon sehr dumm sein, um an einen Gartenschlauch oder etwas anderes zu denken …« Der Vierte meldet sich zu Wort: »Moment! Um ganz sicher zu gehen, sollten wir noch den Penis des Tieres anfassen. Los, macht alle mit!« Die vier Blinden nähern sich dem gigantischen Glied und vollführen daran rhythmische Auf- und Abbewegungen.

Da öffnet sich die Stalltür, und der Besitzer des Elefanten kommt herein: »Was geht hier vor? Bei Ganesha, was MACHEN Sie denn da?!«

Werbeeinblendung: »Schützen Sie Ihre Arbeitselefanten! Mit Mahut Security Systems. Für alle Stallarten. Denn die Welt ist voller Perverser.«

Torsten Gaitzsch

Aller Anfang

Ich arbeite derzeit an einer neuen Rubrik »Humorvolles über den alten weißen Mann«. Erster Versuch: Was sagt ein alter weißer Mann, nachdem die Antifa den Rückspiegel von seinem SUV abgetreten hat? »Macht nichts, meine Frau ist eh zu jung zum Rückwärtsfahren.«

Theobald Fuchs

Die Abenteuer von Pavel Havel (2)

Eines Tages wurde Pavel Havel, der berühmte tschechische Großmeister aller Klassen, von seiner Frau aus Wut über eine Nichtigkeit aus dem Fenster geworfen. Weil aber Pavel Havel wusste, was aus so einer Sache an Unheil erwachsen kann und die Nichtigkeit wirklich nicht der Rede wert war, machte er auch kein Aufhebens davon, sondern stürzte sich sogleich ein weiteres Mal aus dem Fenster, und dann ein drittes und ein viertes Mal, und dies tat er so lange, bis sich die Menschenmenge auf der Straße unterhalb des Fensters aus Überdruss und Langeweile zerstreute.

Tibor Rácskai

Hilfe

Von einem Arbeitskollegen zu träumen ist grundsätzlich ein ungutes Zeichen. Von einem Arbeitskollegen zu träumen, der seine Suppe mit einer Tabakpfeife löffelt, ist ein Alarmsignal.

Ronnie Zumbühl

Später Erziehungserfolg

Dass die arschblöde Elternfrage »Und wenn die anderen vom Dach springen, springst du dann auch?« bei mir doch irgendetwas bewirkt hatte, konnte ich meiner Mutter jüngst während einer Autobahnfahrt demonstrieren, als ich beim Heranfahren an das Stauende trotz starken Konformitätsdrucks auf das Einschalten der Warnblinkanlage konsequent verzichtete.

Julia Mateus

Die neue Audi-Werbung

wirbt für die größte Errungenschaft seit selbstlandenden Raketen: ein Auto, das sich meiner Stimmung anpasst. Was aber soll ich mit einem Auto anfangen, das nie anspringt, nur in der Garage steht und dabei ungesunde Mengen Sprit verbraucht?

Christian Kroll

Kirchensteuer

Oder wie R.E.M. einst sangen: »I am leasing my religion«.

Tobias Speckin

Bares für Rares

Auch ich habe mal eine Antiquität erstanden. Es war auf der Abi-Fahrt auf dem Flohmarkt in Athen, als ein netter Straßenhändler (»Hey you! You German, you fucking? My name Christos. 30 Jahr’ Bier-Fabrika Dortmund!«) mir für 3000 Drachmen einen alten Becher anbot, von dem Christos (»Scheiße, ischschwör! 40 Jahr’ Bier-Fabrika Düsseldorf!«) behauptete, er sei ganz sicher der heilige Gral, und jeder, der daraus einen Schluck Tafelwein trinke, wäre danach unsterblich. Immerhin: Solange ich lebe, kann niemand behaupten, dass er gelogen hat.

Stephan Brug

Französische Relativitätstheorie

É=mc²

Karl Franz

Kompatibilitätsprobleme

Kritik am Schweinesystem ist richtig und wichtig. Ebenso wichtig ist die #metoo-Debatte. Ich habe aber Probleme, beide unter einen Hut zu bekommen. Alles hängt doch an dieser Frage: Darf man das System ficken, wenn das System Nein gesagt hat?

Tilman Birr

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Anpfiff, Max Eberl!

Sie sind seit Anfang März neuer Sportvorstand des FC Bayern München und treten als solcher in die Fußstapfen heikler Personen wie Matthias Sammer. Bei der Pressekonferenz zu Ihrer Vorstellung bekundeten Sie, dass Sie sich vor allem auf die Vertragsgespräche mit den Spielern freuten, aber auch einfach darauf, »die Jungs kennenzulernen«, »Denn genau das ist Fußball. Fußball ist Kommunikation miteinander, ist ein Stück weit, das hört sich jetzt vielleicht pathetisch an, aber es ist Liebe miteinander! Wir müssen alle was gemeinsam aufbauen, wo wir alle in diesem gleichen Boot sitzen.«

Und dieser schräge Liebesschwur, Herr Eberl, hat uns sogleich ungemein beruhigt und für Sie eingenommen, denn wer derart selbstverständlich heucheln, lügen und die Metaphern verdrehen kann, dass sich die Torpfosten biegen, ist im Vorstand der Bayern genau richtig.

Von Anfang an verliebt für immer: Titanic

 Hey, »Zeit«,

Deine Überschrift »Mit 50 kann man noch genauso fit sein wie mit 20«, die stimmt vor allem, wenn man mit 20 bemerkenswert unfit ist, oder?

Schaut jetzt gelassener in die Zukunft:

Deine Titanic

 Wie bitte, Extremismusforscher Matthias Quent?

Im Interview mit der Tagesschau vertraten Sie die Meinung, Deutschland habe »viel gelernt im Umgang mit Hanau«. Anlass war der Jahrestag des rassistischen Anschlags dort. Das wüssten wir jetzt aber doch gern genauer: Vertuschung von schrecklichem Polizeiverhalten und institutionellem Rassismus konnte Deutschland doch vorher auch schon ganz gut, oder?

Hat aus Ihren Aussagen leider wenig gelernt: Titanic

 Wussten wir’s doch, »Heute-Journal«!

Deinen Bericht über die Ausstellung »Kunst und Fälschung« im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg beendetest Du so: »Es gibt keine perfekte Fälschung. Die hängen weiterhin als Originale in den Museen.«

Haben Originale auch schon immer für die besseren Fälschungen gehalten:

Deine Kunsthistoriker/innen von der Titanic

 Ziemlich beunruhigt, Benjamin Jendro,

lässt uns Ihr vielzitiertes Statement zur Verhaftung des ehemaligen RAF-Mitglieds Daniela Klette zurück. Zu dem beeindruckenden Ermittlungserfolg erklärten Sie als Sprecher der Gewerkschaft der Polizei: »Dass sich die Gesuchte in Kreuzberg aufhielt, ist ein weiterer Beleg dafür, dass Berlin nach wie vor eine Hochburg für eine gut vernetzte, bundesweit und global agierende linksextreme Szene ist.«

Auch wir, Jendro, erkennen die Zeichen der Zeit. Spätestens seit die linken Schreihälse zu Hunderttausenden auf die Straße gehen, ist klar: Die bolschewistische Weltrevolution steht im Grunde kurz bevor. Umso wichtiger also, dass Ihre Kolleg/innen dagegenhalten und sich ihrerseits fleißig in Chatgruppen mit Gleichgesinnten vernetzen.

Bei diesem Gedanken schon zuversichtlicher: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
18.04.2024 Berlin, Heimathafen Neukölln Max Goldt
18.04.2024 Hamburg, Centralkomitee Ella Carina Werner
19.04.2024 Wuppertal, Börse Hauck & Bauer
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt