Vom Fachmann für Kenner | Juni 2020


Idee für 2021: Spargelernte per Silvesterrakete

Die jungen Feuerwerkskörper werden im April ins Spargelbeet gesät, wachsen dort bis zur erntereifen Rakete. Am 5. Mai heißt es dann: DER SPARGEL SCHIESST, und zwar uns unter großem Hallo und Funkenregen direkt in die Münder. Tradition (Spargel) trifft auf Tradition (Feuerwerk), bzw. »Volksspeisung mal anders«. Noch eine kleine Gegendemo (Querfront) dazu, einem Kind fliegt ein Spargel direkt ins Auge, im Folgejahr wird es Einschränkungen geben müssen, fertig ist DAS DEUTSCHE NEUJAHR.

Elias Hauck

Frage, die mir nicht aus dem Kopf geht

Was ist raffinierter gebaut, das Opernhaus in Sydney oder eine Maultasche von Oma?

Teja Fischer

Deutsch, wie es singt und kracht

Wer Deutsch als Fremdsprache lernt, wird zunächst naiv annehmen, dass sich hinter einem Wort wie »Scheiblettenkäse« etwas unsagbar Absurdes, in der Muttersprache nur unter Zuhilfenahme sperrigster Umschreibungen Wiederzugebendes verbirgt, ähnlich gewissen japanischen oder isländischen Vokabeln, die zum Beispiel die mundwässernde Wirkung eines seit sechs Monaten im eigenen Sperma marinierten Walhodens bezeichnen. Um dann, mit wachsendem Sprachverständnis, zu begreifen, dass diese Ahnung nicht getrogen hat.

Jasper Nicolaisen

Post-Pop

Lange waren weiße Perlenohrringe omnipräsent und ein untrügliches Zeichen für Durchschnittlichkeit. Rund, weiß, klein – sichtbar zwar, aber nicht der Rede wert, Schmuck für die Etikette. In ihrer Gewöhnlichkeit stachen sie mir schon immer stumpf ins Auge, verrieten mir sogleich alles über ihre Trägerinnen: Standard. Seither gerieten die kleinen Dinger immer mehr aus der Mode, sind beinahe völlig verschwunden. Auf meinem Weg zur Arbeit traf ich kürzlich auf eines der selten gewordenen Exemplare, und das stürzte mich direkt in tiefe Verwirrung: Schafft der Mainstream hier seine eigenen Außenseiter? Ist das ein Akt des Widerstands? Inszenierte Selbstaufgabe gegenüber den Trends? Total komplex! Was hat es damit auf sich, fragte ich mich. Und: Wo kann ich die noch kaufen?

Frederik Skorzinski

DIY aus der Hölle

Wenn man sich bei Dachabdichtungsarbeiten mit Bitumenkleister beschmiert und die Klebereste anschließend mit Waschbenzin abreibt, erhält man die originalgetreue Trumpsche Hauttönung. Schwefelaura inklusive.

Eggs Gildo

Verwöhnt

Meinen Lebensstil muss man sich erst mal leisten können. Ich zum Beispiel konnte es noch nie.

Tanja Schmid

Mitleid

Image-Werbung hat immer so etwas Verzweifeltes, fast wie in einer griechischen Tragödie. Sie versucht, den Kunden mit aller Kraft zu versichern, dass es gar keinen Grund für eine Kampagne gibt. Ihr Ziel ist sozusagen die Negation der eigenen Ursache. Wenn sie auf dem Weg dorthin noch mit ihrer Mutter schläft, ist das fast wie bei Ödipus.

Konstantin Hitscher

Auch ohne

pandemiebedingt erhöhten Hygienestandard ist ein Bad in der Menge eher kontraproduktiv, da man hinterher meist dreckiger als vorher ist.

Katharina Greve

Einmachen für die Ewigkeit

Die Bilder der brennenden Wälder vor Tschernobyl lassen mich in vergangene Zeiten reisen, zum Jahr, als der Meiler im April in die Luft flog und die unsichtbare Radioaktivität auch bei uns strahlte. Einige Monate später war der Super-GAU nicht mehr ganz so präsent, und die Pflaumen im Garten waren so lecker und üppig. Ich war unschlüssig, ob man sie so einfach verkommen lassen sollte. Also habe ich Kompott gekocht und die beschrifteten Einmachgläser in den Vorratskeller gestellt. Die mündigen Familienmitglieder sollten später selbst entscheiden, ob sie den Verzehr riskieren wollten. Auf den Etiketten stand »Zwetschgenkompott 1986 (Tschernobyl)«.

Miriam Wurster

Genre-Theorie

Fallen plagiierte Dissertationen eigentlich in den Bereich Science-Fiction?

Fabio Kühnemuth

Filmkunde

In Zeiten von Zoom-Konferenzen kann es nicht schaden, der Leserschaft ein wenig Nachhilfe in filmischen Fachtermini zu geben. Eine sogenannte Text-Bild-Schere zum Beispiel kann für einen visuellen Bruch und Komik sorgen. Während der Video-Sprechstunde mit meiner Internistin erzählte ich ihr zum Beispiel, dass ich seit vier Monaten nichts trinke, während sie auf eine Galerie leerer Weinflaschen hinter mir starrte. Wichtig ist auch, dass man sich bereits vor jeder Zoom-Konferenz im Klaren ist, auf welches Genre man hinaus will, sich dabei aber genug Raum offenlässt für spontane Änderungen. Meine Video-Sprechstunde hatte ich zum Beispiel eher als »Komödie« gepitcht (aktuelle Blutwerte), am Ende wurde dann aber ein ziemlich bombastischer High-Budget-Horrorstreifen daraus (Privatbehandlung).

Jürgen Marschal

Prägung

Mein Interesse und mein Wohlwollen gegenüber fernöstlichen Denkweisen und vor allem dem Konzept der Wiedergeburt erwachsen wahrscheinlich aus meinen ersten Flirt-Erfahrungen in der Pubertät, als ich immer wieder hörte: »Vielleicht in einem anderen Leben.«

Jürgen Miedl

Fauler Traum

Geträumt hab ich, ich könne fliegen.
Hat aber keinen Spaß gemacht.
Ich wollte lieber wieder liegen.
Zum Glück bin ich dann aufgewacht.

Cornelius W.M. Oettle

Interpunktion auf dem Betzenberg

Wer glaubt, dass eine korrekte Zeichensetzung für Fußballfans irrelevant ist, der achte einmal genau auf den Unterschied zwischen »FCK! FCK!« und »FCK FCK!«

Burkhard Niehues

Zieleinlauf eines Dialogs

Kundin (alte Dame): »Das ist dann schon sehr anstrengend.«
Kassiererin (ältere Dame): »Nein, ich könnte das nicht!«
Kundin: »Aber es macht auch Spaß.«
Kassiererin: »Das ist die Hauptsache.«
»Ja.«
»Ja. 14,60 bitte.«

Worum auch immer es sich dreht, das Gespräch ergibt Sinn.

Theobald Fuchs

Prioritäten setzen

Seitdem ich festgestellt habe, dass sich der reichhaltige tägliche Genuss alkoholischer Getränke und meine Kreativität ausschließen, schreibe ich einfach weniger.

Matthias Stangel

Gedanken nach dem Auspacken des neuen Toasters

Gott sei Dank ist Deutschland ein so bedeutendes Land, dass man bei internationalen Bedienungsanleitungen die deutsche Übersetzung gleich zu Beginn des 150-seitigen Heftes findet. Okay, mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit werde ich da nicht reinschauen, aber falls doch, ist es gut zu wissen, dass ich nicht blättern muss.

Robert Rescue

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Sie, Romancier Robert Habeck,

Sie, Romancier Robert Habeck,

nehmen Ihren Nebenjob als Wirtschaftsminister wohl sehr ernst! So ernst, dass Sie durch eine Neuauflage Ihres zusammen mit Ihrer Ehefrau verfassten Romans »Der Tag, an dem ich meinen toten Mann traf« versuchen, fast im Alleingang dem darniederliegenden Literaturmarkt auf die Sprünge zu helfen. Könnten Sie sich als Nächstes das Zeitschriftensterben vorknöpfen?

Fragt Titanic

 Ganz, ganz sicher, unbekannter Ingenieur aus Mittelsachsen,

dass Du Deine Verteidigungsstrategie nicht überdenken willst? Unter uns, es klingt schon heftig, was Dir so alles vorgeworfen wird: Nach einem Crash sollst Du einem anderen Verkehrsteilnehmer gegenüber handgreiflich geworden sein, nur um dann Reißaus zu nehmen, als der Dir mit der Polizei kommen wollte.

Die beim wackeren Rückzug geäußerten Schmähungen, für die Du nun blechen sollst, wolltest Du vor dem Amtsgericht Freiberg dann aber doch nicht auf Dir sitzen lassen. Weder »Judensau« noch »Heil Hitler« willst Du gerufen haben, sondern lediglich »Du Sau« und »Fei bitter«. Magst Du das nicht noch mal mit Deinem Rechtsbeistand durchsprechen? Hast Du im fraglichen Moment nicht vielleicht doch eher Deinen Unmut über das wenig höfische Verhalten des anderen Verkehrsteilnehmers (»Kein Ritter!«) geäußert, hattest Deinen im selben Moment beschlossenen Abschied von den sozialen Medien (»Bye, Twitter!«) im Sinn, oder hast gar Deiner verspäteten Freude über die olympische Bronzemedaille des deutschen Ruder-Achters von 1936 (»Geil, Dritter!«) Ausdruck verliehen?

Nein? Du bleibst dabei? Und würdest dafür sogar ins Gefängnis gehen (»Fein, Gitter!«)?

Davor hat fast schon wieder Respekt: Titanic

 Damit hast Du nicht gerechnet, »Zeit online«!

Als Du fragtest: »Wie gut sind Sie in Mathe?«, wolltest Du uns da wieder einmal für dumm verkaufen? Logisch wissen wir, dass bei dieser einzigen Aufgabe, die Du uns gestellt hast (Z+), erstens der zweite Summand und zweitens der Mehrwert fehlt.

Bitte nachbessern: Titanic

 Keine Übertreibung, Mathias Richling,

sei die Behauptung, dass die Ampel »einen desaströsen Eindruck bei jedermann« hinterlasse, denn in den vielen Jahren Ihrer Karriere, so schilderten Sie’s den Stuttgarter Nachrichten, hätten Sie es noch nie erlebt, »dass ohne jegliche pointierte Bemerkung allein die bloße Nennung des Namens Ricarda Lang ein brüllendes Gelächter auslöst«.

Aber was bedeutet das? »Das bedeutet ja aber, zu Mitgliedern der aktuellen Bundesregierung muss man sich nichts Satirisches und keinen Kommentar mehr einfallen lassen.« Nun beruhigt uns einerseits, dass Ihr Publikum, das sich an Ihren Parodien von Helmut Kohl und Edmund Stoiber erfreut, wohl immerhin weiß, wer Ricarda Lang ist. Als beunruhigend empfinden wir hingegen, dass offenbar Sie nicht wissen, dass Lang gar kein Mitglied der aktuellen Bundesregierung ist.

Muss sich dazu nichts Satirisches und keinen Kommentar mehr einfallen lassen: Titanic

 Huhu, »HNA« (»Hessische/Niedersächsische Allgemeine«)!

Mit großer Verblüffung lesen wir bei Dir in einem Testbericht: »Frischkäse ist kaum aus einem Haushalt in Deutschland wegzudenken.«

Och, Menno! Warum denn nicht? Und wenn wir uns nun ganz doll anstrengen? Wollen wir es denn, HNA, einmal gemeinsam versuchen? Also: Augen schließen, konzentrieren und – Achtung: hui! – weg damit! Uuuund: Futschikato! Einfach aus dem eigenen Haushalt weggedacht. Und war doch überhaupt nicht schlimm, oder?

Es dankt für die erfolgreiche Zusammenarbeit und hofft, einen kleinen Denkanstoß gegeben zu haben, wenn nicht gar einen Wegdenkanstoß: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 3:6, 6:7, 0:6

Der Volontär in der Konferenz der Sportredaktion auf die Bitte, seine Story in drei Sätzen zu erzählen.

Ronnie Zumbühl

 Süße Erkenntnis

Für jemanden, der Pfirsich liebt, aber Maracuja hasst, hält die Welt viele Enttäuschungen bereit.

Karl Franz

 Nachwuchs

Den werdenden Eltern, die es genau mögen, empfehle ich meinen Babynamensvorschlag: Dean Norman.

Alice Brücher-Herpel

 Hellseherisch

Morgen ist einfach nicht mein Tag.

Theo Matthies

 Dilemma

Zum Einschlafen Lämmer zählen und sich täglich über einen neuen Rekord freuen.

Michael Höfler

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
09.12.2023 Leipzig, Kupfersaal Martin Sonneborn mit Gregor Gysi
10.12.2023 Kassel, Bali-Kino/Kulturbahnhof Gerhard Henschel
10.12.2023 Frankfurt, Elfer Ella Carina Werner
11.12.2023 Frankfurt, Stalburg-Theater Pit Knorr & Die Eiligen Drei Könige