Vom Fachmann für Kenner | November 2018


Gegen den Jugendwahn

Wie alt muss ich eigentlich werden, damit mich das Quengelregal an der Supermarktkasse endlich kaltlässt?

Katharina Greve

Did you know?

Die Super Mario Brothers sind eigentlich gar nicht verwandt. Sie bestehen aus Pixeln.

Felix Bellermann

Abwärts

Aufgrund eines technischen Defekts war ich einmal ein paar Minuten lang in einem Fahrstuhl gefangen, in dem sich außer mir nur noch ein bekannter Hegel-Experte und ein prominenter Theaterregisseur befanden. Während der eine irgendwas von »Lift der Vernunft« murmelte, versprach der andere, dass der zweite Aufzug besser werde.

Andreas Maier

Oma Murphys Gesetz

Was Großmutter noch wusste: Um zu verhindern, dass das Brot immer auf die mit Marmelade bestrichene Seite fällt, einfach auf die Stulle statt Konfitüre grobe Gutsleberwurst schmieren.

Daniel Sibbe

Sympathisanten

In den Siebzigern war das Rote-Armee-Fraktion-Zeichen mit der Kalaschnikow allgegenwärtig, ob an Wände gesprüht oder auf Bekennerschreiben, die in den Nachrichten gezeigt wurden. Ich war noch Kind und verband mit diesem Logo ausgemergelte, langhaarige, rauchende Leute, die eine andere Gesellschaft wollten und Waffengewalt für die Durchsetzung geeignet hielten. Mich wunderte nur irgendwie, dass die Maschinenpistole dieses Zeichens auf den Autohecks von ganz bürgerlichen Leuten auftauchte. Auf polierten, dicken Mercedessen oder vollbeladenen Familienkutschen prangte ein Gewehr. Es war zwar um 90 Grad gekippt, hatte den Lauf nach unten gerichtet, aber es strahlte genau diese bedrohliche Gewaltbereitschaft aus. Erst viel später erfuhr ich, dass es sich bei diesem Symbol um die Umrisse von Sylt handelte.

Miriam Wurster

Folge der Digitalisierung

Müssten Buchstaben jetzt nicht langsam mal in Bildschirmstaben umbenannt werden?

Mark-Stefan Tietze

Seht nur

Ich weiß, dass ihr euch aus Effizienzgründen sogenannte Watchlisten anlegt, in die ihr mühsam Titel eintragt, sobald eure Freunde von einer neuen Serie oder einem Film erzählen, um diese Werke dann, wenn ihr mal Langeweile habt, sofort streamen zu können, ganz ohne wertvolle Minuten bei der Sucherei zu verlieren. Die von mir entwickelte Methode ist allerdings noch zeitsparender: Ich habe keine Freunde.

Cornelius W. M. Oettle

Im Wartezimmer

Ich blättere in einer Frauenzeitschrift und stolpere in der Rubrik »Ratgeber Haushalt« zunächst über den Tip, man solle, um Bratgeruch in der Küche zu bekämpfen, direkt nach der Zubereitung der Speisen scharfen Essig aufkochen (»Achtung, es riecht danach sehr stark nach Essig!«). Dann aber dämmert mir, dass auch die Beiträge dieser Blätter aus dem Yellow-Press-Segment durchaus einer inneren Logik folgen: Wer eines dieser Hefte kauft und liest, um sich von seinen eigenen Gedanken abzulenken, wird auch den Tip mit dem Essig zu schätzen wissen.

Julia Mateus

Kleine ganz groß

Welch bedeutungsverändernde Wirkung die Groß- und Kleinschreibung haben kann, merkte ich, als ich den ausgestellten Rechnungsbeleg mit »Betrag dankend in Bar erhalten« sah.

Jürgen Miedl

Kontinuität

Ich habe meiner Frau vor einiger Zeit so einen modernen E-Book-Reader geschenkt. Die sollen ja das Lesen revolutionieren. Hat nichts gebracht. Auf dem Ding ist jetzt genauso ein Mist drauf, wie sie ihn vorher schon im Regal stehen hatte.

Uwe Geishendorf

Praktische Fragen verwaltungstechnischer Art, die einmal gestellt werden müssen

Wie werden in Island eigentlich öffentliche Gebäude errichtet? Wenn dortzulande das lahme Polarkreis-Thermometerchen doch selten einmal über zehn bescheidene Celsius-Grade klettern möchte? Frieren sich die trotz allem obligatorisch oberkörpernackten Island-Bauboys nicht mit erschreckender Regelmäßigkeit den Oberkörper ab? Entstand so das allseits bekannte Phallusmuseum? Oder sind die Burschen bei ihrer schweißtreibenden Tätigkeit vielleicht an die Energie der vielen heißen, dampfenden Quellen angeschlossen, von denen man ja so viel hört? Was für ein Bild: Ein siedender, triefender Vollbart-Ise hämmert sich im Eismeer seine Seele aus dem Leib, um ein kaputtes Stück Bordstein für die Omas der Umgegend auszutauschen.

Adrian Schulz

Placebo-Effekt

Wem auf dem Weg in den Urlaub siedend heiß einfällt, dass er das »Mensch ärgere Dich nicht« auf dem Küchentisch vergessen hat, und trotzdem nicht auf den Spielgenuss verzichten möchte, kann die Familie am Zielort im Gepäck danach suchen lassen.

Lukas Jacobs

Neues Sprichwort

Die größten Spießer tragen die buntesten Socken.

Fabio Kühnemuth

Und ab

Habe heute eine Dokumentation über Lemminge gesehen. Habe aber schnell wieder abgeschaltet. Konnte einfach nicht folgen.

Tim Wolff

Auftrag

Grün, so heißt es, ist die Farbe der Hoffnung – weshalb ich kürzlich, in einer Mischung aus Naivität und komplettem Leichtsinn, die Sorge für meine Balkon- wie Zimmerpflanzen für eine mehrwöchige Reise einer Freundin übertragen habe, die sich als alles andere, nur nicht als Trägerin eines grünen Daumens ausgewiesen hat. Ich setze einfach darauf, dass sie an dieser Aufgabe noch wächst – und wenn es die ein oder andere Pflanze ihr dabei gleichtut, würde es mich freuen.

Burkhard Niehues

Glückliche Fügung

Meine Augen werden in derselben Geschwindigkeit schlechter, in der das Bild im Fernseher besser wird.

Teja Fischer

Ich habe heute

Wolfgang Kubicki an der Tankstelle getroffen. Er fragte mich, ob ich einen Fünfzig-Euro-Schein kleinmachen könnte, und ich entgegnete: »Wie klein denn noch?« Und dann haben wir beide angefangen zu lachen.

Johannes Floehr

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Genau so war es, lieber »Tagesspiegel«!

»Die Trauer um die Mauertoten erinnert uns daran, was es bedeutet, Hoffnung, Mut und letztlich das eigene Leben für ein Leben in Freiheit zu opfern«, mahnst Du am Jahrestag des Mauerbaus. Ja, wer kennt sie nicht, die ganzen Menschen, die die Hoffnung auf ein besseres Leben und den Mut, ihr Leben zu riskieren, längst aufgegeben haben, um dann an der Mauer zu sterben, wiederaufzuerstehen und ein gutes Leben im freien Westen zu führen? Mögen sie und Deine Formulierungsgabe in Frieden ruhen, Tagesspiegel!

Herzliches Beileid schickt Titanic

 Gute Güte, sehr unverehrter Hassan Nasrallah!

Gute Güte, sehr unverehrter Hassan Nasrallah!

Sie sind Chef der Hisbollah, und ein neues Propagandavideo Ihrer freundlichen Organisation war mit einem Satz unterlegt, den Sie bereits 2018 gesagt haben sollen: Die Hisbollah besitze »Präzisions- und Nicht-Präzisionsraketen und Waffenfähigkeiten«, die Israel »mit einem Schicksal und einer Realität konfrontieren werden, die es sich nicht ausmalen kann«.

Das, Nasrallah, glauben wir, verkörpern Sie doch selbst eine Realität, die wir agnostischen Seelchen uns partout nicht ausmalen können: dass das Schicksal von Gott weiß wie vielen Menschen von einem Knall- und Sprengkopf wie Ihnen abhängt.

Ihre Präzisions- und Nicht-Präzisionsraketenwerferin Titanic

 Heda, »FAZ«

»Schlechte Politik verhindert Fortschritt« – das stimmt. Aber ist das nicht haargenau die Politik, für die Du immer trommelst?

Fragt schlecht und recht Titanic

 Puh, »Frankfurter Rundschau«!

»Während im Süden Europas weiter enorme Hitze herrscht, sorgt ein kurzweiliges Tief in Deutschland für eine Abkühlung.« Es bleibt aber dabei: Die Tiefs sorgen für Abkühlung, und für die Kurzweil sorgen Deine Sprachkapriolen. Nicht durcheinanderbringen!

Warm grüßt Titanic

 Dass Du das »Du«, Steffen Freund,

so bescheuert verwendest, werden wir von Deiner Zeit als Fußball-Co-Kommentator bei RTL in unangenehmer Erinnerung behalten.

»Das muss anders gespielt werden! Du musst den Spieler in die Zone bringen.« – »Das zeichnet eine gute Mannschaft eben aus – dann lässt du dich besser fallen.« – »Gegen den Ball ist da kein Abnehmer, und das spürst du natürlich auch.« – »… und dann bist du in einer Situation, wo es gelb bis rot wird.« – »Dann hast du noch drei zentrale Mittelfeldspieler, das reicht dann mal nicht.« – »Du brauchst jetzt zwei Spieler, die noch frisch sind.« – »Es ist ein K.-o.-Spiel! Du hast nur noch 20 Minuten!« – »Einfach mal durchstecken! Jetzt kannst du eins gegen eins gehen!«

Eben nicht. Weil wenn’s ganz unerträglich wird, kannst Du natürlich den Ton abschalten.

Brauchst Du aber nicht mehr. Jetzt ist es ja vorbei. Und Du liest wieder Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Unwirtliche Orte …

… sind die ohne Kneipe.

Günter Flott

 Schierlingsbücher

Kaum jemand erinnert sich an das allererste selbstgelesene Buch. War es »Wo die wilden Kerle wohnen« oder doch Grimms Märchen? Schade, denke ich mir. Es könnte eine Wegmarke in die wunderbare Welt der Bibliophilie sein. In meiner Erinnerung wabert stattdessen leider nur ein unförmiger Brei aus Pixibüchern. Diesen Fehler möchte ich am Ende meines Leselebens nicht noch einmal machen. Und habe mir das Buch »Essbare Wildpflanzen« bestellt.

Teresa Habild

 Europa aphrodisiakt zurück

Wenn es hierzulande etwas im Überfluss gibt, dann verkalkte Senioren und hölzerne Greise. Warum also nicht etwas Sinnvolles mit ihnen anfangen, sie zu Pulver zerreiben und in China an Tiger gegen Schlaffheit der Genitalien verkaufen?

Theobald Fuchs

 Fachmann fürs Leben

Im Gegensatz zur Schule hat man im Zivildienst viele nützliche Dinge gelernt. Zum Beispiel, dass man die Körper von Menschen, die sich selbst nicht mehr bewegen können, regelmäßig umlagert, damit keine Seite wund wird. Um anhaltenden Druck auf die Haut zu minimieren, wende ich auch heute noch die Pfirsiche in der Obstschale alle paar Stunden.

Friedrich Krautzberger

 Ach, übrigens,

der Typ, mit dem ich in jedem Gespräch alle drei Minuten für mindestens fünf Minuten zu einem Nebenthema abschweife: Ich glaube, wir sind jetzt exkursiv miteinander.

Loreen Bauer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 29.08.:

    Die FR erwähnt den "Björnout"-Startcartoon vom 28.08.

  • 27.08.: Bernd Eilert schreibt in der FAZ über den französischen Maler Marcel Bascoulard.
  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

  • 29.01.:

    Ein Nachruf auf Anna Poth von Christian Y. Schmidt im ND.

  • 13.04.:

    HR2 Kultur über eine TITANIC-Lesung mit Katinka Buddenkotte im Club Voltaire.

Titanic unterwegs
10.09.2024 Frankfurt am Main, Club Voltaire »TITANIC-Peak-Preview« mit Stargast Miriam Wurster
13.09.2024 Stade, Schwedenspeicher Ella Carina Werner
14.09.2024 Frankfurt, Museum für Komische Kunst Bernd Pfarr: »Knochenzart«
16.09.2024 Wiedensahl, Wilhelm-Busch-Geburtshaus Hilke Raddatz mit Tillmann Prüfer